Eine Fahrt im vollelektrischen Rolls-Royce «Spectre» gleicht einer tragischen Liebesgeschichte: Der unerreichbare Traummann ist plötzlich zum Greifen nah.

Autorin_Swenja Willms
Bilder_Rolls-Royce Motor Cars

Wie ein echter Gentleman legt er Wert auf Manieren, öffnet mir die Türen, um sie hinter mir ganz von selbst wieder zu schliessen. Wie ein echter Gentleman ist er schweigsam, zuvorkommend und in seinen besten Anzug gekleidet. Er zeigt Präsenz, doch ohne zu protzen. Ein Traummann eben. Doch es ist die altbekannte Tragödie, eine Liebesgeschichte, die zum Scheitern verurteilt ist. Warum verlieben wir uns immer in unerreichbare Männer? Denn «Mr. Spectre», mit einem Preisschild von rund 420’000 Franken, bleibt für die meisten von uns wohl unerreichbar, eine wunderschöne Illusion.
Doch das Glück ist mir hold. Die richtigen Kontakte ermöglichen mir zwei Tage mit dem eleganten Briten. Wie ein Callboy für vergnügliche Stunden. Und wohin fliehen zwei Verliebte? Ich male mir lange Spazierfahrten bei Sonnenuntergang aus, entlang eines stillen Gewässers, fernab von Trubel und Getöse, nur wir zwei, nur wir und die Stille. Denn wie es schon der Automobilpionier The Hon Charles Stewart Rolls 1900 in einem Zeitschriftenartikel kühn vorhersagte: «Das Elektroauto ist vollkommen geräuschlos und sauber. Es gibt keinen Geruch oder Vibrationen.» Diese Worte, die er vier Jahre vor seinem historischen ersten Treffen mit Henry Royce schrieb, sollten sich als prophetisch erweisen. Doch erst mehr als ein Jahrhundert später wurde seine Vision schliesslich von dem von ihnen mitbegründeten Unternehmen verwirklicht. Als erster vollelektrischer Rolls-Royce aller Zeiten beweist der «Spectre», dass die batterieelektrische Technologie völlig erwachsen geworden ist und erfolgreich an der automobilen Spitze von Exzellenz, Luxus und Leistung eingesetzt werden kann. Und die Power des «Spectre» scheint unerschöpflich, meine Lust am Fahren unersättlich. Nach zwei Stunden Fahrt stoppe ich die Motoren, eine Verschnaufpause sei ihm gegönnt, auch wenn ich seine Reichweite von 530 Kilometern noch lange nicht überschritten habe. Nach einem Ladestopp, der die Batterien wieder heiss werden lässt, geht es weiter mit Runde zwei. Als wir durch die Strassen von Neuchâtel gleiten, geniesse ich die Blicke, die wir auf uns ziehen. Wie ein echter Engländer liebt auch «Mr. Spectre» das modische Extrem. Die extravagante Two-Tone-Lackierung bietet eine Vielzahl von Farbkombinationen, die jede Linie und jedes Detail des Fahrzeugs betont. Nicht zu vergessen: seine blank geputzte Visage, der polierte und sanft beleuchtete Pantheon-Kühlergrill. Ein Lächeln, dem Niemand widerstehen kann.

Als die Nacht hereinbricht, machen wir es uns auf der Rückbank bequem, denn hier lassen sich die Sterne wahrlich am besten zählen. Sein intimer Innenraum bietet den perfekten Ruckzugsort: ein beleuchtetes Armaturenbrett, butterweiche Ledersessel, die mich mit Massagen verwöhnen, und hochwertige Materialien, wohin man blickt. In seinen Armen versunken, suche ich nach Sternschnuppen, die mir meine sehnlichsten Wünsche erfüllen sollen. Vielleicht wird mein Traummann, «Mr. Spectre», wenn ich nur fest genug daran glaube, doch noch Wirklichkeit.

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