Trümmerfrau am Steuer
- 1. Mai 2015
- 0 comments
- typo2wp
- Posted in Finance
Mary Barra
Die Autos von General Motors (GM) waren ein Traum aus Stahl und Blech. Wer kennt nicht Bilder von Show- und Filmgrössen, die sich an einen Cadillac lehnen? Der Traum ist seit Jahren vorbei. Noch vor wenigen Monaten war GM ein kaputter Riesenkonzern, der 2008 Insolvenz anmelden musste und vom Staat gerettet wurde. Jetzt schafft die neue Chefin Mary Barra die Wende, was kein Mann vor ihr schaffte. Wie geht das?
Auf Automessen wie die in Detroit im Januar sind Frauen meist nur dekorative Hostessen. Das war dieses Jahr etwas anders. GM-Chefin Mary Barra rockte die Autoshow. Kein Manager war von der Medienmeute so umlagert wie sie. Die Atmosphäre war aufgeladen. Euphorisch brüllte ein Fotograf: «She’s a fucking rock star.» Kann man sich das bei den männlichen Bossen der Branche wie Dieter Zetsche oder Martin Winterkorn vorstellen? Nein, nicht wirklich.
Als Mary Barra im Januar 2014 im 39. Stock des GM-Hauptquartiers in Detroit einzog, hatte sie nicht nur einen maroden Konzern vor sich liegen, sondern gleich einen handfesten Skandal an der Backe. Es ging um ein fehlerhaftes Zündschloss, das ein ganzes System lahmlegen konnte. Fatale Folge: Einige Airbags gingen bei Unfällen nicht auf. Barra stellte mit ihrem Team den ganzen Konzern vom Kopf auf die Füsse. Viele GM-Mitarbeiter wussten von Fehlern, aber sie hielten den Mund. Das «GM-Nicken» war früher berüchtigt. Jeder sagte Ja, man wollte ja keine Fehler zugeben und hatte Angst. Die Chefin inszeniert seit einem Jahr Programme, die alle Mitarbeiter auffordern, sich zu melden, wenn etwas nicht stimmt. Sie können auch anonym zu Whistleblowern werden. Es gibt eine Hotline. Zudem verlangt sie auch von ihren Managern Offenheit. Mit Antworten wie «Wir werden das Kind schon schaukeln» kommt man bei Barra nicht durch und muss zum Rapport antanzen. Früher gab es Memos und Strategiesitzungen, heute wird an runden Tischen direkt diskutiert. Barra kommuniziert auch mit Hierarchieebenen, die drei Stockwerke tiefer liegen. Das war früher unvorstellbar.
Barra schneidet alte Zöpfe ab und entrümpelt das Dickschiff GM. Schon als Barra 2009 Personalchefin wurde, wurde ihr unter anderem der zehnseitige Dresscode vorgelegt, auf dem GM bis ins Detail festlegte, wer wann wie angezogen sein sollte. Barra ersetzte das Dokument durch eine ganze zwei Worte umfassende Anweisung: «angemessene Kleidung».
Natürlich gibt es die alte Kultur noch. Ein Riese lässt sich nicht innerhalb eines Jahres umerziehen. Das macht Mary Barra aber nur noch entschlossener.