
Roadtrip durch den Sunshine State
von Anna Karolina Stock I Fotos: Visit Florida
- 14. März 2019
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Wer an Florida denkt, kommt unweigerlich auf Orte wie Disney World, Miami Beach und die Everglades. Dabei hat der Sunshine State so viel mehr zu bieten als Achterbahnen und Alligatoren. Ein Roadtrip abseits der klassischen Touristenpfade.
Der Nordwesten Floridas ist für die meisten Europäer Neuland. Hört er Panama City Beach, denkt er zunächst an das Land in Mittelamerika und die namensgleiche Hauptstadt. Gemeint ist allerdings die amerikanische Kleinstadt am Golf von Mexiko, die unter anderem mit 43 Kilometer langen, schneeweissen Sandstränden besticht. Seit Jahrzehnten verbringen Amerikaner aus dem Norden – liebevoll «Snowbirds» genannt – ihre Winterferien in der Region. 320 Sonnentage und ideale Bedingungen für Aktivitäten wie Schnorcheln, Tauchen, Surfen, Kanufahren und Angeln sprechen schlicht und ergreifend für sich. «Macht einen Ausflug nach Shell Island», empfiehlt Park Ranger Joe am Eingang des St. Andrews State Park. Nur mit dem Boot geht es auf die kleine vorgelagerte Insel. Je nach Jahres- und Tageszeit hat man den Puderzuckerstrand und die um die Insel schwimmenden Delfine ganz für sich allein.
Auf Tuchfühlung mit Manatees: Crystal River
«Manatee-Hauptstadt der Welt» steht in grossen Lettern auf jeder Werbetafel von Crystal River. Gerade mal 3100 Einwohner leben in der Kleinstadt an der Golfküste – weltbekannt ist sie trotzdem. Denn nur hier darf man offiziell mit den als gefährdet gelisteten Rundschwanzseekühen schnorcheln. «Bis zu vier Meter lang und 900 Kilogramm schwer können die zahmen Meeressäuger werden», erklärt Captain John Spann. Die Kings Bay, das Quellgebiet von Crystal River, sei einer ihrer letzten geschützten Lebensräume. Die Bucht ist mit dem Golf von Mexiko verbunden und besteht aus mehr als 50 Süsswasserquellen, die mit ihren konstanten 22 Grad Celsius stetig warmes Wasser liefern. Und genau das mögen die kälteempfindlichen Schwergewichte. Bis zu 700 Manatees kommen jedes Jahr in die Kings Bay, um an den warmen Quellen zu überwintern. «Wer sich im Wasser nicht bewegt und geduldig ist, hat gute Chancen von einer der süssen Knubbelnasen angestupst zu werden», versichert Captain John lachend, während er von einem neugierigen Baby-Manatee umklammert wird.
Das kubanische Herz: Ybor City (Tampa)
«Die meisten Leute fahren an Tampa vorbei, ohne zu wissen, dass im Stadtteil Ybor City das kubanische Herz Floridas schlägt», erzählt Tourguide Lonnie Herman während eines Stadtrundgangs. Bis heute stehe die ganze Region im Schatten des berühmten Hotspots Miami. Und das, obwohl Ybor City einst die Zigarrenhauptstadt der Welt war und Einwanderer aus Kuba und Europa anlockte. In den 150 Zigarrenfabriken wurden täglich bis zu zwei Millionen Zigarren von Hand gerollt. Eine Kunst, die man heute noch in den kleinen Tabakläden auf der Seventh Avenue beobachten kann. Der Stadtteil stehe heute grösstenteils unter Denkmalschutz, so der Ybor-City-Experte, gleichzeitig sei er das Ausgehviertel der Einheimischen. Sobald es dunkel wird, erwachen die Restaurants und Bars zum Leben. So auch das berühmte «Columbia», Floridas ältestes Restaurant und gleichzeitig das grösste spanische Lokal weltweit. Während der Flamenco-Shows wird ganz traditionell rote oder weisse Sangria serviert und direkt vor den Gästen zubereitet.
