
Was Modedesigner bewegt
- 1. Januar 2017
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Massimo Osti (1944–2005) hat die heute noch führenden Marken Stone Island und C.?P.?Company geschaffen. Der Rückblick mit seiner Frau Daniela und Sohn Lorenzo auf Ostis Schaffen offenbart zudem viele motorische Bezüge. Lorenzo sagt: «Autos waren ein fester Bestandteil seines Lebens, und das auf persönliche, berufliche und inspirierende Weise. Massimo liebte alte Autos mit ihren rundlichen Formen, befürwortete aber auch neue Konzepte für eine bessere Zukunft der Umwelt.»
Die jungen Jahre
Massimo Osti wuchs mit Autos auf. Sein Vater besass ein Transportunternehmen und «ein sehr grosses Auto», wahrscheinlich ein amerikanisches Modell. Es gibt ein paar alte Fotos, aber die Marke ist unklar. Massimo jedenfalls machte den Fahrausweis, so früh es eben ging. Sein erster Wagen war ein Fiat 500, und 1971, als er seine Frau kennenlernte, fuhr er ein VW Käfer Cabriolet. «Vorher hatte er unter anderem einen Citroën DS Pallas», erinnert sie sich – und damit auch an jene Streiche, die Massimo und seine Freunde damals pflegten: «Sie suchten sich einen aus und hüllten dessen Auto nachts in Klebepapier ein, sodass er am nächsten Morgen unmöglich damit fahren konnte. Das fanden sie alle sehr lustig – bis auf denjenigen, den es getroffen hatte?…»
Runde Kurven
Lorenzo Osti ergänzt: «Mein Vater besass sogar zwei DS und auch einen Traction Avant. Beide Baureihen sind sehr futuristisch gewesen, als sie auf den Markt kamen. Das hat Massimo sehr gefallen – ganz abgesehen von den eleganten Linien dieser Autos.» Der Traction Avant war der erste in Grossserie gebaute Fronttriebler und entstand in den frühen 1930er-Jahren unter Federführung des Konstrukteurs André Lefèbvre und des Designers Flaminio Bertoni. Viele Elemente waren sehr innovativ und ihrer Zeit voraus; heute gehören sie zum technischen Standard. «Massimo fuhr später auch einen gelben offenen Porsche 356», erinnert sich der Sohn: «Er war richtig verliebt in dieses Modell und seine Kurven – so klar und so elegant. Fast 20?Jahre vergingen, bevor er es schliesslich verkaufte. Ich weiss es noch gut, weil ich ihn wieder und wieder gebeten hatte, damit ausfahren zu dürfen. Doch er hat es mir nie erlaubt, nicht ein einziges Mal.» Daniela Facchinato fügt hinzu: «Er mochte auch Jaguar und besass zwei Daimler 5.6. Der silbergraue wies ein sehr luxuriöses Interieur mit schwarzem Leder auf; wir haben den Wagen 2015 verkauft. Die Autos seiner eigenen Epoche mochte Massimo dagegen nicht, sie waren ihm einfach zu eckig. Das erklärt auch, warum er ständig mit rundlichen Klassikern herumfuhr.»
Ein Overall für Volvo
Beruflich hatte Massimo Osti erstmals 1984 mit Autos zu tun: Damals wurde er vom schwedischen Hersteller Volvo angefragt, funktionelle Kleidung für alle Fabrikarbeiter und Büroangestellten zu gestalten. Osti war begeistert und zeichnete entsprechende Blaumänner, Jacken und Westen. In einigen der zahlreichen Entwürfe zu diesem Projekt zeigt sich Ostis typischer Ansatz: eine Mischung funktionaler Materialien und Farben, die zu den jeweiligen Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen passen sollten, dazu durchdachte Schnitte, um bestmögliche Bewegungsfreiheit zu gewährleisten, sowie praktisch angeordnete Taschen. Im Osti-Archiv in Bologna (www.massimoosti.com) existiert noch ein indigoblauer Prototyp der Arbeitsjacke mit Rundkragen. Dazu gibt es frühe Computer-Varianten, eine davon weist ein schwarzes Tarnmuster auf, um eventuelle Fett- oder Ölflecken zu kaschieren. Der zweite Vorteil wäre gewesen, dass die Arbeiter nie offensichtlich verschmutzte Kleidung getragen hätten. Die «umgedrehte Camouflage» zeigt Ostis Talent, bestehende Konzepte neu zu interpretieren.
Im Buch «Ideas from Massimo Osti» – eine 2012 erschienene, über 450?Seiten lange Hommage an den italienischen Mode-Avantgardisten, die Ende 2016 neu aufgelegt wird – finden sich einige Skizzen zur Volvo-Berufs-Garderobe. Obwohl Osti ursprünglich Werbegrafiker gewesen ist – was man auch an den von ihm gestalteten Logos und Labels seiner Kleidermarken sehen kann –, nahm er für den Volvo-Auftrag die Hilfe eines Freundes, des jungen Bologneser Cartoonisten Andrea Pazienza, in Anspruch. Dieser sollte «Abteilungs-Aufnäher» zeichnen, um in der Fabrik eine sofortige Identifizierung der Mitarbeiter zu ermöglichen. Der so entstehende Kontrast zwischen industrieller Arbeitskleidung und den lebhaften, farbenfrohen, fast comicartigen Stoffstickern ist ein weiterer genialer Hinweis auf Ostis unorthodoxe Vorgehensweise. Trotz dieser grossartigen Ideen und dem betriebenen Aufwand ging die Volvo-Kluft nie in Produktion; die Gründe kennt Lorenzo nicht. «Schade; die Begeisterung meines Vaters für funktionelle Kleidung hätte hier ohne Einschränkungen zum Ausdruck kommen können, und es wäre eine grossartige Möglichkeit gewesen, seine Ideen in der Berufswelt umzusetzen.»
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