
Mediterrane Wohnträume
- 14. August 2018
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Mit seinen luxuriösen Villen sorgt der auf Mallorca ansässige Architekt Osvaldo Luppi für Aufsehen weit über die Landesgrenzen hinaus. Klare Linien und das Weglassen des Entbehrlichen zugunsten des Notwendigen sind die Quintessenz seiner Projekte, für die der gebürtige Argentinier bereits zahlreiche Auszeichnungen entgegennehmen konnte.
Osvaldo Luppi ist wohl das, was man von Grund auf kosmopolitisch nennen kann. 1974 in Buenos Aires, der Stadt des multinationalen Erbes schlechthin, geboren, führte ihn sein Lebensweg nach dem Studium zuerst für ein Jahr nach Japan, bevor er sich 2003 auf Mallorca niederliess. Seit 2008 mit eigenem Architekturbüro auf der Balearen-Insel, realisiert er Wohnträume, die von einer 1000 m² grossen Villa bis hin zur Sanierung von Altstadtwohnungen reichen. Nachhaltigkeit, mediterranes Lebensgefühl und eine atemberaubend klare Formsprache verleihen seinen Entwürfen eine unverwechselbare Persönlichkeit. Die von Osvaldo Luppi entworfenen Projekte wurden – unter anderem – wiederholt mit dem Mallorca-Architekturpreis ausgezeichnet und in zahlreichen Büchern und Architekturzeitschriften besprochen.
Osvaldo, können Sie sich an Ihre erste bewusste Auseinandersetzung mit der Architektur erinnern?
Architektur ist eine Manifestation – vielleicht die greifbarste – unseres Impulses als Spezies, sich Welten vorzustellen, die es nicht gibt. Ich habe ein Bild aus meiner frühen Kindheit, als ich nachts von der Stadt Buenos Aires zur Küste fuhr. Wenn ich die weiten Ebenen der Pampa überquerte, sah ich hin und wieder ein kleines, hell erleuchtetes Haus mitten im dunkelsten «Nirgendwo», und ich versuchte mir vorzustellen, wie es wäre, dort zu leben. Dieser Akt, mir etwas so anderes vorzustellen als mein Leben in der Stadt, war ein architektonischer Gedanke.
Was macht die Architektur Ihrer Heimatstadt Buenos Aires aus?
Buenos Aires ist eine Stadt, die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert ihre europäische Einwanderungsidentität aufgebaut hat. Italiener und Spanier sind in der Mehrheit, aber auch Engländer, Polen und Deutsche haben die physische Realität der Stadt geprägt. Die Architektur von Buenos Aires ist eine Mischung von Stilen. Es handelt sich dabei um eine Kultur, die von den verschiedenen Kulturen geprägt ist.
Sie sind in Argentinien geboren, haben in Japan gelebt und besitzen heute auf Mallorca Ihr eigenes Architekturbüro. In welcher Weise haben Sie die verschiedenen Orte geprägt?
Meine Ausbildung in Argentinien gab mir Aufgeschlossenheit und Vorurteilslosigkeit, da ich nicht auf ein starkes traditionelles Erbe achten musste. Aus diesen Jahren stammt auch meine Erfahrung im Unterrichten, wo ich mein Wissen über die architektonische Disziplin vertiefen und hinterfragen konnte. All das führte dazu, eine für mich wichtige Reise zu unternehmen, die mich ein Jahr nach Japan führte. In Japan waren für mich die handwerkliche Arbeit – besonders mit Holz – und die Strenge des Details sehr interessant. Spanien im Allgemeinen und die Insel Mallorca im Besonderen haben mir die Möglichkeit gegeben, meine Vorstellung von Raum, kraftvoller Form und Zeitlosigkeit auszudrücken. Was mir an dieser Insel neben der physischen Umgebung gefällt, ist die Möglichkeit, Menschen aus aller Welt zu treffen. Es ist eine sehr kosmopolitische Insel.
