Konzentrierte Kräuter Gin: Zur Renaissance einer Kult-Spirituose
- 25. Juli 2014
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Kein anderer Cocktail war in den USA der 1950er und 1960er so beliebt wie der Martini. Seine Rezeptur: so einfach wie genial. Gin und ein Schuss trockenen Wermuts werden – zusammen mit einigen Eiswürfeln – in den Cocktailmixer gefüllt. Dann wird, je nach Geschmack, geschüttelt oder gerührt. Dass der Wacholdergeist nun sein grosses Comeback feiert, verwundert kaum. Schliesslich handelt es sich bei – hochwertigem – Gin um ein äusserst facettenreiches Naturprodukt, das anderen Spirituosen-Klassikern wie Whisky oder Wodka locker das Wasser reichen kann.
Die Geschichte eines Wunderwassers
Die Wurzeln des Gins lassen sich nur schwer zurückverfolgen. Der britische Medizinhistoriker Richard Barnett hat es in seiner kleinen Kulturgeschichte des Gins trotzdem versucht und zeigt auf, dass es bereits im Orient des 8. und 9. Jahrhunderts Versuche gegeben haben soll, Mixturen aus Wacholderbeeren und anderen Kräutern herzustellen. Auch in den Alchemieküchen und Klosterbrennereien des Mittelalters wurde später ausgiebig mit Alkohol und Heilpflanzen aller Art experimentiert – natürlich oft mit eher ungewissem Ausgang.
Als eine Art Prototyp des Gins kann aber mit Fug und Recht der «Genever» bezeichnet werden, den sich einige holländische Mediziner und Apotheker gegen Ende des 16. Jahrhunderts als Arznei gegen Magen- und Nierenleiden zusammenbrauten. Der mit Wacholderbeeren und anderen Gewürzen angesetzte Brand avancierte dann jedoch schnell zu einem Massengetränk. Aufgrund seines hohen Alkoholgehalts erlangte seinerzeit die Trunkenheit eine ganz neue Qualität, die Kriminalitätsrate schellte in die Höhe. Über den Seeweg fand das Getränk dann seinen Weg auf die Britischen Inseln, von wo aus es schliesslich seinen Siegeszug in die Neue Welt antreten sollte.
Prohibition und amerikanische Barkultur
Verbote sind dazu da, um gebrochen zu werden. Und so wundert es kaum, dass der Gin in den USA erst mit der Prohibition so richtig sexy wurde. Das Getränk wurde schiffweise und in grossen Fässern über den Atlantik geschmuggelt, in versteckten Kellern und illegal betriebenen Schänken wurde masslos dem Alkohol gefrönt. Moderne Cocktail-Klassiker wie der Martini oder der Gin Tonic entstanden, bei denen der Gin mit Wermut, Tonic Water und aromatischen Bittern gemischt wird. Garniert wird klassischerweise mit Oliven, Pickles oder Zitronen. Die Martini-Dinners der 1960er-Jahre sind noch heute berüchtigt, in US-amerikanischen Serien wie «Mad Men» wird (allzu) wehmütig auf diese hedonistische Zeit zurückgeblickt.
Gin heute: besser und vielfältiger denn je
Während der Gin in den 1970er-Jahren etwas in Vergessenheit zu geraten drohte, erfährt er seit den späten 1980er-Jahren eine beständige Rehabilitierung. Zunächst war es die Marke «Bombay Saphire», die sich auf die guten alten Traditionen zurückbesann und mit ihren hellblau leuchtenden Flaschen bis heute einen grossen Wiedererkennungswert besitzt. Viele andere Destillerien schlossen sich an oder wurden neu gegründet, wobei sich die heutige Produktion keineswegs auf den britischen Raum beschränkt. Neben traditionsreichen Londoner Brennereien wie «Tanqueray», «Plymouth» oder «The London Gin» sind es zunehmend auch deutsche («Monkey 47»), französische («Citadelle») oder schweizerische («Xellent») Hersteller, die auf regionale Rohstoffe setzen und mittlerweile auch internationale Preise abräumen.
Auf die Verwendung qualitativ hochwertigen Alkohols und Wassers (Quell- oder Gletscherwasser) kommt es den Gin-Produzenten dabei ebenso an wie auf den Einsatz der richtigen Kräuter und Gewürze – jeder hat hier so sein kleines Geheimrezept. Die Bandbreite reicht hier – neben den obligatorischen Wacholderbeeren – von ausgewählten Orangen- und Zitronenschalen über Dill, Preiselbeeren oder Edelweissblüten bis hin zu Zimt, Kardamom oder Vanilleschoten. Zusammen mit einem guten Tonic Water und einer frischen Zitronenscheibe haben Sie bereits das perfekte Sommergetränk.