Zeit rund um den Globus – Zeitzonenuhren
- 2. Oktober 2012
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Der Traum, trotz beharrlich fortschreitender Zeit noch einmal jünger werden zu können, ist so alt wie die Menschheit selbst. Und wer richtig plant, kann ihn sogar Realität werden lassen. Wie’s geht, ist kein Geheimnis. Mit etwas Hintergrundwissen, einem Flugticket und der richtigen Armbanduhr gestaltet sich das Unternehmen zum Kinderspiel. Das ewige Spiel der Jahreszeiten, der beständige Wechsel von Tag und Nacht, kurz: Der Lauf der Zeit resultiert aus der kontinuierlichen Rotation unserer Mutter Erde. Solange die Menschen mit der Morgenröte aufzustehen pflegten und sich mit Einbruch der Dunkelheit zur Ruhe betteten, tangierte sie diese Naturgegebenheit nur wenig. Selbst die Einführung von Turmuhren, welche die jedem Ort eigene Lokalzeit verkündeten, änderte daran nur wenig. Als der Philosoph David Friedrich Strauss gegen 1850 vom «zauberhaften Fliegen» in der Eisenbahn schwärmte, hatte sich die Situation gründlich verändert. Die vielen Ortszeiten, welche sich am jeweiligen Stand der Sonne orientierten, führten zu echten Problemen. Steigende Geschwindigkeiten, dichtere Schienennetze und veröffentlichte Fahrpläne verlangten dringend nach chronometrischer Koordination. Speziell in den USA und in Kanada setzte damals jede Eisenbahngesellschaft auf ihre eigenen Zeiten, was die Schwierigkeiten noch verstärkte.
1870 hatte sich das Durcheinander zu einem echten Chaos ausgewachsen. Im gesamten Nordamerika des mittleren 19. Jahrhunderts existierten nicht weniger als 144 offiziell anerkannte Zeiten.
Angesichts der schier unerträglichen Situation mit regelmässigen Zugunglücken propagierte Sandford Fleming, leidgeplagter Chefingenieur der Canadian Pacific Railway, die Einführung klar definierter und allgemein gültiger Zeitzonen. In jeder sollte jeweils die gleiche, eine mittlere Zonenzeit gelten. Ausgehend vom Nullmeridian sei nach jeweils 15 Längengraden eine Zeitgrenze zu markieren. Und von Zone zu Zone habe sich die Zeit um jeweils eine volle Stunde zu verschieben. In der Summe ergäben sich also 24 Zeitzonen mit 24 unterschiedlichen Zonenzeiten.
Lösung eines evidenten Problems
Die Idee fiel auf fruchtbaren Boden, denn für Oktober 1884 lud der amerikanische Präsident Chester A. Arthur höchstpersönlich Repräsentanten der damals 24 souveränen Staaten dieser Erde zur «Prime Meridian Conference» nach Washington D.C. Ziel der dreiwöchigen Tagung war die Verabschiedung eines Protokolls für eine Welt-Standardzeit. Zu den Streitpunkten gehörte die Positionierung des Nullmeridians. Nach ausgiebigen Diskussionen fiel die Wahl aus guten Gründen auf Greenwich bei London. Der auf dem Erdball exakt gegenüberliegende 180. Längengrad markiert seitdem die Datumsgrenze. Und damit löst sich das Rätsel, wie Frau oder Mann ganz einfach jünger werden können: Zum Beispiel durch einen Flug von Tokio nach Hawaii. Dort angekommen, müssen Globetrotter ihre Uhr um einen ganzen Tag zurückstellen. Für sie gibt es dasselbe Datum also zweimal. Andererseits verlieren Weltreisende gnadenlos einen ganzen Tag, wenn sie von Amerika nach Asien jetten.
