Paul Strand
- 11. Mai 2015
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Er zählt zu den wichtigsten Vertretern der modernen Fotografie des 20. Jahrhunderts. Der Amerikaner Paul Strand erschloss neue ästhetische Möglichkeiten für das fotografische Medium, blieb dabei jedoch der Welt, die er porträtierte, stets engagiert verbunden. Paul Strand besuchte seine ersten Fotokurse bereits im Alter von 17 Jahren. Fasziniert von den Ausstellungen der Gallery 291 in New York tauchte er immer tiefer in die Kunst der Fotografie ein. Inspirationsquellen sind ihm die Bilder Edward Steichens und die Arbeiten amerikanischer Künstler aus dem Umfeld von Alfred Stieglitz. Schon früh widmet er sich urbanen Themen, etwa in der bemerkenswerten Reihe anonymer Nahaufnahmen von Menschen in den Strassen von New York City. Strand erforschte die Möglichkeiten, mit der Kamera das moderne Leben zu erfassen, und interessierte sich besonders für ihr Potential, mechanisch faszinierende Einzelheiten aufzunehmen.
Ein Reisender
Strand interessierte sich stets für das Reisen und besonders für die Möglichkeiten der Kamera, Eigenschaften von Orten und Geschehnissen sichtbar zu machen, die anderweitig nicht erfahrbar sind. Zwischen 1932 und 1934 fotografierte er in Mexiko. Das Land beeindruckte ihn nachhaltig, was auch sein Engagement für linke politische Anliegen vertiefte. Er befestigte ein Prisma auf der Linse seiner Graflex-Kamera und schuf so eine beeindruckende Reihe von heimlich aufgenommenen Porträts. Zudem befasste er sich mit den Lebensumständen mexikanischer Bauern, daraus entstand die beeindruckende Bilderreihe der «Bultos», geschnitzten und bemalten religiösen Figuren in mexikanischen Kirchen. Strands romantische Abwendung vom Modernismus tritt in diesen Bildern erstmals hervor: Sie sind der Versuch, einen Aspekt des Lebens zum Ausdruck zu bringen, von dem er glaubte, dass er langsam verloren ging.
Stark getroffen von der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren, wandte sich Strand vermehrt dem Filmemachen als Werkzeug eines gesellschaftlichen Wandels zu. Erst nach 1945 widmete er sich wieder der Fotografie. In seinen Fotobüchern schuf er komplexe Porträts von Menschen und Orten. So veröffentlichte er 1950 «Time in New England»; ein Buch, in dem sich Vergangenheit und Gegenwart zu überkreuzen scheinen und so eine Tradition der Toleranz, der Freiheit und der demokratischen Möglichkeiten in der amerikanischen Kultur heraufbeschwören.
Italien & Afrika
Diese Themen waren für Strand von grosser Bedeutung: Noch im gleichen Jahr zog er nach Frankreich, um der zunehmenden anti-kommunistischen Hexenjagd in den USA zu entgehen. Er suchte weiter nach Gemeinschaften, die seine politischen Ideale widerspiegelten, und befasste sich besonders mit dem italienischen Dorf Luzzara in der Po-Ebene. Daraus entstand 1955 das Buch «Un Paese: Portrait of an Italian Village», das von Cesare Zavattinis neorealistischer Ästhetik beeinflusst ist. Im Zentrum stehen Porträts der Dorfbewohner bei der Arbeit und zu Hause, eine bewegende Hommage an das Alltagsleben.
Strand fotografierte auch ausgiebig in Afrika und wurde 1963 von Kwame Nkrumah, dem ersten Präsidenten nach Ghanas Unabhängigkeit von Grossbritannien, eingeladen. Das Land wurde zügig modernisiert und der Fotograf war fasziniert von der Demokratie, die in diesen Jahren in Ghana entstand. Sein Buch, das erst 1976 unter dem Titel «Ghana: An African Portrait» erschien, vermittelt einen Eindruck von der ghanaischen Moderne, welche sich neben der traditionellen Kultur entfaltet. Strand wurde offensichtlich angesteckt vom lebhaften öffentlichen Leben im afrikanischen Land und ergänzte die Porträts im Buch mit aussergewöhnlichen Strassenszenen von Versammlungen, politischen Kundgebungen und Marktszenen.
Im Jahr 1976 starb Paul Strand, mit 85 Jahren, in seinem Haus in Orgeval ausserhalb von Paris. In seinen letzten Schaffensjahren fotografierte er zwar häufig seinen Garten, doch er hinterliess ein grosses fotografisches Werk, welches zu Recht zu einem der besten der modernen Fotografie des 20. Jahrhunderts gehört.