
The Hermès Years
- 15. August 2017
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Als sich das französische Traditionshaus Hermès für den belgischen Avantgardisten Martin Margiela als Chefdesigner entschied, ging ein Raunen durch die Modelandschaft. Doch der Mut zahlte sich aus. Martin Margiela schuf in den Jahren 1997 bis 2003 eine neue Identität, die bis heute Gültigkeit hat. Nun widmet das ModeMuseum Antwerpen dem bedeutendsten Designer Belgiens und seinen Kreationen für Hermès eine Ausstellung unter dem Titel «The Hermès Years».
Kaum ein anderer Modedesigner prägte eine ganze Generation so, wie Martin Margiela es in den frühen 1990ern tat. Seine Karriere begann der Absolvent der renommierten «Königlichen Akademie der Schönen Künste Antwerpen» als Assistent von niemand Geringerem als Jean Paul Gaultier. Als er 1988 seine Maison Margiela gründete, war er bereits ein Meister seines Fachs. Seine intellektuell-avantgardistischen Kreationen, mit ihrer ausdrucksstarken Haptik und sein experimenteller Umgang mit Stoffen waren spektakulär, Dekonstruktion, Recycling und Wiederverwertung seine Themen. So sehr seine Mode im Fokus der Öffentlichkeit stand, so öffentlichkeitsscheu war er selbst. Den Laufsteg betrat er selbst nie, und eine Audienz bei der britischen Queen war weitaus wahrscheinlicher als bei dem Modeschöpfer. Martin Margiela hinterfragte das herrschende Modesystem, mit seinem Kult um Supermodels und Stardesigner, und antwortete darauf mit Anonymisierung. Seine Models schickte er verschleiert auf den Laufsteg – oder gar nicht. Dann liess er die Entwürfe, in die er stets leere, weisse Etiketten nähen liess, lediglich an Kleiderbügel in die Höhe halten.
Ein Paukenschlag
Als der damalige CEO Jean-Louis Dumas-Hermès 1997 Martin Margiela zum künstlerischen Leiter der Damen-Kollektionen von Hermès berief, kam das einem Paukenschlag gleich – und war gleich zwei Mal gewagt. Zum einen schneiderte Hermès vor allem für die französische Elite, die nicht weiter weg vom Avantgardismus eines Margielas hätte sein können, zum anderen setzten grosse Couture-Häuser jener Zeit lieber auf Stardesigner wie Marc Jacobs für Louis Vuitton, Michael Kors für Céline oder John Galliano für Christian Dior. Ausgerechnet auf einen «Couture-Extremisten» zu setzen, das musste man sich schon trauen.
Die Hermès-Jahre
Doch Margiela begeisterte auch die voreingenommensten Kritiker. Denn was er während der sechsjährigen Liaison zwischen 1997 und 2003 in zwölf fortlaufenden Kollektionen für Hermès kreierte, verlangte den Kniefall. Margiela verjüngte und entstaubte das französische Luxuslabel mit seiner minimalistischen Handschrift und hauchte ihm eine neue Eleganz ein. Seine schlichte und dezente Farbpalette unterschied sich von den für Hermès so typischen farbenfrohen Drucken und war gemacht für eine Hermès-Frau, wie der Belgier sie sah: zeitlos und understated. Es war nicht nur eine aufsehenerregende Kooperation, sondern auch vielleicht das erste Mal in der Modegeschichte, dass es gelang, Avantgarde und Tradition miteinander zu verbinden. In jedem Fall aber zahlte sich Jean-Louis Dumas-Hermès’ Mut aus und machte auch in anderen Couture-Häusern Schule, die nun ebenfalls junge Designer aus dem Ausland an die kreative Spitze setzten. Mit seinen aussergewöhnlichen, eleganten Kreationen hat Martin Margiela nachhaltige Spuren hinterlassen, die bis heute Designer inspirieren. Als er 2003 das Unternehmen verliess, machte er Platz für seinen ehemaligen Lehrer: Jean Paul Gaultier. Martin Margiela verkaufte sein eigenes Label und zog sich dann gänzlich aus dem Modegeschäft zurück. Doch obgleich Margiela bereits seit neun Jahren nicht mehr als Designer tätig ist, sind die Einflüsse seiner Arbeiten auch heute noch spürbar. Insbesondere im französischen Raum spielt er eine entscheidende Rolle und wurde auf der Pariser Modewoche für die Herbst-/Winterkollektion 2016/2017 als «eigentlicher Protagonist» der französischen Modelandschaft bezeichnet.
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