
Mr. Nice Guy: James Stewart
- 21. Dezember 2016
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Er ist einer der beliebtesten und erfolgreichsten Schauspieler der USA und Filmgeschichte, Vorzeige-Durchschnittsamerikaner und Kriegsheld der Nation. James «Jimmy» Stewart, der mit seiner legendären, langgezogenen Aussprache für so manch nervösen Fingerklopfer sorgt, liegt das Publikum weltweit zu Füssen. «Du musst Sachen ohne die Vorrichtung des Schauspiels glaubhaft machen. Meiner eigenen Theorie nach versucht jeder, etwas zu produzieren – Momente. Nicht eine Darbietung, nicht einen Charakter, sondern du produzierst Momente, die ein Gefühl der Glaubwürdigkeit für das geben, was du machst. Ich erinnere mich an einen Film, den wir in British Columbia gedreht haben, einen Western. Wir standen auf dem Columbia-Eisfeld, es regnete und überall lag sehr starker Nebel, wir konnten nicht mehr schiessen und warteten alle um ein Feuer versammelt. Plötzlich tauchte ein Mann aus dem Nebel auf. Er musterte mich eindringlich und sagte: ‹Oh ja, ich erkenne Sie! Ich habe gehört, dass Sie hier sind, und dachte, ich schau mal vorbei. Ich habe viele Ihrer Filme gesehen, aber derjenige, den ich am meisten mag, ist der, wo Sie in einem Raum stehen, Ihre Freundin befindet sich im Nebenraum, und draussen toben Feuergefechte. Sie sagten ein Gedicht auf, und ich dachte, wow, das ist nett von ihm, dass er das macht›. – Ich erinnere mich noch genau an diesen Moment, auch an den Film und wer damals, vor 20?Jahren, mitgespielt hat. Der Mann hinterliess einen gewaltigen Eindruck auf mich, denn ich realisierte, dass ich ein Teil eines Moments war beziehungsweise einen Moment erschaffen hatte, an den sich dieser Mann noch 20 Jahre später erinnerte. Das meinte ich mit dem Erschaffen eines Moments.» – James Stewart –
Es war einmal in Pennsylvania
Die Geburt von James Maitland Stewart am 20. Mai im verschlafenen Nest Indiana im Osten der USA erscheint im Vergleich der ereignisreichen Geschehnisse, die sich im Jahr 1908 quer über den Globus ergiessen, eher unspektakulär. James ist das älteste der drei Kinder von Elizabeth Ruth Johnson und Alexander Maitland Stewart und soll eines Tages den Eisenwarenladen seines Vaters übernehmen. Doch die Pianisten-Gene mütterlicherseits sind stärker als der Wunsch des Vaters, James zum nächsten Baumarktführer zu ernennen. Schon früh interessiert er sich für Musik und Schauspielerei, spielt Akkordeon, ist Mitglied der schulischen Theatergruppen und denkt nicht im Traum daran, ins Familienunternehmen einzusteigen. An den in ihren Augen fragwürdigen Karrierewünschen ihres ältesten Sohnes scheiden sich die Geister seiner Eltern. Während Mutter Elizabeth James’ Pläne unterstützt, sträubt sich das Familienoberhaupt Alexander mit Händen und Füssen dagegen.
Der Architekt, sein Akkordeon und ein Zufall
James macht an der Princetown University seinen Abschluss in Architektur, hat ein Stipendium im Sack, um nach Princetown zurückzukehren und seinen Master zu schreiben, und die Weichen für eine Architektenzukunft scheinen gestellt zu sein. Bis ihn ein Anruf seiner Freunde Josh Logan und Henry Fonda erreicht. Er soll bei ihrem Theaterprojekt mitmachen. Doch James ist nicht für eine Rolle vorgesehen, sondern dafür, in der Teestube, direkt neben dem Theater, Akkordeon für die Gäste spielen. «Ich blieb genau eine Nacht, weil sie meinten, mein Gedudel verderbe den Gästen den Appetit. Also bekam ich kleine Jobs als Requisiteur. Irgendwann erhielt ich eine sehr kleine Rolle am Broadway in New York, und für mich schien die Chance, etwas Klitzekleines am Broadway zu spielen, um ein Vielfaches faszinierender, als an die Uni zurückzukehren. Das ist sozusagen der Anfang, wie alles begann.»
