Luxus fürs Depot?
- 25. Mai 2016
- 0 comments
- typo2wp
- Posted in Finance
Klangvolle Namen aus der Luxusbranche haben bei Privatanlegern einen Vorteil: Die Marken sind bekannt, die Produkte für viele begehrenswert. Doch ein Blick auf die Aktienkurse zeigt, dass Top-Marken nicht immer auch Top-Investments sind. Eine zentrale Regel für Privatanleger sei vorab erwähnt: «Niemals sollten sich Anleger bei der Auswahl von Luxusaktien ausschliesslich auf ihren persönlichen Geschmack verlassen», sagt Scilla Huang Sun, Fondsmanagerin des Julius Baer Luxury Brands Fund (WKN A0NCNT). Sie legte den Fonds mit einem derzeitigen Volumen von etwa 280?Millionen Euro im Auftrag des GAM Investment Managements im Januar 2008 in Zürich auf und managt diesen seitdem. Davor arbeitete die 50-Jährige sieben Jahre in ähnlicher Position bei der Credit Suisse in Zürich. Insgesamt verfügt sie über 15?Jahre Erfahrung im Luxussegment.
Luxusgüterkonzerne
Schmuck- und Taschenhersteller wie der US-amerikanische Tiffany?&?Co., der französische Hermès oder der schweizerische Luxusgütergüterkonzern Richemont, der unter seinem Dach Uhrenbrands wie Cartier, A.?Lange?& Söhne, Baume?&?Mercier oder IWC vereint, locken Privatinvestoren nicht zuletzt mit ihrem glamourösen Image. Natürlich dürfen persönliche, positive wie negative Produkterfahrungen in Investmententscheidungen einfliessen. Anleger sollten aber gemäss Huang Sun ihre Aktienkäufe vorwiegend nach rationalen Kriterien auswählen. Doch was heisst das konkret? Dazu gehören zunächst einmal die Zahlen aus den Bilanzen: Umsatz, Gewinn und der häufig zitierte Cashflow als Massstab für die Liquiditätskraft eines Unternehmens. Dann geht es aber vor allem um Fragen wie: Wie viele Shops hat das Unternehmen eröffnet? Und falls nicht, warum? Wie hat sich das Unternehmen hinsichtlich E-Commerce aufgestellt? Auf welche Wege spricht es jüngere Zielgruppen wie die Millennials, also die nach 1985 Geborenen, an? Klar ist aber auch: Bei Aktien gut geführter Unternehmen sind die guten Daten in die Kurse eingepreist, sie sind meist hoch bewertet und damit teuer. Den Preis einer Aktie bewertet das Kurs-Gewinn-Verhältnis, je niedriger es ist, desto günstiger ist die Aktie.
Vorortrecherche
Für Huang Sun sei neben nüchternen Zahlen aber auch der persönliche Eindruck, den sie über Jahre von einem Unternehmen gewonnen hat, wichtig, beispielsweise «ob die Marken mit der Zeit gehen». So habe Burberry ihrer Meinung nach zum Beispiel sehr früh das Potenzial des E-Commerce und der digitalen Welt erkannt und es in der Firmenstrategie umgesetzt. Auf ihren Reisen besucht die Analystin gerne auch die Shops der Unternehmen, deren Aktien sie im Fonds hält, und fragt bei den Verkäufern nach, wie das Geschäft läuft. «Mit der Zeit lernt man die Antworten richtig zu interpretieren», erläutert die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin. Antwortet der Verkäufer etwa «ist okay», dann heisst das übersetzt «nicht so gut», sagt er oder sie sogar «es ist ruhig», so heisst das im Klartext, dass das Geschäft «hundsmiserabel» läuft. Auch wie sich das Unternehmen im Netz präsentiert, spielt für sie eine Rolle. Huang Sun: «Ist die Website gut? Und gibt es sie in verschiedenen Sprachen?» Huang Sun selbst spricht Deutsch, Englisch, Französisch und Chinesisch.
Bottom-up-Strategie
Huang Sun verfolgt bei ihrem Fonds die sogenannte Bottom-up-Strategie («von unten nach oben»), das heisst, sie wählt Unternehmen aus, die sie genau untersucht. Erst im zweiten Schritt betrachtet sie volkswirtschaftliche Gesamtdaten, Branchenentwicklungen und einzelne Märkte oder Regionen. So sind für den Luxusmarkt derzeit beispielsweise die Kaufkraft der Chinesen und deren Reiseverhalten wichtig, da sie während ihrer Reisen in Europa Luxusmarken günstiger als zuhause kaufen können und dies auch gerne tun. Ihr Anteil am Luxuskonsum beträgt weltweit 31?Prozent. Insgesamt kommen 70?Prozent des Wachstums im Luxussegment aus den Schwellenländern, vor allem aus China, aber auch aus dem Mittleren Osten.
Die stärksten Positionen hält der Julius Baer Luxury Brands Fund derzeit in Hermès, Estée Lauder, Nike, Tiffany?&?Co. und Swatch Group. Interessanterweise sind mit Nike und Swatch auch zwei Unternehmen vertreten, die der Kategorie des sogenannten «affordable luxury» angehören, also globale Marken, die qualitativ hochwertig, aber nicht Top-Luxus sind. Insbesondere die Aktie des Sportartikelherstellers Nike und der Kosmetikfirma Estée Lauder konnten über die vergangenen fünf Jahre sehr gute Zuwächse verbuchen, die Kurse von Swatch und Tiffany verliefen im Börsenjargon eher seitwärts.
Branchenübergreifend investieren
Im Sinne der Diversifikation, also einer vernünftigen Verteilung des Investments, um Risiken zu vermeiden, sollten Privatanleger nie nur in ein Segment wie Luxus investieren (oder gar nur in eine einzelne Aktie), sondern ihr Geld auf mehrere Einzeltitel und Branchen verteilen. Eine Faustregel besagt, dass Anleger, die nicht in Fonds investieren wollen, mindestens 15 verschiedene Aktien aus unterschiedlichen Branchen für ein diversifiziertes Aktienportfolio benötigen. Je nach Depot- und Handelskosten ist dafür selbst bei einem günstigen Onlinebroker ein Mindestkapital von 15’000 Euro zu veranschlagen.
Wer sich selbst nicht um die Analyse von Einzelaktien kümmern möchte, der kann sein Geld bequem, beispielsweise monatlich per Sparplan, in Fonds investieren. Bei dem einzigen Indexfonds (engl. Exchange Traded Funds oder kurz ETF) im Segment Luxus, dem Amundi ETF S?&P Global Luxury Ucits ETF (WKN A0REJ4) mit einem Fondsvolumen von gerade mal 14?Millionen Euro, betragen die laufenden Kosten jährlich 0,25?Prozent von der Anlagesumme, ein Ausgabeaufschlag wird nicht erhoben. Bei aktiv gemanagten Fonds fallen dagegen deutlich höhere Gebühren an. Bei besagtem Julius Baer Luxury Brands beträgt der Ausgabeaufschlag bis zu fünf Prozent, dazu kommen laufende Kosten von 2,05?Prozent pro Jahr. Der Ausgabeaufschlag lässt sich beim Kauf über einen Fondsdiscounter vermeiden, um die laufenden Kosten kommt der Anleger aber nicht herum. Das ist in der Branche zwar üblich, aber genau diese Gebühren schmälern den Wertzuwachs oder erhöhen schlimmstenfalls Verluste. Aktiv gemanagte Fonds sind damit in gewissem Sinn vor allem eins: Luxus.
Comments are closed.