Er bleibt eine ungebrochene Legende, deren Einfluss auf Musik und Kultur auch Jahrzehnte nach seinem Höhepunkt immer noch spürbar ist. Trotz des stetigen Hypes und der zahllosen Berichterstattungen über ihn fasziniert der King of Rock’n’Roll weiterhin mit seiner Musik, seinem Erbe und der Faszination, die um ihn besteht.
Was gibt es denn nach den Tausenden von bereits erschienenen Berichten, Reportagen, Dokumentationen und BioPics überhaupt noch über Elvis Presley zu schreiben? Lasst doch dem Mann endlich die ewige Ruhe, ist man geneigt zu sagen. Fakt ist, dass der Hype um den ersten wirklichen globalen Megastar auch knapp 60 Jahre nach seinem Tod einfach nicht abebben will. Im Gegenteil – die Feierlichkeiten rund um den 90. Geburtstag des «King of Rock’n’Roll» haben das Elvis-Fieber aufs Neue entfacht. Die Legende toppte Ende letzten Jahres mit «The Classic Christmas Album» sogar die Albumcharts in den USA. 2024 kehrte Elvis als Hologramm auf die Bühne zurück und füllte die Konzerthallen in London und Berlin. Die Marketingmaschinerie läuft nach wie vor auf Hochtouren. Doch damit allein ist die Elvis-Manie nicht zu erklären. Durch seine Musik hat uns das in einfachsten Verhältnissen aufgewachsene Jahrhunderttalent wohl mit einem Virus angesteckt, der sich von einer Generation auf die nächste überträgt. Und noch ist kein Ende in Sicht.
Wer ist der GOAT?
Denkt man sich den ganzen Rummel um die Person Elvis Presley weg, stellt sich unweigerlich die Frage nach dem historischen Stellenwert seiner Musik. Ist er «The Greatest of all Time» oder sollte die Krone eher einem Mitglied aus dem Club 27 überreicht werden, also einer der jung verstorbenen Musik-Legenden wie Jimi Hendrix, Janis Joplin oder Kurt Cobain, oder eher Bob Dylan, dem grössten Songschreiber aller Zeiten? Und da wären ja noch die Beatles, Beyoncé oder die momentan zumindest in kommerzieller Hinsicht alle in den Schatten stellende Taylor Swift. Eine müssige Frage, die sich mit Umsatz- und Verkaufszahlen nicht beantworten lässt. Fakt ist, dass Elvis Presley in künstlerischer wie auch kommerzieller Hinsicht das Fundament für die heute milliardenschwere Popmusik gelegt hat.
Der Ex-Beatle John Lennon hat es auf den Punkt gebracht: «Vor Elvis gab es nichts.» Welchen Heidenrespekt die Pilzköpfe aus Liverpool ihrem Idol entgegenbrachten, selbst nachdem sie die USA im Sturm erobert hatten, belegen Berichte von deren höchst geheim gehaltenen Begegnung mit dem King. Erstarrt vor Ehrfurcht sollen sie wie das Kaninchen vor der Schlange vor dem King gesessen und kein Wort herausgebracht haben, bis dieser zur Gitarre griff und die peinliche Stille schliesslich durchbrach. Elvis war ein Star der Superlative. Nicht nur wurden über eine Milliarde Tonträger von ihm verkauft, auch alle seiner über 1000 Konzerte waren ausverkauft. Das am 14. Januar 1973 erste via Satellit in über 40 Länder übertragene Konzert «Aloha from Hawaii» durfte ich wie eine Milliarde anderer Menschen verfolgen. Nicht zu vergessen sei die Schauspielkarriere von Elvis, der zeitweise der höchstbezahlte Schauspieler Hollywoods war.
Glücksfälle bestimmten seine Karriere
Dabei war das frühe Leben von Elvis alles andere als super, wuchs er doch in sehr bescheidenen Verhältnissen und weitab von Memphis oder Nashville im kleinen Tupelo, Mississippi, auf. Sein Zwillingsbruder starb bei seiner Geburt, sein Vater musste wegen Scheckbetrugs ins Gefängnis. Der Ruf der Familie war nicht der beste. Nichts schien für den späteren, kometenhaften Aufstieg des Jungen zu sprechen, wären da nicht zwei Glücksfälle gewesen: die Gitarre, welche ihm seine Mutter im lokalen Eisen- und Gemischtwarenladen kaufte, und Jahre später dann die Aufnahme von «That’s All Right» in den Sun Studios in Memphis. Ursprünglich als exklusives Geschenk für die geliebte Mutter angedacht, wurde die Single zum Renner und machte Elvis zum Shooting-Star. Ausserhalb von Memphis auf der ehemaligen Ranch von Elvis erzählte mir ein Zeitzeuge vom unheimlichen Erfolg dieser Aufnahme und vom Hype, den die Scheibe auslöste. Von da an ging es steil aufwärts. Trotz des Erfolgs blieb Elvis immer nahbar, herzlich und vor allem grosszügig, berichteten mir seine Cousine Donna Presley, die mit Elvis auf Graceland lebte, sowie Terry Blackwood, der Mitglied des «Las Vegas Ensemble» war, in persönlichen Gesprächen.