Ressourcen wie Wasser sind auf Inseln begrenzt und ökologische Aspekte ein wichtiges Thema …
Ja, die Architektur der klaren und präzisen Linien ist mit dem Konzept der Nachhaltigkeit verbunden. Wenn Sie mit einer Umgebung konfrontiert sind, in der das Wasser knapp ist, ist es wichtig, dass das Grundstück ausserhalb des Gebäudes die Charakteristik der Natur des Landes widerspiegelt. Die Auswahl autochthoner Pflanzenarten, die wenig Pflege benötigen, und die Gewährleistung, dass das Bewässerungswasser aus der Sammlung der Regenfälle stammt, ist etwas, das ich in all meinen Projekten integriere.
Die charakteristische Formensprache Ihrer Architektur sind klare Linien. Woher kommt diese Liebe zur Klarheit?
Sowohl in der Architektur als auch im Leben selbst ist es das Wichtigste – und Schwierigste zugleich –, das Notwendige und das Entbehrliche zu unterscheiden. Die Schönheit der Architektur erscheint, wenn man Letzteres weglässt.
In den letzten Jahren wurden Ihre Arbeiten oft nominiert und ausgezeichnet. Was bedeutet Ihrer Meinung nach «gute Architektur»?
Richard Meier sagte, dass gute Architektur eine transformative Erfahrung ist, und ich stimme dem absolut zu. Abgesehen von subjektiven Urteilen muss die Architektur die Sinne der Menschen anregen. Das schlimmste Ergebnis für ein Gebäude ist das Gefühl der Gleichgültigkeit.
Neben dem Bau von Villen widmen Sie sich auch der Sanierung von bereits Bestehendem. Welche Philosophie verfolgen Sie auf diesem Gebiet?
Bei einer Arbeit an einem bestehenden Objekt mit hohem architektonischen Wert sollte nach einem Dialog mit dem Gebäude gesucht werden. Betrifft es ein Gebäude ohne architektonischen Wert, ist es auch interessant, weil es mir erlaubt, einen Charakter zu enthüllen, der in diesem Gebäude vielleicht bis dahin verborgen war.
Ihr «M3 House» wurde kürzlich ausgezeichnet. Können Sie mir mehr über dieses Projekt erzählen?
Der mediterrane Innenhof ist der Inbegriff des häuslichen Lebensraums. Das «M3 House», das sich auf einem Grundstück mit sehr engen seitlichen Nachbarn befindet, ist von den Rändern nach innen erhöht und lebt von der Terrasse bis zum Rest des Hauses. Zentral sind hier auch die Klarheit des Entwurfs auf programmatischer Ebene und die Verwendung von natürlichen und lokalen Materialien für den Bau.
Architektur ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Disziplinen – welche davon ist Ihnen die liebste?
Alle Aspekte der Architektur sind für mich gleichermassen anregend. Von der Ideenfindung über die Entwicklung von Projekten, die Verhandlung mit Kunden und Auftragnehmern bis hin zur Realisierung. Es ist eine Disziplin, die sich ständig zwischen dem Immateriellen und dem Materiellen, den Ideen und dem Realen bewegt. Zu wissen, wie man in dieser Dichotomie navigiert, ist der schwierigste und zugleich anregendste Teil dieses Berufes.
Gibt es Architekten oder Künstler, die Ihre Arbeit beeinflussen?
Abgesehen von den grossen Meistern der modernen Architektur habe ich versucht, mich nicht von einem bestimmten Architekten beeinflussen zu lassen. Bildhauer wie Oteiza, Filmemacher wie Fritz Lang oder Komponisten wie Philip Glass können mehr Architektur hervorrufen als ein Gebäude. Dasselbe gilt für die Literatur: Borges beschreibt Universen, die aus dem Verstand eines Architekten zu kommen scheinen, und wenn man sie sich einmal vorstellt, werden sie nie aus dem Kopf gelöscht.
Was würden Sie gerne bauen, wenn Geld keine Rolle spielen würde?
Ich würde gerne ein Gebäude entwerfen, zu dem Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln. Ein Gebäude für alle und jeden, in denen verschiedene Generationen die Einrichtungen verantwortungsvoll und kreativ nutzen können.
„Zitate“
«Das schlimmste Ergebnis für ein Gebäude ist das Gefühl der Gleichgültigkeit.»
«Bildhauer wie Oteiza, Filmemacher wie Fritz Lang oder Komponisten wie Philip Glass können mehr Architektur hervorrufen als ein Gebäude.»
Osvaldo Luppi
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