Strand- und Zirkusparadies: Sarasota
Rund 80 Kilometer südlich von Tampa liegt Sarasota County mit seinen Millionärsvillen, Yacht-Clubs und Golfplätzen. Die Region am Golf von Mexiko gehört zum Besten, was der Sunshine State sonnenhungrigen Touristen zu bieten hat. Besonders wer Strände liebt, wird Sarasota lieben, denn Sarasota County verfügt über 65 Kilometer Küstenlinie, die sich auf dem Festland und auf den vorgelagerten Inseln befinden. Am Venice Beach werden hin und wieder sogar prähistorische Haifischzähne angespült, was der Stadt den Titel «Shark Tooth Capital of the World» (Welthauptstadt der Haifischzähne) einbrachte. Ungefähr genauso berühmt wie die weissen Sandstrände ist der Name Ringling. John Ringling war einer der sieben Ringling Brüder, die Anfang des 20. Jahrhunderts den legendären Zirkus «Ringling Bros. and Barnum & Bailey» ins Leben riefen. Auf der Suche nach einem Winterquartier entschied sich John Ringling für die milden Temperaturen in Sarasota County. Neben dem prachtvollen Wohnhaus Ca’ d’Zan (venezianisch für «Haus des John») errichtete er ein Kulturzentrum inklusive Museum für europäische Kunst.
Auf den Spuren Hemingways: Key West
Ganz im Süden Floridas wartet der legendäre Overseas Highway, der die Inseln der Florida Keys miteinander verbindet. 205 Kilometer und 42 Brücken gilt es zu bewältigen, ehe man in Key West ankommt. Entspannt und lässig geht es in der Conch-Republic (Muschel-Republik) zu, wie sich die Stadt am südlichsten Punkt der USA selbst nennt. Jeden Abend, bevor die Sonne im Meer versinkt, strömen Einheimische und Touristen zum Mallory Square. Am alten Pier hat man einen wunderbaren Blick auf den Golf von Mexiko. Strassenkünstler sorgen für Unterhaltung, die so bunt und lebendig ist wie der Sonnenuntergang selbst. Cafés locken mit «Happy Hour»-Angeboten und Streetfood-Stände mit leckeren Snacks. Wer richtig feiern will, zieht weiter in die Duval Street, die Ausgehmeile von Key West. Immer rappelvoll ist das «Sloppy Joe’s», einst Stammkneipe von Ernest Hemingway, als dieser in den 1930er Jahren die Sonne Floridas genoss und einige seiner Werke, wie den Roman «Haben und Nichthaben», verfasste. Sein Wohnhaus ist heute ein Museum und wird immer noch von dutzenden Nachfahren seiner allerersten Katze Snowball bewohnt.
Vom Gangsterviertel zum Kunstprojekt: Miami
Die meisten Urlauber zieht es auch heute noch auf die Sandbank hinter der Biscayne Bay, allseits bekannt als Miami Beach, der Inbegriff von Party- und Strandurlaub. Entlang der Flaniermeile Ocean Drive versprühen mehr als 600 denkmalgeschützte, pastellfarbene Art-déco-Gebäude einen Hauch von Luxus und Vergnügen. «Dabei hat Miami so viel mehr zu bieten», meint Fotografin Alice Warren. Zum Beispiel das Szeneviertel Wynwood nördlich von Downtown Miami, das jahrelang als «No Go Area» galt. Die einst finstere Gegend aus heruntergekommenen Lagerhallen und verlassenen Industriebauten ist heute ein Mekka für Street-Art- und Graffiti-Künstler und auch die grösste Kulturmeile Floridas. Als der New Yorker Immobilienentwickler Tony Goldman das Potenzial der riesigen, fensterlosen Hausfassaden und Grundstücksmauern erkannte, rief er das wohl grösste Strassenkunstprojekt der Welt ins Leben. Seitdem dienen die Fassaden als Leinwände und verwandeln das Quartier in eine Freiluftgalerie. Jeder, der Rang und Namen in der Szene hat, reist aus der ganzen Welt an, um eine Fläche zu gestalten. «Dank Goldman wurde ein ganzer Stadtteil vor dem Verfall gerettet», so die Fotografin, von Gentrifizierung keine Spur. Die meisten Gebäude dienen weiterhin ihrem ursprünglichen Zweck. Wynwood sei authentisch geblieben und trage lediglich ein knallbuntes Kostüm.
Die Recherchereise für diesen Beitrag wurde unterstützt von Visit Florida.
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