
Royal Pavilion
- 3. November 2016
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George IV, Prinz von Wales, ist ein eitler und dekadenter Mann, der es extravagant, ausschweifend und pompös mag. Der strengen Erziehung seiner eher bescheidenen Eltern widersetzt er sich mit Bravour und frönt seiner Leidenschaft für Mode, Kunst und einem Laisser-faire-Leben mit Wein, Weib und Glücksspiel. Seine Liebe zur Architektur lässt ihn im südenglischen Seebad Brighton mit dem Royal Pavilion einen Prachtpalast bauen, der in Europa einzigartig ist. Einst war Brighton ein kleines, langweiliges Fischerdorf. Unspektakulär und verschlafen. Bis «Er» sich ein kleines Logierhaus an der Promenade Brightons mietet und das verfallene Nest sich von diesem Tag an zu einem mondänen Bade- und Rückzugsort für die Reichen und Berühmten etabliert.
Der Querulant
George IV ist der älteste Sohn von König George III und seiner Gemahlin Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz. Während seine Eltern einen eher bescheidenen Lebensstil führen, tanzt George IV aus der Reihe. Er ist ein durchaus talentierter und intelligenter Schüler, der Französisch, Deutsch und Italienisch erlernt, Cello spielt und Unterricht in den Fächern Geschichte, Recht, Mathematik, Zeichnen und Religion geniesst. Doch sein Hang zum Müssiggang, sein hemmungsloser Lebensstil, rauschende Partys und seine Frauengeschichten lassen den 16-Jährigen einen anderen Weg als den für ihn vorgesehenen, streng höfischen, einschlagen.
Metamorphose
Die Zügellosigkeit fordert gesundheitliche Tribute und der mollige 21-jährige Prinz von Wales leidet an den verschiedensten Krankheiten. Seine Ärzte raten ihm, seinen Wohnsitz nach Brighton zu verlagern, um von den therapeutischen Eigenschaften des Meeres zu profitieren. Zusammen mit seinem Hofstaat und Anhängern aus der Londoner Gesellschaft siedelt George IV in das knapp 100?Kilometer von London entfernte Küstenstädtchen, das sich innerhalb kurzer Zeit von einer biederen Raupe in einen schillernden Schmetterling verwandelt und wo er sich ein Haus mietet.
Das Liebesleben des Prinzen von Wales ist gleichermassen bizarr. Die heimliche Heirat mit der Liebe seines Lebens, der zweifachen Witwe und katholischen Irin Maria Fitzherbert, ist illegal. Die 1795 arrangierte Hochzeit mit Prinzessin Caroline von Braunschweig soll Maria Fitzherbert sowie die schrankenlose Lebensart aus Georges Leben verbannen und zugleich würde das Parlament seine neu angehäuften Schulden tilgen und seine Apanage erhöhen. Zwischen dem Thronanwärter und der Prinzessin herrscht jedoch vom ersten Moment des Kennenlernens beidseitige Antipathie und George IV denkt nicht daran, seine Exzesse zu minimieren, geschweige denn gänzlich einzustellen. Die Ehe endet in einem Fiasko und zerbricht nach einem Jahr.
Der erste Pavillon
George IV ist ein Liebhaber für Architektur und begeisterter Sammler französischer dekorativer Kunst. Besonders die orientalischen Stile sowie der französische Neoklassizismus und Gothic haben es ihm angetan. Er engagiert den Architekten Henry Holland und beginnt, seine Unterkunft in eine elegante Villa, den Marine-Pavillon, umzubauen, der exquisit mit chinesischen Tapeten, Möbeln und Kunstobjekten dekoriert und eingerichtet ist. Doch bald ist ihm sein Heim zu eng und da ist noch die Vision, die er unbedingt umsetzen will.
Der Märchenpalast
Im Jahr 1815 stellt er den Architekten John Nash ein, der den Marine-Pavillon gemäss seinen aussergewöhnlichen Vorstellungen umbauen soll. George?IV pfeift auf die Meinung anderer, und so führt die Kombination von Extravaganz und Opulenz nach dem Vorbild indischer Mogul-Paläste zu einem einmaligen Prachtpalast. Acht Jahre dauert es, bis der orientalische Traum mit seinem einmaligen, exotischen Äusseren von Kuppeln, Türmen, Minaretten und einer luxuriösen, anspruchsvollen und pompösen Inneneinrichtung verwirklicht ist. Doch der Palast ist für die damalige Zeit auch technisch sehr fortgeschritten. Komfort, Wärme und Bequemlichkeit bestimmen Georges Anforderungskatalog gleichermassen wie das Aussehen seines royalen Sitzes, und so lässt er die Küchen mit modernsten neuen Geräten ausstatten, führt eine Gasbeleuchtung ein, um die bemalten Glasfenster auch von aussen zu beleuchten, möbliert die Bäder und installiert im gesamten Palast Wasserklosettspülungen.
Der Royal Pavilion ist eine grossartige Kulisse für George IV, der im Jahr 1810 zum König gekrönt wird.
Heute ist der Palast ein Wahrzeichen Brightons und bietet reichhaltige, unterschiedlichste Events, Touren und Führungen.
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