
The Artist
- 6. Oktober 2017
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Er sieht fast noch besser aus als seine Designs und ist ein Meister seines Fachs. Lee Broom ist so etwas wie der David Beckham unter den britischen Kreativen. In diesem Jahr wurde sein Label zehn Jahre alt, eine gute Gelegenheit für eine Zeitreise.
Alles begann 1976 in Birmingham und endete vorerst in der Präsentation der «Time Machine» auf dem Mailänder Salone del Mobile 2017. In den dazwischen liegenden 41 Jahren stieg ein kleiner britischer Junge namens Lee Broom die Karriereleiter rauf und mauserte sich zu einem der besten Designer der Welt. Jede Stufe war dabei trotz angeborenem Perfektionismus nicht geplant. Denn dass man Vivienne Westwood überzeugt, einem Tür und Tor zu öffnen, dazu braucht es mehr als Strategie. Dafür muss man gut sein, verdammt gut.
He meets Vivienne
Und Lee Broom ist genau das. Gut, er ist mehr als gut. Wobei er es sich selber nicht einfach macht. Er arbeitet viel, arbeitet hart und schaut ungerne zurück. «Für mich zählt, was kommt», sagte er daher auch während der Präsentation der «Time Machine» im April 2017. Und wider seinen konstanten Blick nach vorn ist dieses Exponat, das die letzten zehn Jahre seines Schaffens zusammenfasst, eben doch eine Rückblende. Ein Zurück auf Start quasi. Ein Zurück zu dem Tag, an dem er entschied, dass es Zeit für ein eigenes Label sei. Das war 2007, und seitdem hat er mehr als 75 Möbel- und Beleuchtungsprodukte kreiert, 20 Produkte für andere Marken entwickelt und mehr als 40 Einrichtungen für Bars, Restaurants und Geschäfte geschaffen. Zudem hat es zu mehr als 20 Awards gereicht, wobei der «Queenʼs Award for Enterprise» sicher einer der wichtigsten war.
Lee Broom selber ist eher der schlichte, aber sehr reizvolle Typ. Gerne weiss oben, dunkel unten gekleidet. Er ist schwul, und er trägt einen goldenen Ring im linken Ohr. Dazu wahlweise eine oder mehrere Ketten um den Hals, der von einem schlanken Körper komplettiert wird. Ein Mensch, der die Inszenierung gelernt hat. Denn im Alter von elf bis 16 war er an der Theaterschule und Mitglied der «Royal Shakespeare Company». Zudem interessierte ihn Mode, und mit 17 Jahren gewann er den Wettbewerb «The Young Designer». Sein Preis: ein 10-monatiges Praktikum im Atelier von Vivienne Westwood. «Sie erklärte mir, wie die Schneiderkunst und die Schnittmuster vergangener Jahrhunderte sie beeinflusst haben, und sie zeigte mir, wie wir von den Techniken der Vergangenheit lernen und sie für den heutigen Tag relevant machen können», erinnert er sich. Und er ist sich bewusst, dass dies seinen Weg, sein Design massgeblich beeinflusst hat. «Ihre Art hat auf jeden Fall einen grossen Einfluss auf die Dinge, die ich heute als Produktdesigner entwickle. Ich nehme mir die traditionellen Fertigungs- und Handlungstechniken sowie die stilistischen Dinge aus der Vergangenheit zum Vorbild und erschaffe daraus Neues.»
He wants to be part of everything
Nach dem Praktikum studierte Lee Broom an der Londoner «Central St Martins» Modedesign. Und schon während dieser Zeit gründete er gemeinsam mit einem Freund das Label «Makilee». Makis und Lees Fokus lag dabei auf dem Thema Inneneinrichtung und brachte beide finanziell durch die Studienzeit. Zudem sammelten sie zahlreiche Erfahrungen, die Lee am Ende im Jahr 2007 sicher sein liessen, sein eigenes Ding zu versuchen und mit einem eigenen Designstudio durchzustarten. Wichtig ist ihm dabei bis heute, dass er am kreativen Prozess vom ersten Geistesblitz bis zur Präsentation beteiligt ist. «Als ich 2007 anfing, arbeiteten viele Möbel- und Lichtdesigner für etablierte Marken. Ich aber wollte meine eigenen Produkte herstellen und verkaufen und eben nicht nur entwerfen», erinnert er sich. «Diese Vision hat sich nicht geändert, und für mich ist am Ende alles Design. Beginnend bei der Ideenfindung, über den Design- und Entwicklungsprozess, bis zur Fertigstellung. Es ist so befriedigend, etwas Dreidimensionales zu schaffen, das zu Beginn eine Idee in deinem Kopf war und später zu einer Inneneinrichtung oder einem Produkt wurde.» Dazu ist für ihn die persönliche Präsentation ein Muss, da sie ihn die Reaktionen der Menschen auf seine Werke hautnah erleben lässt. «Jeder Aspekt und jedes Entwicklungsstadium der Schaffung eines Produkts gibt mir die Möglichkeit, mich ständig weiterzuentwickeln. Zudem experimentieren wir im Studio immer wieder mit neuen Materialien und neuen Stilen. Das macht es spannend für Leute, die meine Arbeit mögen, da sie nie wissen, was als Nächstes zu erwarten ist.»
Seine Inspiration stammt dabei aus allen Ecken und Enden der Welt, und besonders aus seiner Wahlheimat London. Als Weltstadt bündelt sie unterschiedliche Menschen, Kulturen, Stile, Religionen auf einen Fleck. Ausserdem lässt er sich durch Galerien, Ausstellungen und Modezeitschriften beeinflussen. «Ich denke, dass der Crossover zwischen meinen verschiedenen Design-Disziplinen und vor allem mein Theaterhintergrund einen unbewussten Einfluss auf meine Arbeit haben, besonders wenn es um unsere Ausstellungen geht», sagt er. Dazu hegt er immer noch eine Leidenschaft für Mode. «Ich mache gerne Räume oder Produkte mit Sinn für Drama und Eskapismus. Zudem bin von Materialien und Fertigungstechniken inspiriert und davon, wie ich das Traditionelle in neuer und innovativer Weise nutzen und ein Gleichgewicht zwischen Moderne und Nostalgie schlagen kann.»
He loves what will come
Um jedoch wirklich erfolgreich zu werden, hat er zudem etwas lernen und hart an sich arbeiten müssen. «Wenn du als Designer 90 Prozent deiner Vision realisieren kannst, dann hast du deinen Job gut gemacht. Denn auf die 100 Prozent zielen ist lähmend und hält dich davon ab, irgendetwas zu erledigen. Perfektionist sein ist ein zweischneidiges Schwert, wenn es um das Geschäft geht.» Daher gönnt er sich auch an mancher Stelle ein bisschen Durchatmen, denn das tut gut. Seine Wünsche haben sich ja zudem bislang auch alle erfüllt. «Ich wollte immer meine eigene Designfirma besitzen, und das ist sicherlich durch eine Menge harter Arbeit und Entschlossenheit wahr geworden. Und es war auch ein Traum, ein Geschäft in New York zu eröffnen. Das haben wir im vergangenen Jahr gemacht.» Und wenn er in seine aktuelle Zeitmaschine steigen und bis ins Jahr 2030 reisen würde, dann «würde er an seiner Linie festhalten und eine Welt mit noch mehr Möglichkeiten nutzen, um kreativ zu sein». Na dann, gute Reise!
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