
Mehr als Champagner
- 30. November 2016
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Unter Kennern gilt die ebenso elegante wie komplexe Grande Cuvée aus dem Hause Krug als einer der zuverlässigsten und lagerfähigsten Non-Vintage-Champagner auf dem Markt. Zuletzt wurde in Rom deren mittlerweile 171.?Neuauflage vorgestellt. Rom, Campo de’ Fiori, an einem strahlenden Mittwochmorgen. Olivier Krug, seit 2009 in mittlerweile 6.?Generation Direktor der 1843 von seinem Urahn Joseph in Reims gegründeten Champagner-Maison, lehnt entspannt an einem Stehtischchen in der Café-Bar Obica. In der Hand hält er ein elegantes Kristallglas, dessen fein moussierender Inhalt in der milden Frühlingssonne in einem blassen, fast aristokratisch anmutenden Goldton funkelt.
«Der späte Vormittag ist die perfekte Zeit, um einen Champagner zu verkosten», erklärt Olivier zum Auftakt unseres Tastings, «dann sind die Geschmacksknospen am sensibelsten.» Das lassen wir uns natürlich nicht zweimal sagen.
In unserem Rücken, nur einen Steinwurf entfernt, liegt der altehrwürdige Palazzo Farnese mit der strengen Renaissancefassade nach Plänen Michelangelos – heute Sitz der französischen Botschaft. Auch dort dürfte bei besonderen Anlässen ab und an eine Flasche jenes legendären Elixiers, das da grade in unseren Gläsern perlt, geöffnet werden, gilt Krug doch als König der Champagner und Champagner der Könige.
Tatsächlich feiert die Grande Cuvée, Aushängeschild in Krugs exquisitem Portfolio, mit der zuletzt freigegebenen Charge bereits ihre 171.?Récréation, wie man das bei Krug gerne nennt. Für die Maison jedenfalls Grund genug, Journalisten aus der ganzen Welt an den Tiber einzuladen, um dort das jüngste Baby des Hauses im Rahmen des Krug World Festivals – eines multisensorischen Happenings rund um Food- und Musikpairings – offiziell vorzustellen.
Allerdings ist der Wein, den wir da gerade verkosten, noch viele Jahre von seinem Höhepunkt entfernt, macht aber auch in seiner Jugend mit einem saftigen Bukett von Krug-typischen Zitrusnoten und dezenten Röstaromen schon jede Menge Spass. Ein Traumwein vor einer Traumkulisse.
Viele «Krug Lovers», wie das Haus seine Fans nicht ohne Stolz nennt, ziehen die Grande Cuvée deshalb auch den Vintage- oder Einzellagenchampagnern wie Clos du Mesnil oder Clos d’Ambonnay vor. Die werden aber ohnehin nur in Spitzenjahren produziert und erzielen teilweise Preise von 2000?Euro und mehr – pro Flasche versteht sich. Aber selbst die Grande Cuvée liegt mittlerweile jenseits der 150-Euro-Marke. Dieser Preis ist allerdings nicht zuletzt der homöopathisch kleinen Produktionsmenge geschuldet – auch wenn Krug dazu offiziell keine Zahlen veröffentlicht.
Aber was macht die Weine von Krug nun so besonders, ja einzigartig? Im Unterschied zu vielen anderen Champagner-Häusern werden bei Krug die Trauben der einzelnen Rebparzellen, die in die Grande Cuvée oder den Vintage einfliessen, getrennt vinifiziert. Das heisst, selbst handtuchgrosse Plots werden separat ausgebaut, während bei den Giganten der Branche aus Kosten- und Logistikgründen schon mal Trauben mehrerer Parzellen zusammengefasst werden. Trotz des vergleichsweise geringen Outputs werden bei Krug so Jahr für Jahr rund 250 «vins clairs», also Basisweine, produziert, die bei Krug echten Terroircharakter haben und aus denen später die Cuvée entsteht oder die als Reserveweine eingelagert werden. Betriebswirtschaftlich betrachtet eigentlich der reine Wahnsinn.
Ausserdem gibt wohl kein anderes Champagner-Haus seinen Weinen mehr Zeit, um in Ruhe auf der Hefe zu reifen – bei den Vintages und Einzellagen teilweise ein Jahrzehnt und mehr, aber selbst bei der Grande Cuvée im Schnitt noch sieben bis acht Jahre. Damit haben die Weine genügend Zeit, jenen unverkennbaren Stil zu entwickeln, an dem Kenner ein Glas Krug selbst mit geschlossenen Augen erkennen und der sich wie ein roter Faden durch die gesamte Kollektion zieht. Das ist nicht zuletzt das Verdienst von Kellermeister Eric Lebel, der seit 18?Jahren die Geschicke der Maison Krug lenkt. Unter seiner Ägide hat sich auch die Informationspolitik des Hauses grundlegend gewandelt. Wurden Fragen nach der Zusammensetzung der Cuvée oder anderen «Interna» früher oft schlicht ignoriert, gibt man sich bei Krug mittlerweile ungewohnt offen. Und das nicht zuletzt deshalb, weil das Team um Lebel sehr genau weiss: Krug-Champagner zu kopieren, ist schlicht unmöglich. Warum sein Geheimnis also nicht mit der Welt teilen? Santé!
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