
Tragbare Kunst
- 10. Januar 2019
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Eigentlich ist sie studierte Ingenieurin. Doch zum Glück hat Anissa Kermiche ihre wahre Berufung dann doch noch gefunden. Ihre von der bildenden Kunst inspirierten Schmuckkreationen sind nicht nur einzigartig, sondern auch wunderbar poetisch und rebellisch.
Ihre strenge und akademische Erziehung führte dazu, dass Anissa Kermiche zunächst Ingenieurwissenschaften und Informatik studierte. Doch nach drei Jahren als Beraterin in einem grossen Unternehmen führte der Mangel an Kreativität dazu, dass die französisch-algerische Designerin alle Taue in Paris kappte, um in London an der «Central Saint Martins» Schmuckdesign zu studieren. 2016 gründete sie ihre eigene Schmuckmarke, die durch ihre mutigen Kreationen schnell weltweite Aufmerksamkeit auf sich zog. Inspiriert von ihrer Leidenschaft für bildende Kunst, verweisen ihre Schmuckstücke auf Künstler wie François Morellet, Alexander Calder oder auch Constantin Brancusi. Ihre Kreationen sind humorvoll, wunderbar rebellisch und richten sich an die neue Generation von erfolgreichen, kraftvollen und lebensbejahenden Frauen.
PRESTIGE: Anissa, welches war das erste Schmuckstück, das Sie kreiert haben?
ANISSA KERMICHE: Das erste Stück, das ich während meines Studiums angefertigt habe, war der Ohrring «Corne de Gazelle», der von einem Gebäck aus meiner Kindheit inspiriert ist. Es ist ein aus Perlen bestehendes «Horn», das durch das Ohr hindurchgeht und noch heute in meinen Kollektionen zu finden ist.
In Ihren skulpturalen Schmuckstücken verweisen Sie auch auf vergangene Dekaden. Welche Ära fasziniert Sie selbst am meisten?
Art déco ist zweifellos mein Lieblingsstil. Ich würde sofort in diese Zeit zurückgehen und die «Roaring Twenties» leben. Ich sehe mich von Kopf bis Fuss in Federn gehüllt, trage Perlenhalsbänder und streife durch die Jazzclubs, wunderbar! Aus dieser Epoche stammt übrigens auch die Inspiration für meine Choker und Multiperlenringe. Schon seit jeher ziehen mich antike Dinge magisch an – sei es in der Kunst, in Objekten oder Schmuck. Ich liebe es, die früheren Formsprachen auf zeitgenössische Weise wieder neu zu interpretieren.
In Ihrer Kollektion «Body Language» finden sich Schmuckstücke, die Teile des weiblichen Körpers in Szene setzen. Ein Wagnis?
Ja, meine Mutter mag sie nicht besonders, da sie sehr konservativ ist. Ich trug vor Kurzem den Schambein-Anhänger im Urlaub, und es war für sie schwer, sich in dieser Woche daran zu gewöhnen. Sie bat mich sogar, ihn auszuziehen. Bei der Kollektion «Body Language» geht es darum, die weibliche Form zu zelebrieren und unsere Körperteile zu zeigen, die normalerweise tabu sind. Wir als Frauen sollten uns nie für unsere Figuren schämen, deshalb ermutige ich uns, sie um den Hals zu tragen. Ich habe mir die schöpferische Freiheit erlaubt, meine kühnsten Gedanken ausdrücken. Diese Schmuckstücke haben ihr Ziel nicht verfehlt und Frauen angezogen, für die sie gedacht sind: aufgeschlossene Frauen mit einem guten Sinn für Humor!
Mit diesen Schmuckstücken durchbrechen Sie Konventionen. Was war das Schwierigste daran?
Das Schwierigste war, meine Manufaktur davon zu überzeugen, dass es mir ernst war, als ich ihnen die Prototypen meiner nackten Körperteile der «Body Language»-Kollektion zeigte. Sie waren der festen Überzeugung, dass sich nackte Brüste und Hintern nicht verkaufen liessen. Ich habe das Gegenteil bewiesen! In der Modebranche dreht sich alles um mutige Schritte. Wenn man dem Trend voraus sein möchte, dann muss man auch den Mut dazu haben! Jedes Risiko ist beängstigend, doch wenn man Vertrauen in seine Designs hat, dann wird es sich auszahlen.
Für wen entwerfen Sie Schmuck? Welche Frauen inspirieren Sie?
Ich sehe meine Freundinnen, die erfolgreiche Jobs haben, tagsüber grosse Teams leiten, nach Hause kommen, um ihren Freunden Abendessen zu kochen, Möbel bauen und am Wochenende Wände streichen. Ich bin wirklich beeindruckt von dieser neuen Generation Frauen, die so viele verschiedene Fähigkeiten besitzen. Ich lasse mich von Frauen um mich herum inspirieren. Von denjenigen, die sich selbst nicht zu ernst nehmen, von Frauen, die nicht schüchtern sind und die sind, die sie wirklich sein wollen. Ob Pilotin, «Trophy Wife», Mutter von 10 Kindern oder Nonne.
In Ihrem Schmuck finden sich Poesie und Geometrie, Si
nnlichkeit und Konstruktion und Eleganz und konfrontative Ansätze. Ein Abbild Ihrer Persönlichkeit …?
Ich finde, dass mich der von mir entworfene Schmuck in allen diesen Facetten sehr gut reflektiert und repräsentiert. Ich bin ein sehr wagemutiger Mensch, und ich denke, das spiegelt sich in meinem Schmuck wider.
Spiegelt sich dieser Wagemut auch in Ihren eigenen vier Wänden wider?
Jeder, der mein Zuhause gesehen hat, kann sehen, dass ich vor mutigen und gewagten Kunstwerken nicht zurückschrecke. Der eigene Wohnraum ist immer ein Spiegelbild von einem selbst, und so umgebe ich mich mit meinen Lieblingskunstwerken – von Strichzeichnungen des weiblichen Aktes bis hin zu riesigen gerahmten Gesichtern. Ich liebe auch Farben und habe eine sehr bunte Wohnung – von Möbeln über Objekte bis hin zu Vasen. Ich rahme auch immer einige meiner eigenen Kampagnenbilder ein.
Wie schaffen Sie den Spagat zwischen der Unternehmerin, die den Markt im Auge behalten muss, und Ihrer kreativen Arbeit?
Ich bin immer wieder davon fasziniert, wie schnell sich der Markt und die Trends jede Saison wieder verändern. Ich liebe saisonale Trends, aber ich entwerfe und kreiere hauptsächlich Schmuck aus Inspirationen, die mich persönlich umgeben, sei es ein Kunstwerk, ein Lampenschirm und sogar Essen!
Haben Sie ein Lebens-Credo?
Ja! Genuss und Erfüllung. Das Leben ist kurz, und es macht Sp
ass! Wenn man keinen Genuss in dem finden kann, was man tut, dann muss man etwas finden, das man geniesst. Ich kreiere, weil ich den Prozess und das Endergebnis liebe.
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