
Kunst als Gesellschaftskritik: General Idea
von Peter Baracchi | Foto Mai 36 Galerie
- 31. Januar 2019
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Die Mai 36 Galerie präsentiert neue Werke der kanadischen Künstlergruppe General Idea in einer weiteren Einzelausstellung. General Idea wurde 1969 von AA Bronson, Felix Partz und Jorge Zontal in Toronto gegründet und war bis Mitte der 1990er Jahre ein international aktives Künstlerkollektiv. Partz und Zontal verstarben 1994 an den Folgen von Aids.
Mit ihrer Medien- und Konzeptkunst erregte General Idea aufgrund des satirischen Umgangs mit gefundenen Formaten aus dem Kunstkontext beziehungsweise der Medien- und Konsumlandschaft und durch ihre Beteiligung an Punk, Queer Theory und Aids-Aktivismus seit den frühen 1970er Jahren internationale Aufmerksamkeit. Als Schlüsselfiguren der damaligen konzeptuellen Kunstszene schufen sie Arbeiten in verschiedenen Medien und Plattformen: Das breit angelegte Werk umfasst unteranderem Installationen, Objekte, Performances, Fotografien, Arbeiten auf Leinwand, Videos und Zeichnungen sowie Magazine, Multiples, Editionen, Postkarten, Poster und Tapeten. Performance spielte eine grosse Rolle in ihrer Arbeit, die Gruppe inszenierte zum Beispiel Schönheitswettbewerbe, Fernsehtalkshows, Messepavillons und ihre Arbeit nahm oft unkonventionelle Formen an. Als Pioniere der frühen konzeptuellen und medienspezifischen Kunst gilt die Gruppe als ein Vorbild für künstlerinitiierte Aktivitäten und hat bis heute Einfluss auf nachfolgende Generationen von bildenden Künstlern.
Die Ausstellung in der Mai 36 Galerie zeigt Werke aus verschiedenen Serien, unter anderem Great AIDS. In den 1980er und 1990er Jahren, als das Thema HIV/AIDS in der Gesellschaft tabu war, stand General Idea an der Spitze einer aktivistischen Kunstbewegung, die sich direkt mit dem Thema beschäftigte. Die daraus resultierenden Arbeiten markierten einen entscheidenden Punkt für ihr weiteres künstlerisches Schaffen. Ihre AIDS- und Imagevirus-Arbeiten sind eine Aneignung und Subversion von Robert Indianas Arbeit LOVE von 1966, wobei die Buchstaben L-O-V-E durch A-I-D-S ersetzt wurden. AIDS (1987-88), das in der Ausstellung zu sehen ist, ist ein Siebdruck von den Anfängen, als sich General Idea mit dem Thema zu befassen begann. Während ihres Deutschlandbesuchs 1991 pilgerten sie zu Robert Indianas Great LOVE im Ludwig Museum in Köln, das Inspiration für neue Serien werden sollte. Als erste Serie wurde im selben Jahr die Edition eines AIDS-Schals für die Deutsche AIDS-Stiftung lanciert, wobei LOVE erneut durch AIDS ersetzt wurde. Die in der Ausstellung präsentierte Serie Great AIDS vervollständigt die damals konzipierten Werkserien.
In zahlreichen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten zeugen die Werke somit in vielschichtigen Aspekten von einer Medien- und Gesellschaftskritik und befassen sich mit einem Thema, das bis heute Aktualität hat. Denn die AIDS-Pandemie ist auch im Jahr 2018 nicht gestoppt: Rund 40 Millionen Menschen leben aktuell weltweit mit HIV.
Zuletzt war die Ausstellung General Idea: Broken Time/Tiempo Partido im Museo Jumex in Mexico City und im MALBA in Buenos Aires zu sehen. Die National Gallery of Canada in Ottawa plant eine große Retrospektive für 2021. General Ideas Werke sind in den Sammlungen bedeutender Institutionen weltweit vertreten, darunter Museum of Modern Art und Whitney Museum of American Art in New York, Hirshhorn Museum and Sculpture Garden in Washington DC, National Gallery of Canada in Ottowa und Tate Gallery in London. Die Mai 36 Galerie zeigt General Idea seit 1988.
Die aktuelle Ausstellung von General Idea in der Mai 36 Galerie ist noch bis am 2. März 2019 zu sehen. Die Galerie ist Dienstag bis Freitag von 11 bis 18.30 Uhr und samstags von 11 bis 16 Uhr geöffnet.
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