Wie ein langer Finger spreizt sich die Baja California im Westen vom mexikanischen Festland ab. Wüsten, kahle Gebirge und Hunderte von Kakteenarten prägen die dünn besiedelte Halbinsel, die sich von Tijuana im Norden fast 1 300 Kilomater bis zum südlichen Zipfel rund um Los Cabos zieht. „Eine unwirtliche Halbinsel“, lässt auch James A. Michener in seinem 1 000 Seiten-Werk „Mexiko“ eine Romanfigur urteilen. Als die Spanier nach 1535 die Gegend erkundeten, „mussten sie feststellen, dass die Einheimischen dort völlig degeneriert waren“, heißt es weiter. „Obwohl das Meer von Fischen nur so wimmelt, hatten sie niemals gelernt, sie zu fangen.“
Autor & Bilder: Detlef Berg
Heute können die Bewohner der Baja California die Meerestiere nicht nur selbst fangen. Sie verdienen sogar viel Geld damit. Zum einen sind frischer Fisch und Meeresfrüchte in der Gastronomie bei den Touristen begehrt, und zum anderen sind Exkursionen zur Walbeobachtung ein einträgliches Geschäft.
Rund um Los Cabos im mittlerweile touristisch erschlossenen Süden werden zum Beispiel zahlreiche Schiffstouren angeboten, bei denen man den Giganten der Meere näherkommen kann. Die Grauwale ziehen jeden Winter 8 000 Kilometer von Alaskas Bering-See nach Süden und pausieren von Januar bis April in den warmen Gewässern. Sie schwimmen mit ihren Jungtieren dicht am Ufer auf und ab, und manchmal kann ich sie sogar vom Frühstückstisches meines Hotels aus beobachten
Ich will den Grauwalen aber ganz nah kommen. Eine kleine Propeller-Maschine bringt mich deshalb an die Lagune von San Ignacio. Für drei Tage ist ein komfortables Zelt meine Bleibe, und ich bin gespannt, was mich und die anderen Touristen, die aus aller Welt angereist sind, erwartet. Ausgerüstet mit Windbreakern und Gummistiefeln steigen wir in Pangas, kleine Boote, und das Abenteuer beginnt. Wir müssen nicht lange warten: „Whale, whale 5 o’clock“ ruft Pedro. Und tatsächlich – riesige, grauer Leiber schrauben sich abwechselnd aus dem Wasser, tauchen laut schnaufend auf und ab und kommen immer näher. Direkt vor unserem Boot hebt sich ein Wal aus dem Wasser. Wir schauen in seine Augen. Unter einer Seitenflosse taucht ein zweiter Wal auf. „Das ist ein Kalb“, erklärt Pedro. „Es ist ungefähr einen Monat alt, fünf Meter lang, zwei Tonnen schwer und damit in den Augen der Walkuh groß genug, uns Menschen kennenzulernen.“ Neugierig gleitet das Riesenbaby zum Bootsrand. Ich streiche über seinen Rücken. Meine Hoffnung, den Giganten der Meere ganz nahe zu kommen, ist in Erfüllung gegangen – und das gleich am ersten Tag!
Auch der Golf von Kalifornien, die Meeresbucht zwischen der Baja California und dem mexikanischen Festland, bietet einzigartige Naturerlebnisse. Jaques-Yves Costeau bezeichnete das Gewässer als „Aquarium der Welt“. Hier tummeln sich auch noch Buckel-, Finn- und Blauwale, aber auch Delfine und Meeresschildkröten. Wir sehen einige Exemplare während einer Bootstour von der Inselhauptstadt La Paz zum Balandra Beach, der gerade wieder zum schönsten Strand von Mexiko gewählt wurde.
Auch Los Cabos hat Traumstrände, doch nicht jede Bucht ist wegen starker Strömungen auch zum Schwimmen geeignet. Mein Favorit ist der 45 Minuten nördlicher gelegene Strand von Cerrito. Er bietet ideale Bedingungen für entspanntes Baden und Surfen. Ganz in der Nähe liegt das charmante Städtchen Todos Santos. Kolonialgebäude, Läden mit mexikanischem Kunsthandwerk und typisch regionales Essen machen den Ort zu Recht zur „Pueblo Magico“, einer magischen Stadt.