
Schöne neue Welt
von Wilma Fasola
- 11. August 2017
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In der Gaming-Branche mittlerweile schon fast ein alter Hut, in Sachen E-Commerce der neue Trend: Virtual Reality. Experten sind sich sicher, dass die Software den Onlinehandel revolutionieren wird.
Ob es daran liegt, dass die Welt aufgrund der Digitalisierung näher zusammenrückt, oder einfach, weil es im Englischen besser klingt, das weiss keiner so genau. Fakt aber ist, dass gerade im Kundenkontakt immer öfter Anglizismen genutzt werden. Aus dem Kundenerlebnis wurde die Customer Experience, der digitale Vertrieb wurde zum E-Commerce, und Dinge lassen sich nur noch an Mann und Frau bringen, wenn das Storytelling stimmt. Alles ist modern, neu und anders. Vor allem aber ist es bequem für den Kunden. Da erstaunt nicht, dass im weltweiten Onlineshopping-Geschäft seit Jahren konstant steigende, wenn nicht sogar explodierende Umsatzzahlen verzeichnet werden. Ecommerce Europa und die Ecommerce Foundation, die sich detailliert dem Thema annehmen, sprachen dabei von rund 455 Milliarden Euro, die im Jahr 2015, sowie etwa 510 Milliarden Euro, die im vergangenen Jahr in Europa erwirtschaftet wurden.
Doch wer jetzt denkt, es reiche vollkommen aus, einfach nur in Anglizismen zu kommunizieren und einen schicken kleinen Online-Shop live zu schalten, der irrt gewaltig. Auch in der digitalen Welt erwartet der Kunde ein oder besser sein spezielles Erlebnis, am besten auf das Label beziehungsweise das Produkt abgestimmt, für das man sich gerade interessiert. Die schon angesprochene Customer Experience ist jedoch in vielen Fällen noch weit vom Optimum entfernt. Denn eine schlichte 2D-Darstellung des Produkts hat nichts mit dem Gefühl gemeinsam, im Laden zu stehen, das Wunschobjekt von allen Seiten zu betrachten, in die Hand zu nehmen und, im Falle von Kleidung, es anzuprobieren. Doch die schöne neue Welt wäre nur halb so strahlend, wenn sie nicht auch hier den passenden Anglizismus liefern könnte. Der neuste Trend in Sachen Online-Shopping ist die Verwendung von Virtual Reality.
Das Mass aller Dinge
Eine der wohl besten und auf das Wesentliche heruntergebrochene Beschreibung, was Virtual Reality eigentlich ist, lieferte die deutsche Zeitung «Die Welt». Sie beschrieb sie mit den Worten: «Virtual Reality ist, wenn ein Computer das Gehirn austrickst. Wenn man in eine Welt eintauchen kann, die real erscheint, aber nicht real ist.» Bislang wurde Virtual Reality vorwiegend in der Gaming-Branche eingesetzt, doch zunehmend interessieren sich auch andere Branchen für die Software und sehen dahinter unheimliches Potenzial, das eigene Geschäft massgeblich zu verändern und zu verbessern. Für die Automobilhersteller ist sie das A und O in Sachen autonomes Fahren und für die Mediziner so etwas wie das ultimative Medikament. Und auch beim Online-Shopping sind sich die Experten sicher, dass VR die Zukunft ist.
Erste Unternehmen sind daher schon fleissig am Basteln, und andere konnten sogar schon ihr neues, virtuelles Kauferlebnis präsentieren. So hat der chinesische Amazon-Rivale Alibaba mit der App «Buy+» vor Kurzem gezeigt, wie er sich ein Virtual-Reality-Shopping-Erlebnis vorstellt. Der Kunde selbst benötigt dafür sein Smartphone und ein sogenanntes Cardboard-VR-Headset. Diese aus Karton bestehende Faltkonstruktion funktioniert wie eine 3D-Brille, indem nach der Aktivierung der App einfach das Smartphone hineingesteckt und der Karton anschliessend mittels Gummiband vor den eigenen Augen platziert wird. Dann spaziert man auf virtuellen Wegen durch die diversen Shopping-Meilen der Welt. Gefällt einem ein Produkt, braucht man einfach nur zu nicken, und schon ist es auf dem Weg zu Ihnen.
Andere backen kleinere Brötchen. Doch auch hier zeigt sich, dass man an die Macht von Virtual Reality glaubt. Einige namhafte Modelabels nahmen ihre Kunden beispielsweise schon mittels Headset und Virtual-Reality-Anwendung auf den Catwalk zu den grossen Modenschauen der Welt mit. Und auch der schwedische Möbel-Gigant IKEA setzt auf die moderne Software: So wurden Mitte letzten Jahres im Zuge eines Pilotprojektes in der Filiale in Berlin-Lichtenstein drei Stationen aufgestellt, an denen die Kunden dank der Oculus-Rift-CV1-Brille in ein interaktives Einkaufserlebnis eintauchen. Vor ihren Augen entsteht dabei ein virtuelles Wohnzimmer, das sie nach ihren Vorstellungen einrichten können. So kann spielerisch alles mit allem kombiniert und das Optimum für die eigenen vier Wände herausgefunden werden. IKEA gehört dabei wie so oft zu den Pionieren, und intern ist man sich sicher, dass Virtual Reality kein temporärer Trend, sondern die Zukunft ist.
Das Beste für alle
Der Kunde selbst ist auf jeden Fall bereit für das virtuelle Kauferlebnis. Sicher natürlich nicht über alle Käuferschichten und Käufergruppen hinaus, aber das Gros der virtuellen Shopper bewegt sich in der digitalen Welt mehr als sicher. Und hat auch kein Problem mit der virtuellen Realität. Dies hat vor allem der gigantische Erfolg des auf dem Smartphone zu spielenden Computerspiels Pokémon Go gezeigt. Milliarden Menschen auf der ganzen Welt rannten wochenlang mit starr auf das Handy gerichteten Augen durch die Welt und schossen auf kleine Tierchen, die dank Virtual Reality in ihrer realen Umgebung erschienen. Und auch für die Unternehmen selbst bietet der Einsatz der Software viele Vorteile. So können sie zum Beispiel in der virtuellen Realität testen, welche Shop-Konzepte den Kunden begeistern, und diese anschliessend in manifestierter Form in die Läden bringen.
Dennoch wird es wohl noch ein bisschen dauern, bis wir nur noch mit Brille auf der Nase auf dem heimischen Sofa shoppen, und manche Branchen werden auch weiterhin ohne reale Verkaufspunkte nicht funktionieren. Kleidung will man anprobieren, im Auto einmal Probe sitzen. Parfüme möchte man riechen und Wein gerne testen. Daher wird es wohl am Ende ein Mix aus Online- wie auch Offline-Kanälen sein, über den wir kaufen werden. So zumindest die aktuelle Prognose der Experten. Doch man weiss ja nie, denn wie heisst es immer so schön: «Tomorrow is a new day.» In diesem Sinne, lassen wir uns überraschen.
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