Der Ruf der Traumfabrik
Als James 27?Jahre alt ist, winkt Hollywood. Hedda Hopper, eine Schauspielerin und ab den 1930er?Jahren bekannte und einflussreiche Gesellschaftskolumnistin in Hollywood, macht die Filmproduktions- und Filmverleihgesellschaft Metro-Goldwyn-Mayer, MGM, auf James aufmerksam. 1935 erhält er einen für damals typischen Siebenjahresvertrag. «Du spielst in New York winzige Rollen in grossen Filmen an der Seite von noch grösseren Stars wie Spencer Tracy, Joan Crawford oder Clark Gable und plötzlich hast du eine riesige Rolle in einem winzigen Film, aber in Hollywood. In der Zwischenzeit lernst du dein Handwerk während dem Schauspielern, und ich denke, dass das die einzige Art ist, wie man es lernen kann.» James dreht teilweise gleichzeitig mehrere Filme, und für Hollywoods Studio-Bosse scheint es das Normalste auf der Welt zu sein, die Schauspieler ad hoc von einem Set zu pflücken und in ein anderes zu verpflanzen. «In diesen Zeiten wurden wir von den Studios wie Baseballspieler getauscht. Das eine Studio brauchte dich für ein Skript, das andere dafür, dass du für einen Schauspieler einspringst. Es war hart, und ich musste jedes Mal von Neuem instruiert werden. Einmal tauschten sie mich aus für sieben Pferde, sieben Stunt-Pferde.»
Ein Stern erstrahlt
Magische Momente auf der Kinoleinwand zu erzeugen, sind die Markenzeichen von James Stewart, und wie kein anderer verkörpert er mit seiner jungenhaften und positiven Ausstrahlung den liebenswerten, etwas chaotischen «guten Jungen von nebenan», der sich mit den Achterbahnfahrten des täglichen Lebens auseinandersetzt. In fünf Jahren dreht James haufenweise zeittypische Komödien und Revuefilme wie «Dünner Mann», «Seine Sekretärin», und als er 1938 seine Zusammenarbeit mit dem Star-Regisseur Frank Capra startet, wird das sein Durchbruch. Der Film «Lebenskünstler», in dem James die Hauptrolle spielt, erhält einen Oscar als Bester Film und ist auch kommerziell ein voller Erfolg. Im Klassiker «Mr.?Smith geht nach Washington», in dem er als naiv verträumter Senator zu sehen ist, der wie Don Quixote gegen Windmühlen kämpft und unbeirrt an das Gute glaubt, gelingt ihm der endgültige Durchbruch. Im gleichen Jahr spielt er das erste Mal im Western «Der grosse Bluff» und an der Seite von Marlene Dietrich. 1941 wird er mit einem Oscar für seine Rolle in «Die Nacht vor der Hochzeit» ausgezeichnet. James Stewart, der Junge aus dem langweiligen Kaff im Osten, hat die Spitze der Hollywood-Elite erobert.
Der Star der US Air Force
Auch ausserhalb der Filmsets glaubt James an das Gute und vor allem an sein Vaterland Amerika. James verdient 3000?US-Dollar die Woche, was damals verglichen mit heute einem Wert von circa 50’700 US-Dollar entspräche, und meldet sich 1941 freiwillig in den Dienst der US-Armee, wo er im Zweiten Weltkrieg seine etwas andere und beachtliche Karriere als Bomberpilot bei den United States Army Air Forces startet. 1944 nimmt er als Operationsoffizier an 20?Feindflügen teil und fliegt mit seiner Boeing 24 «Liberator» Einsätze gegen deutsche Städte. Hochdekoriert mit Militärorden kehrt James zurück nach Amerika und bleibt bis Ende der 1960er Jahre Reserveoffizier der US Air Force. Als er seine Militärkarriere Ende der 1960er Jahre beendet, hat er den Rang eines Brigadegenerals und ist der ranghöchste Hollywood-Star bei den amerikanischen Streitkräften.
Guter Junge, böser Junge
Die Wahrnehmung der Welt hat sich allgemein verdunkelt und verdüstert, was sich auch zunehmend auf die Rollen von James Stewart auswirkt, in denen er zum Erstaunen des Publikums plötzlich als Dreifachmörder oder Bösewicht zu sehen ist. In seinem ersten Film nach dem Kriegseinsatz spielt er in «Ist das Leben nicht schön?» einen potentiellen Selbstmordkandidaten, der sich verzweifelt von einer Brücke stürzen will und dabei von einem Engel gerettet werden soll, der jedoch nicht schwimmen kann und so der Brückenspringer den Engel rettet. Der Film, der seit Jahrzehnten zum amerikanischen TV-unsterblich-Weihnachtsprogramm gehört wie «Drei Nüsse für Aschenbrödel» oder «Kevin allein in New York» in Europa und der zu James Stewarts Lieblingsfilmen zählt, ist ein Flop. In den 1950er Jahren befindet sich James auf dem Zenit seiner Karriere und ist der Liebling von Star-Regisseuren wie Alfred Hitchcock, Billy Wilder oder Anthony Mann. Wie kaum ein anderer seiner Berufskollegen meistert er bravourös seine Rollen in den verschiedensten Genres wie Komödie, Western oder Thriller und brilliert in Filmklassikern wie «Mein Freund Harvey», «Nackte Gewalt», «Die Glenn Miller Story», «Das Fenster zum Hof», «Vertigo – Aus dem Reich der Toten», «Der Mann, der zu viel wusste», «Lindbergh – Mein Flug über den Ozean», «Der Mann, der Liberty Valance erschoss», «Mr.?Hobbs macht Ferien» oder «Meine Braut ist übersinnlich».
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