
Landschaften aus Farbe
- 30. Juni 2016
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Ian Davenport gehört zu den berühmtesten Künstlern der Generation der Young British Artists. Seit Jahren arbeitet er mit Spritze, Farbe und Schwerkraft. Farben spielen in seinem Werk die tragende Rolle. Die Energien, die sich durch Kombinationen verschiedener Farbtöne wecken lassen, fühlbar zu machen, ist seine Intention. Über eine Kanüle trägt der britische Künstler Farbe auf eine schrägstehende Fläche auf und erschafft so Bilder aus farbigen Streifen, die faszinieren. PRESTIGE traf Ian Davenport im Kaufhaus «Jelmoli» in Zürich, dessen Fassade er während Restaurationsarbeiten mit seiner Kunst verdeckt.
PRESTIGE: Herr Davenport, wie kann man Ihre Kunst beschreiben?
Ian Davenport: Im Prinzip habe ich eine Spritze und nutze die Schwerkraft, um Farben in Linien ein Brett herunterlaufen zu lassen. Die Farbe gerinnt und bildet am Ende Pfützen. Das macht die Bilder interessant. Um ehrlich zu sein, klingt das recht bescheiden, bildlich ist es aber grossartig, da seltsame Dinge mit der Farbe passieren: die Art, wie die Linien miteinander interagieren, und die Wahrnehmung der Gravitation. Ich glaube, die meisten Menschen haben Streifen gesehen, aber die wenigsten haben Streifen gesehen, die in einer gewissen Art verschwinden und verschmelzen. Das scheint viele Menschen zu verzaubern. Mir gefällt die Idee von Wasserfällen aus Farben, die am Ende verschmelzen. Die Streifen sind choreographiert und orchestriert, wie man es von Musik kennt. Es gibt Muster und Rhythmen, die wiederholt werden und schliesslich eine Komposition bilden.
Ihre aktuellen Bilder sind sehr farbenfroh? Was bedeutet Farbe für Sie?
Ich glaube, dass wir biologisch dazu programmiert sind, von vibrierenden Farben angezogen zu werden. Das liegt in unserer DNA. Es schwingt etwas Unfassbares bei Farben mit. Ein Bild sieht am Morgen anders aus als am Abend. Und es liegt etwas Aussergewöhnliches darin, wie wir die Welt sehen. Farben ziehen mich an, wie etwas Glänzendes die Elster anzieht.
Wie kamen Sie zu Ihren farbenfrohen Streifen?
Es hat ziemlich lange Zeit gebraucht, bis ich mich mit Farben wohlgefühlt habe. Meine frühen Bilder hatten meist eine gedeckte Farbpalette und mit vier oder fünf hellen Farben als Kontrast: alles ziemlich einfach. Doch ich hatte grosse Probleme mit dieser Art Darstellung. Ich versuchte damals, die Wirkungen zu bestimmen. Das macht jenes und das erzeugt dieses. Doch dann verstand ich, dass ich es einfach geschehen lassen muss, dass ich mich überraschen lassen muss. Ich musste lernen, dass Wirkung nicht festzulegen ist. Man setzt zwei Farben nebeneinander und es passiert etwas anderes, das man nicht vorhergesehen hat. Am Anfang hat mich das verrückt gemacht und heute denke ich mir, das ist wunderbar.
Früher haben Sie sich von Dingen inspirieren lassen, die Sie gesehen haben. Ein Taxi oder ein Vorhang. Ist das heute noch immer so?
Im Laufe der Jahre wurde mein Farbgefühl beim Malen etwas vorhersagbar, doch ich wollte mich wieder überraschen können. So habe ich angefangen, Sujets für meine Bilder zu suchen, und kam auf Künstler, die mir gefallen wie van Gogh, Holbein oder Matisse…
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