Ungeachtet der sinnvollen Lösung eines weltbewegenden Problems ändert sich nichts am Faktum, dass die Zeit nicht aufteilbar ist. Das kostbarste Gut der Menschheit definiert sich aus der Position. Zeit ist Raum; die Zeit verändert sich, während der Standort bleibt. Nachdem sich die Erde mit schöner Regelmässigkeit dreht, kommen alle Erdenbürger unabhängig von ihrem Aufenthaltsort in den Genuss eines 24 Stunden währenden Tags. Für jeden Erdenbürger ist irgendwann Mittag oder Mitternacht. Wo immer man den Tag beginnen lässt: Und er endet exakt vierundzwanzig Stunden später an der gleichen Stelle.
Diese Resultate der Konferenz fanden 1883 ihre Umsetzung in den USA und Kanada. Bis alle Staaten ihren nationalen Stolz aufgegeben, Greenwich als geographischen Ausgangspunkt und das neue System als Ganzes akzeptiert hatten, mussten die Erde und die Zeiger der Uhren allerdings noch viele Runden drehen.
Ab 1. April 1893 zeigten die Uhren in Deutschland und Österreich die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) mit einer Differenz von +1 Stunde gegenüber der als Welt- oder Universalzeit definierten mittleren Sonnenzeit des Greenwicher Nullmeridians (Greenwich Mean Time – GMT).13 Monate später verfügte der kantonale Berner Regierungsrat, dass «zur Vermeidung einer verwirrenden Zweispaltigkeit der Zeitbestimmung … diese mitteleuropäische Zeit auch für das bürgerliche und amtliche Leben eingeführt wird, und es sollten sämtliche öffentlichen Uhren (Kirchenuhren und andere) auf den 1. Juni nächsthin um 30 Minuten vorgerückt werden». Die halbe Stunde resultierte aus der geographischen Lage der schweizerischen Hauptstadt: 7,5° östlicher Länge. Logischerweise schlossen sich die übrigen Kantone dem Vorbild an.
Ein Blick in die derzeit gültige Weltzeitkarte macht aber auch deutlich, dass die Zeitzonengrenzen nicht exakt mit den jeweiligen Längengraden übereinstimmen (können), denn das wäre schlichtweg widersinnig. Daher orientieren sich die Zeitzonengrenzen dort, wo dies sinnvoll und notwendig ist, primär auch an Ländergrenzen. Ausserdem gibt es weltweit auch eine ganze Reihe von Halb- und Viertelstunden-Zeitzonen. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.
Universalzeit- Armbanduhren
Wer viel in der Welt unterwegs ist oder über weite Strecken telefoniert, kennt den Nutzen intelligenter Armbanduhren mit praktischem Zeitzonen-Dispositiv.
Zu den Pionieren so genannter Weltzeituhren gehört Patek Philippe. Zusammen mit dem Genfer Uhrmacher entwickelte die Familienmanufaktur bereits 1937 die rechteckige Referenz 515. Ihr 24-Stunden-Ring und die Städteangaben auf dem Zifferblatt waren jedoch noch fest für Greenwich Mean Time synchronisiert. Dieses Manko erledigte sich noch im gleichen Jahr. Bei der Referenz 542 mit gravierter Drehlünette handelte es sich um die weltweit erste Armbanduhr vom Typ «Heure universelle». Bei Fernreisen positioniert man die Aufenthalts-Zeitzone, repräsentiert durch eine Metropole, bei der «12». Dann lassen sich die Stunden aller 24 Zeitzonen simultan vom Zifferblatt ablesen. Zeiger sind für die Stunden und Minuten der jeweiligen Ortszeit zuständig.
An diese Tradition knüpft die gelbgoldene Referenz 5131 mit dem nur 3,88 mm hohen Automatikkaliber 240 HU. Das kostbare Zifferblatt-Zentrum aus Cloisonné-Email (Zellenschmelz) bildet Europa, Afrika und Amerika ab.
