
Schöne neue Welt
- 20. Februar 2019
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Er ist der Meister der Modefotografie: Miles Aldridge. Wie kaum ein anderer hält der Brite der Gesellschaft den Spiegel vor. Sarkastisch, doch hübsch verpackt in fröhlichen Farben.
Seine Bilder sind weltberühmt, seine Handschrift ist es auch. So knallig seine Farben, so beunruhigend die Botschaft des 1964 geborenen Briten. Wären die kritischen Stimmen nicht hübsch verpackt, würden sie die Modemagazine nicht abdrucken. So viel steht fest. Studiert hat Miles Aldridge Illustration am legendären «Central Saint Martins College of Art and Design». Nach einer kurzen Zeit als Regisseur für Pop-Videos wendete er sich Mitte der 1990er Jahre gänzlich der Fotografie zu. Miles Aldridge lebt in London und arbeitet für die renommiertesten Modemagazine rund um den Globus.
PRESTIGE: Miles, Ihre Bilder leben durch starke Farben und perfekte Inszenierungen, dennoch beunruhigen sie ein wenig. Grelle Farben, dunkle Wahrheit …?
MILES ALDRIDGE: Ja, das ist genau der Punkt. Mein Universum ist eine Art «Schöne neue Welt», die zwar viel verspricht, das meiste davon aber ist oberflächlich und ohne Substanz.
Ihre Bilder unterscheiden sich sehr von der klassischen Modefotografie. Welches ist Ihre Botschaft an die Modebranche und ihre Konsumenten?
Meine Botschaft war schon immer ziemlich zynisch gegenüber der Botschaft der Modebranche, dass ihre Produkte – ob Kleidung, Make-up, Schuhe oder Handtaschen – die Menschen glücklich machen, etwas daran ändern, wer sie sind. Produkte sind wie Masken, die wir aufsetzen, um vermeintlich «uns selbst» zu werden.
Sie inszenieren menschliche Abgründe auf humorvolle, surreale und sarkastische Weise. Hat das etwas mit Ihren britischen Wurzeln zu tun?
Ja, tatsächlich gibt es einen schwarzen Humor in meiner Arbeit, der seine Wurzeln in den Dramen der britischen Dramatiker Harold Pinter, Joe Orton und Samuel Beckett hat.
Die Frauen auf Ihren Bildern sind sexy, aber zugegebenermassen sehr stereotyp. Warum diese Art von Frau?
Diese Frauen sind inspiriert von Erinnerungen, die ich an meine Mutter habe, und an die Frauen in den Zeitschriften, die sie in den 1970er Jahren las.
Auffallend sind oft auch die emotionslosen Gesichter der Models …
Das ist richtig. Ich habe bemerkt, dass Frauen in vielen der Gemälde, die ich mag, ob von Piero della Francesca oder auch Leonardo da Vinci, in ihrem Ausdruck oft teilnahmslos und unberührt dargestellt werden, selbst inmitten dramatischer Szenen.
Gibt es Unterschiede in der Interpretation oder Reaktion von Männern und Frauen auf Ihre Bilder?
Ich glaube nicht, aber erstaunlicherweise machen Frauen die Mehrheit meiner Sammler aus. Ich denke, sie sehen sich selbst in diesen Bildern.
In Ihrer Vergangenheit haben Sie auch für eine kurze Zeit Videoclips gedreht. Inwieweit beeinflussen Ihre filmischen Erfahrungen Ihre heutige Arbeit?
Einige der stärksten fotografischen Bilder entstammen dem Bewegtbild. Von Bergman, Hitchcock, Lynch, Bunuel etc. habe ich gelernt, wie man die Kamera benutzt und wie man mit Licht umgeht.
Wie arbeiten Sie am Set? Schaffen Sie die Bilder sehr präzise im Voraus, oder überlassen Sie auch einige Dinge dem Zufall?
Eigentlich beides. Ich mache oft Skizzen im Voraus wie ein Filmregisseur, aber ich kann auch all das vergessen und folge einfach einer Idee während des Shootings.
Einige Ihrer Arbeiten beziehen sich auf Künstler wie den Maler Harland Miller, oder Sie realisieren fotografische Geschichten wie mit dem Künstlerduo Gilbert & George. Was bedeutet Kunst für Sie persönlich?
Kunstgalerien und Museen sind seit jeher «meine Kirche». Ich verehre die Kunst sehr.
Ihr Vater war der berühmte Art Director Alan Aldridge. Was war das Wichtigste, das Ihnen Ihr Vater als Künstler mit auf den Weg gegeben hat?
Hart zu arbeiten und auf sich selbst zu hören.
Wie würden Sie den Zeitgeist der heutigen Kunst- und Modewelt beschreiben?
Die Kunstwelt geht nach oben und die Modewelt nach unten, immer weiter nach unten!
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