
Kämpfer gegen Billigstmedizin
- 23. September 2015
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Gesundheitskosten sind ein heiss umkämpftes Thema. Ein besonderer Dorn im Auge des Preisüberwachers sind die Medikamentenpreise und besonders die der Generika, den Nachfolgepräparaten mit patentfreien Wirkstoffen. Gerade diese sollten doch naturgemäss besonders günstig sein! Tatsächlich gingen die Preise von Generika im Vergleich zum Durchschnitt aller Länder in der Schweiz zu deutlich höheren Preisen an die Patienten. «Mit Generika kann pro Jahr rund eine Milliarde Franken zugunsten der sozialen Krankenversicherung eingespart werden. Wir sind doch eigentlich die Good Guys», kontert Peter Huber, Geschäftsführer von Intergenerika, der Vereinigung der führenden Generikafirmen in der Schweiz. «Der Preisüberwacher übersieht, dass Arzneimittel mehr als nur ein Wirkstoff, also mehr als ein bitteres Pulver sind. Der Behandlungsprozess hört nämlich keineswegs mit der Wirkstoffauswahl auf, sondern beinhaltet viele weitere für den Therapieerfolg entscheidende Elemente wie anwendergerechte Darreichungsformen, adäquate Verpackungen, gezielte Informationen an die Patienten und Serviceleistungen zur Sicherung der Therapietreue.» Zudem seien die Dreisprachigkeit der Schweiz, das aufwendige Zulassungsprozedere, die kleine Marktgrösse und das hohe hiesige Lohnniveau kein Thema. «Die Medikamentenpreise sinken, die Kosten zulasten der Kassen sind seit Jahren praktisch stabil. Wer bei den Kostensenkungsmassnahmen reflexartig nur an die Arzneimittel denkt, schiesst aufs falsche Ziel.»
Kämpft hier David gegen Goliath? Peter Huber weiss sehr wohl, dass er sich mit mächtigen Gegnern anlegt. Sein Schreckensszenario ist ein Preissystem nach dem Billigstprinzip, bei dem die Patienten nur noch das jeweils billigste Medikament erstattet bekämen. Patienten könnten so nicht mehr frei
wählen.
Peter Huber weiss die Patienten, Ärzteschaft und Apotheker hinter sich. Repräsentative Umfragen belegen, dass auch diese direkt betroffenen Gruppen auf die Wahlfreiheit pochen. Unbeeindruckt davon arbeitet der Bundesrat an einem Festbetragssystem nach deutschem Vorbild. Für alle patentabgelaufenen Originalmedikamente und Generika mit demselben Wirkstoff würde dann nur noch ein fixer Maximalbetrag, der sogenannte Festbetrag, durch die Krankenkasse vergütet. Dieser Betrag würde sich nach heutiger Lesart am günstigsten Generikum orientieren. «Wir sind gegen Festbeträge», bleibt Peter Huber hart. Auch angesichts der emotional aufgeladenen Dauer-Debatte betrachtet der Intergenerika-Chef die Dinge differenziert. Er ist nicht grundsätzlich dagegen, dass auch die Patienten bei der Therapieentscheidung massvoll in die ökonomische Verantwortung miteinbezogen werden, und plädiert für die Beibehaltung des differenzierten Selbstbehaltes, bei dem der Patient die freie Wahl behält, aber auch den Preis im Auge behalten muss.
Die Zweifronten-Debatte geht weiter. Angesichts der Leichtfüssigkeit des fitten Mittfünfzigers kommt einem der Satz von Muhammad Ali in den Sinn: «Float like a butterfly, sting like a bee.» Peter Huber führt in der Tat stechende Argumente ins Feld.