Der Name der «Transocean Unitime» von Breitling steht für Ferne und jene universale Zeit, welche der Retrolook-Zeitschreiber mit Wurzeln in den 1950er und 1960er Jahren abbildet. Das «Heure universelle»-Zifferblatt bildet die Zeit in 24 internationalen Zonen ab. Wie üblich vertreten durch bekannte Städte. Bei Trips beispielsweise über den Atlantik genügt simples Umstellen mit Hilfe der Krone. Die Stadt der geplanten Aufenthaltszone wandert zur «12». Zudem verändern sich auch die zentralen Zeitzeiger, das Datum und der 24-Stunden-Ring. Die Sommerzeiten finden übrigens auch Berücksichtigung. Den universellen, bis 100 Meter wasserdichten Chronographen mit chronometerzertifiziertem Automatikkaliber B05 aus eigener Manufaktur gibt es in Stahl oder Rotgold.
An anspruchsvolle Uhr-Aficionados wendet sich Cartier mit der «Calibre Weltzeit». Die 45 mm grosse Weissgold-Armbanduhr mit dem Automatikkaliber 9909 MC besticht durch ihre ausgesprochen einfach handhabbare Weltzeitindikation. Globetrotter erfahren die jeweilige Orts- und die Heimatzeit. Ein «Jetlag»-Indikator gibt Auskunft über die jeweilige Zeitverschiebung. Im Gegensatz zu Herkömmlichem wurde die Städtescheibe ins Werk integriert. Zum Einstellen per Kippdrücker ist sie durch eine Lupe in der linken Gehäuseflanke sichtbar. Besonders hilfreich: die Berücksichtigung der Sommerzeit.
Frédérique Constant, eine relative junge Genfer Marke, nimmt sich des Universalzeit-Themas mit dem neuen «Classic Manufacture Worldtimer» an. Die Edelstahl-Armbanduhr mit Zentralsekunde misst 42 Millimeter. Für die Indikation der Zeit zeichnet die Manufaktur-Automatik FC-718 verantwortlich. Durch einen Sichtboden lässt sie sich bei der tickenden Arbeit beobachten. Bei der «6» dreht ein kleiner Datumszeiger seine Runden. Dem nassen Element widersteht dieses neue Modell bis zu fünf Atmosphären Druck.
Während der Baselworld 2012 zeigte Glashütte Original eine der kompliziertesten mechanischen Armbanduhren deutscher Provenienz. Das Handaufzugskaliber 89-01 des «Grande Cosmopolite Tourbillon» besteht aus mehr als 500 Komponenten. Der Drehgang-Mikrokosmos bietet die Möglichkeit, zwischen 37 verschiedenen Zonenzeiten zu wählen. An solche mit Halb- und Viertelstunden-Differenzen hat das Mitglied der Swatch Group ebenso gedacht wie an die Sommer- und Winterzeit. Ein ewiges Kalendarium erspart Korrekturen bis zum Jahr 2100. Vom opulenten Platin-Œuvre fertigt die Manufaktur lediglich 25 Exemplare.
Hublot entwickelt sein eigenes «Unico»-Uhrwerk konsequent weiter. Im Fall der neuen «GMT» durch die Addition einer exklusiven Zeitzonen-Funktion. Die Anzeige der Stunden in 14 Zonen geschieht mittels intelligenten Zusammenspiels von vier Aluminiumdrehscheiben. Das Ein- und Verstellen lässt sich per Drücker bei der «2» bewerkstelligen. 72 Stunden lang kommt die Manufaktur-Automatik HUB 1220 ohne Energienachschub aus. Besonders markant präsentiert sich die 48-Millimeter-Version dieses vielseitigen Boliden mit Lünette und Boden aus schwarzer Keramik.
