
Musik liegt in der Luft – The Big Easy
- 25. Juni 2014
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«N’Awlins» ist ein Mix aus Heatwave und Langsamkeit, ein Meltingpot der Mentalitäten und ein Mix aus Gefühlsausbrüchen und Easy Going. Hier läuft das Leben nach anderen Regeln – «The Big Easy», die Heimat des Jazz an der Mündung des Ol’ Man Rivers. New Orleans – die Stadt mit 700 Kirchen, 40 Friedhöfen und rund 4?000 Bars. Die Stadt, wo die Strassen auf französische Namen hören, die Häuser spanisch aussehen und die Feste auf karibische Art gefeiert werden. Die Stadt des schwarzen Swings, der süssen schweren Düfte der kreolischen Küche und des sündigen Flairs des «Vieux Carré», des French Quarter.
Swing City
Wie keine andere Stadt der Welt hat New Orleans Musik im Blut. Sie ist der Geburtsort des Jazz. Doch aus den Bars und Clubs dringen zudem Zydeco, Cajun, Rhythm & Blues, Gospel, Soul, Funk und die Klänge der Brass Bands. Die Liste der Musikrichtungen ist lang und ebenso lang ist die der Spitzenmusiker dieser Stadt. Die ganze Stadt swingt und jeder Einwohner scheint ein musikalisches Naturtalent zu sein. Das bestätigt sich an jeder Strassenecke und auf jedem Platz. Ja, in dieser Stadt sind selbst die Dampfschiffe musikalisch: Auf den legendären Raddampfern ist eine Orgel installiert, die täglich gespielt wird.
Das bekannteste Kind New Orleans ist sicherlich Louis Armstrong. In «Back O’ Town», dem Hinterhof der Stadt verbrachte er seine Kindheit. «Es wimmelt von frommen Kirchgängern, Bankrotteuren, Spielern, kleinen Zuhältern, Dieben, Prostituierten und Schwärmen von Kindern. Da gab es Bars, Saloons, Cabarets und Honky Tonks, üble beleumdete Tanz-Cabarets», so beschrieb Armstrong das Milieu seiner Kindheit später in seiner Autobiografie. Der am 4. Juli 1900 geborene Louis wuchs in einem Waisenhaus für schwarze Kinder auf. Seine Mutter, eine drogenabhängige Prostituierte, konnte dem kleinen Jungen kein Zuhause bieten. Gottlob erkannten seine Lehrer Louis’ musikalisches Talent und förderten dieses. So wurde er zu einem der grössten und besten Jazzmusiker der Welt. Seinen Spitznamen «Satchmo» erhielt er wegen seines grossen Mundes; englisch «satchel mouth». Er wirkte zudem in rund 60 Filmen mit und wurde von Charlie Parker und Miles Davis verehrt. Heute ist seine Heimatstadt stolz auf den Ausnahmemusiker, obwohl er sie bereits im Alter von 23 Jahren verliess, um in Chicago sein Glück zu finden. Im heutigen Louis Armstrong Park wurde er in einer überlebensgrossen Bronzestatue verewigt und aus jedem Winkel der Stadt klingt einer seiner Songs.
Ein Klassiker der Musikszene ist die Prevention Hall. Das Gebäude in 726 St. Peter Street dient seit 1961 als Bühne für den klassischen, traditionellen Jazz von New Orleans. Entsprechend wurde die Atmosphäre des frühen 20. Jahrhunderts erhalten: Die Fassade und die Innenwände sind künstlich heruntergekommen und unscheinbar bemalt, alte Holzläden verschliessen die Fenster. Die Jazz-Musiker spielen auf einer flachen Bretterbühne in schummrigem Licht. Statt der üblichen Klimaanlagen gibt es nur ein paar Deckenventilatoren über den Musikern. Für die Zuhörer gibt es zumeist nur Stehplätze, doch gerade wegen dieses Ambientes steht man Schlange für den Einlass und zahlt gerne 15 Dollar Eintritt. Ein weiterer Tipp, wenn auch kein Geheimtipp, ist das Palm Court Jazz Café in der Decatur Street. Das gemütliche Restaurant erlang sofort nach seiner Eröffnung zu Ruhm und Ehre. Die Hausband von Erving Charles geleitet mit sieben Jazz-Musikern, die zusammen mindestens 500 Jahre alt zu sein scheinen, plaudern in den Pausen gerne mit den Gästen. Die etwas schräge Besitzerin des Palm Courts tut das Übrige dazu.
Zu Besuch im Cajun Country
Doch auch ausserhalb von New Orleans scheint der Staat Louisiana aus Musik geformt zu sein. Selbst die Sumpfgebiete spielen ihren eigenen Rhythmus. Im Jahre 1755 errichteten die ersten Cajuns nach ihrer Vertreibung aus Kanada Louisiana. Einige liessen sich entlang des Missi- ssippis nördlich der Stadt – in den Wetlands entlang des Bayou Lafourche – nieder, andere siedelten im Land der Attakapa-Indianer im Südwesten Louisianas. Als Nachkommen der ersten Weissen, die nach Kanada auswanderten und von den Briten vertrieben wurden, fanden sie in den Sumpfgebieten eine neue Heimat. Die Cajuns pflegen bis heute ihr antiquiertes Acadian French, halten an alten Traditionen fest und sind als ausgelassenes, feierfreudiges «Völkchen» bekannt. Wenn am Samstagabend die Band aufspielt, heisst es «Fais Do-Do» und egal, wie hart der Alltag manchmal auch ist, verschreibt man sich dem Motto «Lâche pa la patate» (Nur nicht unterkriegen lassen!). Man tanzt, singt, fidelt, geniesst die Nationalgerichte wie Crawfish, Gumbo, Fried Alligator und Brotpudding und lauscht der Cajun- und Zydeco-Musik. Crawfishfarmen, Zuckerrohrfelder, Plantagenhäuser, Mangrovensümpfe und verschlafene Dörfer kann man durch eine Fahrt durchs Cajun-Country kennenlernen. Der Highway 90 führt direkt hinein, vorbei an kleinen, aber sehenswerten Ortschaften wie Houma und Lafayette.
Also: «Laissez les bons temps rouler!» – «Let the good times roll!» Louisiana lässt auch den Fuss des grössten Tanzmuffels im Takt wippen. Denn Musik liegt in der Luft, die man hier atmet.