„Ohne Champagner kann ich nicht leben. Bei Siegen verdiene ich ihn, und bei Niederlagen brauche ich ihn“, bemerkte kein Geringerer als Napoleon Bonaparte. Es ist überliefert, das Vertreter von Champagnerfirmen Napoleon und seine Truppen bei Kriegen begleiteten, um die Versorgung der Siegesfeiern zu sichern. Legenden besagen, dass dabei auch die Tradition des Sabrierens der Champagnerflaschen begründet wurde. Ganz nebenbei verbreitete sich der edle Tropfen fast lückenlos bis in den tiefen Osten des Kontinents.
Autor: Detlef Berg
Auch der russische Zar Alexander II. schätzte Champagner, doch für ihn war nur ein besonders exklusives Produkt gut genug. Deshalb gab er bei Louis Roederer eine transparente Flasche in Auftrag. Sie sollte das Beimischen von Gift verhindern. Und der Flaschenboden musste flach und ohne Eingriff sein, damit kein Platz für eine Handgranate war. Die ständige Angst im russischen Herrscherhaus war schließlich nicht unbegründet.
Gegen den Druck wurde der flache Flaschenboden verstärkt, und vor schädlichem Licht schützte man den Champagner mit einer Goldfolie. Der Roederer Cristal war damit die allererste Cuvee de Prestige und damit auch das Vorbild für alle kommenden Luxus-Champagner. Bereits 1876 wurden Etikett und Ausstattung markenrechtlich geschützt. 1880, also noch ein Jahr vor der Ermordung von Zar Alexander – übrigens durch eine Handgranate – starb Louis Roederer II. Seine Schwester und deren Kinder hielten das Champagner-Imperium auf Erfolgskurs. Roederer wurde offiziell zum Hoflieferanten der Zaren erhoben, und auch Kaiser Wilhelm I. und Bismarck prosteten sich mit dem edlen Getränk zu. Nach dem Ende des russischen Zarenreichs und mit der Weltwirtschaftskrise und Prohibition brachen schwere Zeiten für das Champagner-Haus an. Camille Olry-Roederer übernahm das Zepter, erwies sich als starke weibliche Unternehmerpersönlichkeit. Sie kurbelte nicht nur Produktion und Qualität wieder an, sondern wurde mit ihrem eleganten Look im Stil eines Filmstars Teil der High Society. Sie wusste, wie wichtig es ist, sich öffentlichkeitswirksam in den „richtigen Kreisen“ mit ihrem Produkt zu präsentieren.
1975 trat Jean-Claude Rouzaud ihre Nachfolge an. Heute steht sein Sohn Frédéric an der Spitze des Unternehmens, das sich seit seiner Gründung im Jahr 1776 in Reims im Besitz derselben Familie befindet und eines der größten noch unabhängigen Champagnerhäuser ist.
Auch heute beherrscht der Geist der Gründergeneration die Philosophie des Hauses. Im Mittelpunkt steht der absolute Anspruch an Qualität. Dazu gehört auch der umweltfreundliche Anbau der Weinreben. „Im 21. Jahrhundert müssen wir um die Natur kämpfen. Noch nie war es so wichtig, die Erde zu achten. Der Respekt für die Natur trägt dazu bei, die Resilenz der Weinstöcke zu steigern, größtmögliche Diversität zu schaffen und unseren eigenen Kurs festzulegen“, betont Kellermeister Jean-Baptiste Lécaillon. Nur so gelingt es Jahr für Jahr meisterhafte Champagner zu erzeugen.
Grundlage dafür sind die Kalkböden der Champagne in Verbindung mit den drei großen Rebsorten Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay. Sie zeigen eine perfekte Balance zwischen Frische, Säurespiel und kraftvoller Finesse. Klimawandel und nachhaltiger Weinbau erforderten allerdings neue Wege bei der Erzeugung von Champagnern allerbester Qualität. Mit Collection wurde ein würdiger Nachfolger für den Brut Premier kreiert. Diese Cuvée setzt sich aus Grundweinen des jeweilgen Jahrgangs sowie Reserveweine aus Eichenfässern und Rèserve-Perpétuelle-Weinen zusammen und begeistert mit Finesse und einem raffiniertem Zusammenspiel aus reifer Mirabelle, bittersüßer Limette und feinen Gebäcknoten, die von zarter Perlage über den Gaumen getragen werden.
An der Spitze des Sortiments thront die Ikone Cristal, die es bis zum Jahrgang 1914 nur am Zarenhof gab. Heute besteht er in der Regel aus 60 Prozent Pinot Noir und 40 Prozent Chardonnay und reift durchschnittlich sechs Jahre auf der Hefe.
„Cristal ist ein Wein der reinen Gaumenfreude – gleichermaßen zart und kräftig, subtil und präzise“, beschreibt Kellermeister Lécaillon den edelsten Champagner des Hauses. Die jüngste Ausgabe stammt aus dem Jahr 2015 und garantiert ein ganz besonderes Trinkvergnügen. Hell und glänzend schimmert er im Glas. Die Nase zeigt Noten von Apfel und Birne sowie weißen Blüten. Dieser besondere Champagner passt sehr gut zu herzhaften Speisen wie Kalbsmedaillons an Rahmsauce oder Pasteten, aber auch bei Fischgerichten und Meeresfrüchten ist er ein perfekter Begleiter. Und natürlich wird er als Apero zu besonderen Anlässen wie den bevorstehenden Feiertagen genossen. Zum Wohl!