König des Vereinens
Anders als Bob Dylan, der mit Songs wie «Blowing in the Wind» gegen Krieg und für Frieden sang, blieb Elvis Presley mit seiner Musik weitgehend unpolitisch. In anderer Hinsicht ist die Botschaft von Elvis’ Musik heute in Zeiten von massiver Spaltung in der Gesellschaft jedoch aktueller denn je. Unter Afroamerikanern aufgewachsen, wurde Elvis von Kindheit an von deren Musik stark geprägt. Historisches schaffte er mit dem Kunststück, Gospel und Rhythm and Blues mit der von der weissen Bevölkerung dominierten Country-Musik zu vereinen. Welche unglaubliche Leistung das in dem von Rassentrennung dominierten Land war, lässt sich besonders durch einen Blick ins vergangene Jahr verstehen. Selbst im mittlerweile im Sinne der political correctness fast schon überkorrekten Amerika stiess sogar der afroamerikanische Superstar Beyoncé mit ihrem Country-Album auf Ablehnung unter der weissen Bevölkerung, die Country-Musik immer noch als ihr Kulturgut beansprucht. Es war Elvis, der mit seiner Musik zwischen den Rassen, Frauen und Männern, Jungen und Alten Brücken baute.
Umsatzmaschine Elvis
So ist Elvis heute noch Everybody’s Darling. Bei einem Memphis-Besuch fragt man sich, wovon die Stadt ohne den berühmten Sänger leben würde. Sein Anwesen Graceland zieht nach wie vor Jahr für Jahr Tausende Besucher aus aller Welt an und zählt nach dem Weissen Haus zu den am meisten besuchten Orten im Land. Bei Lansky Bros., dem legendären Couturier des King, kleiden sich Fans noch heute ein. Mit Stolz zeigte mir Lansky Junior, der selbst schon in den 60ern ist, ein Foto, auf dem Elvis väterlich seine Hand auf seine Schulter legt. Seitdem durften Tausende, vor allem weibliche Fans es Elvis nachmachen. Im Restaurant Marlowes, nur fünf Autominuten von Graceland entfernt, bekommt man mit dem «Banana Peanut Butter»-Sandwich das Leibgericht des Kings serviert. Überall hängen Bilder, die ihn mit Glenn Campbell und anderen Stars zeigt. Teil des Traditionsrestaurants ist ein hochfrequentierter Shop mit Elvis-Devotionalien. Aber auch in Deutschland hat sich der Elvis-Virus fest eingenistet. Jedes Jahr findet das European Elvis Festival in Bad Nauheim statt, wo der King während seiner Stationierung als GI wohnte.
I’m leaving
Wo viel Licht ist, ist bekanntlich auch viel Schatten. So litt Elvis trotz oder gerade wegen seiner immensen Popularität unter verheerender Einsamkeit, was in seinem eher unbekannten Meisterwerk «I’m leaving» zum Ausdruck kommt. Bei der Aufnahme dieses für Elvis persönlich sehr bedeutsamen Songs war seine Ehe bereits am Scheitern – er trennte sich innerhalb von 14 Monaten von Priscilla und sein Liebesleben war in der Folgezeit voller Affären. Und letztendlich blieb er, obwohl er der berühmteste Mann der Welt war, einsam in Graceland zurück. Und gerade dort entstanden ein Jahr vor seinem Tod wahre Perlen von Songs, die auf dem Album «Way down in the Jungle Room» zusammengefasst publiziert wurden. In späten Interviews liess Elvis durchblicken, dass er sich seines baldigen Lebensendes bewusst war. Seinen engsten Vertrauten gegenüber hat er die Befürchtung geäussert, er würde nach seinem Tod schnell in Vergessenheit geraten. Weit gefehlt, denn zum Zeitpunkt seines Todes im Jahr 1977 gab es etwa 170 Imitatoren, heute sind es weltweit schätzungsweise 250’000 bis 400’000 – vom Sänger bis zum Fallschirmspringer. Viva Elvis!
Über den Autor
Bernhard Bauhofer, international bekannter Reputation Manager, Autor und Speaker, ist auch ein Singer-Songwriter, der mit «bauhofer Music & Business» in einem innovativen Eventformat zwei Welten zusammenbringt. Neben eigenen Kompositionen zählen auch drei Elvis-Covers zu seinem Repertoire. Mehrfach hat er sich in Memphis, Tupelo, Nashville oder dem deutschen Bad Nauheim auf die Spuren des Idols begeben. In diesem Jahr steht für ihn eine Begegnung mit Priscilla Presley, der Witwe des «Kings», an.