
Von der Kunst des Brennens
von Martina Gaugler
- 2. August 2017
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In der Scapa Distillery, die zu den nördlichsten Schottlands gehört, wird eine alte Tradition gepflegt, die sich seit über 130 Jahren kaum verändert hat: die Handwerkskunst des Whisky-Brennens. Als erste Gäste des neuen Besucherzentrums erhielten wir eine Führung durch die Geschichte und das Geburtshaus dieses köstlichen Tropfens.
Bereits vom Propellerflugzeug aus sind die weitläufigen, saftig-grünen Wiesen der Orkney-Inseln zu sehen, auf denen unzählige Schafe weiden. Der kleine Flughafen ist eingerahmt von Kuhweiden, von denen aus eine hügelige Landschaft zum 7000-Seelen-Städtchen Kirkwall führt, das zugleich Hauptort Mainlands, der grössten Orkney-Insel, ist. Etwas abseits des Städtchens, auf einem Hügel an der Bucht Scapa Flow, thront eine der nördlichsten Destillerien Schottlands. Vor ihr die Weiten der Nordsee, deren tiefes Blau in wunderbarem Kontrast zum Grün der Wiesen steht.
Nach alter Tradition
Die Scapa Distillery wurde 1885 eröffnet, seit den 1960er Jahren wird hier jedoch nicht mehr gemälzt. Stattdessen bezieht Scapa das aus Getreide gewonnene Malz direkt von Ballentine’s Central Maltings in Kirkcaldy. «Die restlichen Schritte erledigen unsere Jungs vor Ort in Handarbeit», erzählt Caroline Mitchell, während sie uns durch die Destillerie führt. Damit meint sie fünf Handwerker und einen Brennmeister, die den Whisky mit traditionellen, über Generationen hinweg perfektionierten Methoden herstellen und in nacheinander folgenden Schichten arbeiten. Somit ist Scapa eine der letzten Brennereien, die 24 Stunden pro Tag persönlich besetzt ist. «Wir verwenden bei der Herstellung nur britische Zutaten», erzählt Caroline weiter, «Gerste, Hefe sowie Wasser aus der Quelle einer benachbarten Farm.» Anders als bei vielen Whiskysorten verzichtet der Brennmeister etwa beim Scapa Skiren bewusst auf das Befeuern mit Torf, da dieser dem Whisky eine rauchige Note verleihen würde. Skiren ist alles andere als rauchig und wird wegen seiner geschmeidigen, cremigen Süsse mit einer Spur tropischer Frucht, Zitrone und Heidekraut auch der «Honigsüsse, Tropische» genannt.
Die Engel trinken mit
Zum charakteristischen Goût tragen zu 60 bis 80 Prozent die Fässer bei, in denen der Whisky gelagert wird. Scapa verwendet First-Fill-Ex-Bourbon-Fässer aus amerikanischer Weisseiche für die Lagerung. Mindestens drei Jahre muss das Destillat darin reifen, bis es als Whisky gilt. Während der Reifung verdunstet ein Teil des Inhalts durch die Poren der Fässer, was in der Whiskysprache «Angels Share», «Engelsanteil», genannt wird. Bei Scapa beläuft sich dieser nur auf etwa ein Prozent jährlich, da auf Kirkwall geringe Jahrestemperaturunterschiede herrschen. Nach der Reifung wird der edle Tropfen auf Trinkstärke, etwa 40 Volumenprozent, verdünnt und abgefüllt. Er ist nun verkostungsbereit. Am besten geniesst man den «Honigsüssen, Tropischen» vor Ort, umgeben von intensiv grünem Gras, strahlend blauem Meer, der schottischen Gastfreundschaft und dem kühlen Nordwind im Gesicht. Kirkwall ist durchaus auch für Nicht-Whiskytrinker eine Reise wert.
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