Weit über das bislang Gekannte geht das 2011 lancierte Weltzeit-Œuvre von Vacheron Constantin hinaus. Sein Zifferblatt mit drei konzentrischen Städteringen trägt allen Zeitzonen-Besonderheiten Rechnung. Insgesamt stellt es 37 Zonenzeiten dar, also beispielsweise auch jene von Caracas. Bekanntlich hat Hugo Chavez 2007 den Abstand zur Weltzeit UTC um eine halbe Stunde verkürzt. Mit dieser Rotgold-Armbanduhr, in der das patentierte Automatikkaliber 2460 WT tickt, weiss man auch in Australien, Indien oder dem Iran, welche Stunde gerade schlägt. Zum Einstellen reicht allein die Krone.
Von Zenith stammt ein neuer Alleskönner. Und zwar mit 45 mm grossem Stahlgehäuse. Die «Pilot Doublematic» mit dem «El Primero»-Automatikkaliber 4046, Gangautonomie 50 Stunden, besitzt eine universelle Zeitanzeige, also Weltzeit-Indikation. Damit Jetlag-geplagte Kosmopoliten bei ihren Trips rund um den Globus ja nicht verschlafen, ist auch ein Wecker mit an Bord. Und der Chronograph gestattet das Stoppen unterschiedlicher Zeitintervalle. Ausserdem gibt es ein Grossdatum sowie Indikationen für die Gangreserve und den Schaltzustand der Alarmfunktion.
Zwei Zonenzeiten tun es auch
Erstmals in der Uhrengeschichte bietet Breguet beim Modell «Hora Mundi 5717» eine Art «Zonenzeit-Pingpong». Per Knopfdruck können Kosmopoliten zwischen den Stunden zweier vorgewählter Zeitzonen hin und her schalten. Der Minutenzeiger bleibt davon unberührt. Die mechanische Sprunghaftigkeit bezieht sich auch auf den heimatzeitbezogenen Tag/Nacht-Indikator sowie das mit der Ortszeit gekoppelte Datum. Letzteres bildet eine Scheibe in einem segmentförmigen Fenster bei der «12» ab. Die aktuelle der drei dort sichtbaren Zahlen umfängt ein kleiner Ring, der mit dem Datum durch den Ausschnitt wandert. Rechts im Zifferblattausschnitt angekommen, springt er zurück zum folgenden Tag. Das Automatikwerk mit Silizium-Komponenten heisst 777.
Zwei Stundenzeiger, einer für die Orts- und ein anderer für die Heimatzeit zeichnen das neue Automatikwerk HMC 346.121 von H. Moser & Cie. aus. Die Optimierung des 1959 für Louis Cottier patentierten Systems offenbart sich bei der «Meridian» in einer unübersehbaren Indikation für die Vor- und Nachmittagsstunden der entfernten Referenzzeit. Nicht das Datum zeigt sich im grossen Zifferblattausschnitt, sondern entweder die Zahl «12» oder «24». Zur Anzeige reichen die Ziffern 124, gedruckt auf einen kleinen Schieber. Das Umschalten der Indikation geschieht infolge eines Vorspann-Mechanismus innerhalb einer Sekunde. Mit Hilfe der Krone lässt sich der rote Stundenzeiger in beiden Richtungen verstellen.
Die legendäre, vom Firmengründer Hans Wilsdorf entwickelte «GMT-Master» kann als echte Uhrenlegende gelten. Brandneu ist der deutlich komplexere Komparativ aus dem Hause Rolex. Wie die GMT-Master besitzt auch die durchdachte «Sky-Dweller» mit klassischem «Oyster-Gehäuse» einen unabhängig verstellbaren Stundenzeiger sowie eine 24-Stunden-Indikation. Hinzu gesellt sich ein ausgeklügelter Jahreskalender, der nur jeweils Ende Februar einer kleinen Korrektur bedarf. Für die Monatsanzeige haben sich die Techniker etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Hinter jeder Stundenziffer befindet sich ein kleines Fenster. Der aktuelle Monat erscheint in Schwarz. Die bis 100 Meter wasserdichte Schale gibt es derzeit nur in Massivgold.