
Voll im Trend – Luxus-Nassrasur
- 13. August 2013
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Der Beruf des Barbiers ist ausgestorben und doch gibt es noch einige wenige Coiffeure, die ein Handwerk dieses Berufsstandes beherrschen: die Nassrasur. Immer mehr Männer lassen ihren Trockenrasierer im Schrank stehen und geniessen das Ergebnis der alten Zunft. Die Nassrasur feiert ein Comeback und ist dazu eines der männlichsten Schönheitsrituale überhaupt. Morgens muss es schnell gehen, vor allem im Badezimmer. Duschen, Zähne putzen und schnelle Rasur heisst das bei vielen Männern. Einweichen, einseifen, rasieren und tonisieren kosten Zeit, und Zeit ist Luxus. Doch gibt es gerade eine Renaissance einer eigentlich zeitaufwendigen Prozedur in der männlichen Körperpflege: Nassrasur ist voll im Trend. Hiess es noch vor ein paar Jahren schwarz oder weiss bzw. nass oder trocken, steigen heute immer mehr Männer auf nass um. Zeit gegen Ergebnis, sozusagen. Denn nach einer Nassrasur ist die Haut um ein Vielfaches zarter als nach der Trockenrasur mit dem Elektrorasierer. Das ist mit Sicherheit ein Faktor, ein anderer ebenfalls wesentlicher: Das Ergebnis hält länger an. Griffen Männer mit starkem Bartwuchs oft am Abend nochmals zum Elektrorasierer, reicht bei der Nassrasur ein einmaliges Ritual am Morgen vollkommen aus.
Die Qual der Wahl
Nassrasierer gibt es heute in allen erdenklichen Farben und Formen. Eine Klinge, zwei, drei oder fünf, Rasierschaum aus der Tube, der Dose oder dem Tiegel. Nur eine Frage der persönlichen Vorliebe. Einzig beim Rasierpinsel, da scheiden sich die Geister und auch die Preise. Reines Dachshaar, Dachshaar mit Schweineborsten oder reine Schweineborsten gehören zu den Favoriten. Je nach Qualität der Haare kann so ein kleiner Rasierpinsel auch schon einmal ein kleines Vermögen kosten. Fragt man einen Coiffeur, der das Handwerk der Nassrasur noch von der Pike auf gelernt hat, kommt man schnell down to earth: «Ich rasiere meine Kunden mit einem normalen Nassrasierer mit einer einzelnen Klinge, die ich allerdings nach jeder Rasur immer wechsle. Das ist vom Coiffeurverband so vorgeschrieben. Als Rasierschaum verwende ich Seifenpuder und einseifen tue ich mit einem schlichten Naturhaarpinsel», sagt Heinz Hofer, Inhaber des Coiffeursalons Haar-Schopf mitten in Zürich. Am Neumarkt 14 bietet er noch seine vom Aussterben bedrohte Handwerkskunst an. Verlangt wird sein Dienst meist spontan: «Meine Rasurkunden kommen spontan in meinen Salon. Ihnen ist gerade der Rasierer ins Waschbecken gefallen und sie haben gleich ein wichtiges Meeting. Stammkunden in diesem Bereich gibt es nicht mehr», erklärt Hofer. Tatsächlich steht die Nassrasur bis heute auf dem Lehrplan der Coiffeur-Auszubildenden, allerdings mangelt es am lebenden Versuchsobjekt. Geübt wird an sogenannten Rasierköpfen aus Kunststoff. Manko dabei ist die Zeit, denn lebende Modelle stellen sich laut Hofer einfach nicht mehr zur Verfügung. «Dabei ist so eine Nassrasur wie ein Wellnessritual. Das Radio wird in meinem Salon abgeschaltet. Die Haut wird mit warmen nassen Tüchern eingeweicht. Es folgt das Einschäumen mit der Rasierseife und die Rasur. Anschliessend wird erst tonisiert und dann mit einer Aftershave-Erfrischung abgeschlossen. Das dauert alles in allem eine halbe Stunde circa. Diese Zeit hat doch heute niemand mehr», erläutert Hofer. Wenig begeistert ist er als Profi von den im Supermarkt erhältlichen Rasierschäumen: «Die trocknen die Haut aus und reizen sie. Sie sind einfach nicht fein genug.»
Mehr als Schaumschläger
Tatsächlich ist die Beschaffenheit eines Rasierschaums elementar wichtig. Er muss Feuchtigkeit halten, sodass die Barthaare aufgeweicht werden. Er sollte mit Ölen angereichert sein, um die Haut gleichzeitig zu pflegen. Das beste Schaumergebnis erhält man noch immer, wenn der Schaum von Hand aufgeschlagen wird. Dafür eignen sich Rasierseife, Rasierpulver oder auch Rasiercreme, die in einem Schälchen mit etwas Wasser mit dem Rasierpinsel aufgeschlagen werden. Aufgetragen werden sollte der Schaum gegen den Strich, das heisst gegen den natürlichen Haarwuchs. Hierbei wird die Haut gleichzeitig fein gepeelt. Nach einer dreiminütigen Einwirkzeit wird zuerst gegen den Haarwuchs rasiert und danach mit dem Haarwuchs. Der Profi würde nun mit einem Rasier-Tonic die Haut erfrischen, um sie anschliessend mit einem Aftershave zu pflegen.
Hofer ist sich sicher, dass seine Handwerkskunst bald gar nicht mehr gefragt sein wird, was traurig ist, denn für diverse andere Schönheitsbehandlungen reicht die Zeit ja auch irgendwie aus. «Eigentlich sollte ich über mein Wissen einen Film drehen, sodass es der Nachwelt erhalten bleibt. Bald wird niemand mehr wissen, wie mein Handwerk richtig funktioniert», sagt der 63-Jährige.
Vielleicht liegt es aber auch an einem falschen Bild. Wer kennt die Filmszenen nicht, wo mit dem Barbiermesser Kehlen durchtrennt werden? Mit dem alten langen Rasiermesser wird schon lange nicht mehr gearbeitet. «Das ginge heute gar nicht mehr. Es ist Vorschrift, nach jeder Rasur eine nagelneue Klinge zu verwenden», lacht Hofer. Seine potentielle Kundschaft wäre eigentlich gross, denn laut Studien haben sich weltweit circa 240 Millionen Männer gegen einen Bart entschieden und rasieren sich täglich. Über 60 Prozent davon schwören dabei auf die Nassrasur, ganz à la Arthur Schopenhauer (deutscher Philosoph): «Alles Behaartsein ist tierisch. Die Rasur ist das Abzeichen höherer Zivilisation.»