
Kupfer-Car
von Anka Refghi
- 15. Juni 2017
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Der Schritt vom Zeichentisch auf die Strasse ist nicht jedem Concept Car vergönnt. Anders beim legendären Mercer-Cobra Roadster 1965, der von niemand Geringerem als dem legendären Automobildesigner Virgil Max Exner entworfen und für die amerikanische Kupferlobby realisiert wurde.
Alles stand unter dem Zeichen des Neuanfangs. Der Zweite Weltkrieg war überstanden, und auch in der Automobilbranche herrschte ein frischer Ingenieursgeist, der zahlreiche neue Ideen hervorbrachte. Dazu gehörten Automatikgetriebe ebenso wie Overhead-Ventil-Motoren oder auch kompakte Klimaanlagen, um dem neuen Anspruch an Luxus und Komfort gerecht zu werden. Aerodynamische Prinzipien und stromlinienförmige Konzepte lösten die klassische Formensprache der alten Automobile ab, und die Hersteller versuchten, sich mit ihren zuweilen futuristischen Show- und Konzeptautos gegenseitig den Rang abzulaufen.
Der Visionär
Und es war die Zeit des wohl bedeutendsten amerikanischen Automobildesigners Virgil Max «Ex» Exner, an dem in den 50er und 60er Jahren keiner vorbei kam. Nach Anstellungen bei Loewy und Studebaker war er Designchef von Chrysler, wo er die Marke massgeblich prägte. Sein Markenzeichen war die Heckflosse, der sich niemand so verschrieben hatte wie er, was ihm schliesslich auch den Namen «König der Heckflossen» einbrachte. Seine Entwürfe waren visionär und der damaligen Zeit weit voraus – wie auch der Chrysler 300, der im Jahre 1957 passenderweise mit dem Slogan «Und plötzlich ist 1960» beworben wurde.
Ein neues Kapitel
So sehr sein Blick während seiner beruflichen Laufbahn nach vorne gerichtet war, so sehr wendete er ihn in seinem Ruhestand zurück. Dabei galt sein Interesse Automobilmarken, die den Sprung nach der grossen Wirtschaftskrise nicht in die neue Zeit geschafft hatten. Auf dem Papier entwarf er seine Vorstellungen davon, wie die Automobile gestrauchelter Marken wie Bugatti, Stutz oder auch Duesenberg wohl in 50 oder auch 70 Jahren ausgesehen hätten. Sein Schaffen blieb nicht lange unentdeckt. Für die Dezemberausgabe des Magazins «Esquire» im Jahre 1963 bekam Exner den Auftrag vier seiner Designentwürfe detailliert auszuarbeiten, um aufzuzeigen, wie sich exklusives Automobildesign mit den neuesten Errungenschaften aus der modernen Technik kombinieren liesse. Unter seinen Designstudien befand sich ein Stutz Super Bearcat mit einer schiebbaren einziehbaren Dachplatte ebenso wie ein Duesenberg Dual Cowl Sport Phaeton, ein Packard Cabrio Victoria und eine moderne Interpretation eines Mercer Raceabout. Da auf dem Gebiet der Materialien ein Wechsel im Gange war, zog gerade Letzterer die Aufmerksamkeit des Präsidenten der amerikanischen Kupferlobby, George M. Hartley, auf sich, der in dem Roadster eine brillante Möglichkeit sah, der Automobilindustrie Kupfer als Werkstoff schmackhaft zu machen.
Zum Leben erweckt
Von der Kupferlobby finanziert, erweckte Virgil Exner zusammen mit seinem Sohn Virgil Exner jun. das spektakuläre Concept Car innerhalb nur eines Jahres zum Leben. Die Basis des Roadsters war das Chassis einer AC Cobra, die Exner von dem Turiner Karosseriebauer Sibona-Basano in Form hämmern liess. Das Besondere des Automobils war der spannende Materialmix, bei dem neben viel Kupfer auch andere, für die damalige Zeit noch exotische Werkstoffe eingesetzt wurden. Ganze elf verschiedene Materialien, Legierungen und Oberflächen wurden sowohl im Innen- als auch im Aussenbereich eingesetzt, um die Vielfalt von Kupfer und Messing als Alternative zum Chrom zu demonstrieren. Das Lenkrad, die Konsole und die Zierringe der Messinstrumente waren ebenso aus Kupfer wie die Bremsscheiben, von denen man sich, durch ihre vorzügliche Wärmeleitfähigkeit, eine aussergewöhnliche Leistung versprach. Eine ganz besondere Finesse aber waren die in den Flanken unter Kupferdeckel eingelassenen Scheinwerfer, die erst beim Starten des Motors ausgeklappt wurden. Das einzigartige Fahrzeug verfügte auf technischer Seite über einen V8-Motor, ein Viergang-Schaltgetriebe, Vierrad-Einzelradaufhängung mit Querblattfedern, Vierrad-Scheibenbremsen und einen Radstand von 108, während seine farbliche Erscheinung mit perlweissem Lack und seinen Texturen von Kupfer und Kupfer-basierten Materialien kaum dramatischer hätte sein können. Hinzu kam, dass das Projekt für Virgil Exner ein durchaus lohnendes Geschäft war. Die dem Mercer zugrunde liegende Cobra schlug lediglich mit einem Betrag von 2800 US-Dollar zu Buche und der Betrag für die Arbeit der «Carrozzeria Sibona-Basano» mit 10ʼ400 US-Dollar, während Exner den Roadster der Kupferlobby für stattliche 35ʼ000 US-Dollar verkaufte.
Für die «Copper Development Association» leistete der Roadster rund zehn Jahre lang rund um den Globus als Showcar gute Dienste, bevor der Wagen mit der Chassis-Nummer CSX2451 in den frühen 1970er Jahren von dem Concept-Car-Sammler Joe Bortz gekauft wurde. Spätere Besitzer waren Jim Southard, Al Wright und Tom Barrett ebenso wie ab 1989 die «Lyon Family Collection», bevor er im Jahre 2011 von RM Auctions für stolze 660ʼ000 US-Dollar versteigert wurde.
Fotos: Darin Schnabel © Courtesy of RM Sotheby’s
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