
Music was his first love – Anton Corbijn
- 19. April 2016
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Ob Rolling Stones, U2, Nirvana, Nick Cave, Tom Waits, REM, Metallica, Johnny Rotten, Depeche Mode, Kim Wilde oder Herbert Grönemeyer: Er hatte sie alle vor der Linse. Musiker machten Anton Corbijn gross und er sie. Seine Liebe zur Musik liess ihn fast vierzig Jahre lang um die Welt ziehen. Er begleitete Musiker auf ihren Tourneen und fing sie mit seiner Kamera ein. Im Scheinwerferlicht zu stehen, ist oft Maskerade, raffinierte Fassade und sorgfältig orchestrierte Darbietung. Folglich sind die Fotografien von Musikern, Künstlern und kulturellen Ikonen immer nur Bilder von der Oberfläche. Wirklich? Nicht im Geringsten!
Intime Vertrautheit
Zwischen rauer Körnigkeit, spontaner Unschärfe und harten Kontrasten schimmern in Anton Corbijns Fotos eine tiefe Verletzlichkeit und grosse Vertrautheit hervor – flüchtige, vielschichtige und unendlich fesselnde Nuancen von Intimität. In den letzten vier Jahrzehnten haben seine Porträts das öffentliche Image und die visuelle Identität von oft sehr bekannten Persönlichkeiten geprägt. Wie jedoch sind diese Momente persönlicher Authentizität trotz kalkulierter Überhöhung und Selbstvermarktung innerhalb der Kulturindustrie überhaupt möglich? Anders als bei vielen Fotografen liegt bei Anton Corbijn die Antwort in der Etablierung enger Beziehungen zu den Künstlern und deren Intensivierung über einen langen Zeitraum hinweg. Seine Bilder schiesst er ausserhalb des Studios, so dass das jeweilige Setting – so minimal es auch sein mag – eine immense Rolle für das finale Bild spielt.
Anton Corbijn, geboren 1955 in Strijen, Niederlande, nimmt mit 17?Jahren zum ersten Mal eine Kamera in die Hand, um in Groningen die lokale Musikgruppe «Solution» bei einem Konzert zu fotografieren. Wegen seiner Vorliebe zum Post-Punk zieht er 1979 nach London, wo er für fünf Jahre als Hauptfotograf für das führende Magazin «New Musical Express» tätig ist. Hier trifft er zahlreiche Künstler, mit denen er bis heute zusammenarbeitet – unter anderem Depeche Mode und U2. 1989 publiziert er sein erstes Fotobuch «Famouz» und veröffentlicht seither 18 weitere Bücher. Er gestaltet Bühnenbilder und Album-Cover und dreht ab 1983 über 80?Videos. Seine Stärke? Er sieht die Kratzer auf der Oberfläche, sucht nach Spuren von Brüchigkeit und zeigt Musiker, Künstler und kulturelle Ikonen in ihrer tiefen Verletzlichkeit und intimen Vertrautheit. Mit seinen oft körnigen und spontanen, unscharfen Porträts ohne den gewohnten Glamour stilisiert er die Anti-Pose und den Anti-Star. In engen und langfristigen Beziehungen mit den Künstlern verbunden, lotet er behutsam die Ambivalenz zwischen Image und Authentizität, zwischen Inszenierung und Realität, zwischen Akteur und Betrachter aus. So hat der Autodidakt in den letzten vier Jahrzehnten nicht nur die visuelle Identität und das öffentliche Image von meist sehr bekannten Persönlichkeiten nachhaltig geprägt, sondern auch das Unperfekte zu seinem stilistischen Markenzeichen als Künstler gemacht. Behutsam lotet Anton Corbijn die Ambivalenz zwischen Image und Authentizität, zwischen Inszenierung und Realität, zwischen Akteur und Betrachter aus.
PRESTIGE: Warum sind Sie «Musikfotograf» geworden?
ANTON CORBIJN: Als ich meine ersten Bilder von Musikern machte, machte ich diese nur, weil ich in der Nähe der Musik sein wollte. Musik war meine grosse Liebe. Die Kamera gab mir lediglich die Möglichkeit, der Musik näher zu kommen. Daher waren Bands und Musiker meine bevorzugten Motive.
Und warum fotografieren Sie bevorzugt schwarzweiss?
Die Musik-Magazine, in denen ich meine Bilder damals veröffentlichte, waren fast ausschliesslich schwarzweiss gedruckt, daher war es für mich nur logisch, auch in Schwarzweiss zu fotografieren. Später gefiel mir einfach die Qualität der SW-Fotografie besser. Zudem hat man bei der SW-Fotografie die Realität bereits in etwas anderes übersetzt, das gefällt mir. Ich bin in Schwarzweiss auch besser als in Bunt (lacht). Bei der SW-Fotografie weiss ich immer, was ich bekomme, bei der Farbfotografie bin ich häufig unsicher.
Warum arbeiten Sie immer noch analog?
Rausgehen, im vorhandenen Licht der jeweiligen Tageszeit Bilder machen und erst beim Entwickeln einige Tage später erkennen, was auf dem Film gebannt ist. Mit dieser Methode vermeide ich den Versuch, ein Bild immer noch perfekter zu machen – eine der Versuchungen der digitalen Fotografie.
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