King of Cocaine – Pablo Escobar
- 13. August 2013
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«Wie schreibst du einer Familie, der dein Vater dermassen grossen Schaden angerichtet hat? Was sagst du jungen Menschen, die durch ihn so grosses Leid erfahren haben? Wie beginnst du ein Gespräch mit jemandem, der einen so berechtigten Schmerz in sich trägt?» Sebastián Marroquín trägt ein schicksalhaftes Erbe und hat die Gene eines der mächtigsten und grausamsten Drogenbosse der Welt. Er ist der Sohn von «El Patr?n» Pablo Escobar. Es ist die Gier nach Geld und Macht, seine schon in früher Jugend ausgeprägte Neigung zu Gewalt sowie Brutalität und nicht die typische Geschichte, die von ärmlichen Verhältnissen und Entbehrungen erzählt, die Pablo Escobar zu dem machen, was er eines Tages sein wird. Die ungerecht aufgeteilten Reichtumsverhältnisse Kolumbiens feuern Escobars Skrupellosigkeit in der Durchsetzung seiner Ziele an. Als Pablo Escobar in einer mittelständischen Familie geboren wird, besitzen drei Prozent der Bevölkerung 97 Prozent der Ländereien und Rohstoffe des Landes, gehören ihnen Ölquellen, Bergminen, Kaffee- und Bananenplantagen.
Das weisse Gold
Als Mitte der 70er Jahre die Modedroge Kokain den «Marimba»-Marihuanahandel in Kolumbien ablöst, ist das gleichzeitig das «Sesam öffne dich» zu unvorstellbarem Reichtum. Escobar ist einer der Pioniere, die sofort reagieren und die märchenhaften Verdienstmöglichkeiten dieser Schatzkammer nutzen. Hemmungslos und rücksichtslos bedroht und besticht er die Behörden, schüchtert Gegner und Feinde ein und ist innerhalb kürzester Zeit der Kopf des Medellín-Kartells. Der von George Bush zum Staatsfeind Nummer 1 erklärte Drogenbaron, der seine Mätressen, wurde eine von ihnen schwanger, töten lässt, verkörpert noch etwas, das kein bisschen in diese blutgetränkte Welt passt. Er ist ein liebevoller Vater und Ehemann.
Der Apfel fällt manchmal weit vom Stamm
Zwölf Jahre nach dem Tod Escobars sind sein Sohn und seine Mutter Isabel Santos zum ersten Mal bereit, ihr Schweigen zu brechen und einem Reporterteam die wahre Geschichte des Mannes zu erzählen, der Kolumbien mit einer Welle der Gewalt zugeschüttet und die Bevölkerung gespalten hatte. Juan Manuel Escobar Henao hat seinen Namen in Sebastián Marroquín geändert. Es ist die einzige Möglichkeit, ein einigermassen normales Leben zu führen. Im Dezember 1993, als Sebastián 16 Jahre alt ist, wird sein Vater in Medellín auf dem Dach des Hauses, in dem er sich versteckt hält, von einem Heer Soldaten mit nur drei Schüssen niedergestreckt. «Was ich von meinem Vater gelernt habe? Ich habe auch viele schöne Dinge gelernt. Wenn ich überleben wollte, musste ich genau das Gegenteil von dem machen, was er getan hat. Wollte ich lieber sterben, musste ich nur in seine Fussstapfen treten. Es gab nichts, was wir nicht hatten. Mein Vater war süchtig und fast schon besessen davon, seine Familie zu verwöhnen und Geld zu verprassen.» Pablo Escobar fährt in riesige Reservate, um Elefanten, Nashörner, Gazellen, Zebras, Löwen und andere Tiere für seine Hacienda Nápoles, die er 1979 für 63 Millionen US-Dollar gekauft hatte, zu erwerben. Luxus und Überfluss prägen die Kindheit Sebastiáns, die in Escobars Goldenes Zeitalter fällt, als dieser seinen Zenit erreicht hat. Der Mann, der in Disneyland seinem Sohn zuliebe in die Bahnen steigt und dabei vor Angst tausend Tode stirbt, verdient an nur einem einzigen Tag 1,5 Millionen US-Dollar.
Der Kokain-König
Wie ein Schneesturm fegt das Kokain über die Gesellschaft, die es aufsaugt wie ein ausgedörrter Schwamm. Es gilt als etwas Glamouröses und setzt sich nicht nur einem Modetrend ähnlich in Kolumbien durch, sondern überflutet den gesamten Globus. Für Pablo Escobar hingegen ist es die einfachste Arbeit der Welt. «Er hatte sich im besten Hotel in Miami einquartiert und gleich vier Etagen gemietet. Für ihn waren es normale Arbeitstage, er verhandelte mit Kunden, leitete Meetings und empfing die mächtigsten amerikanischen Mafia-Bosse. Es war ganz einfach absurd, dass man ihm die Lügen über seine «seriösen» Geschäfte abkaufte. Unbehelligt reiste er in die USA ein und aus, mit Millionen von Dollars in seinen Koffern. Einmal kam er mit vier Millionen US-Dollar nach Hause, können Sie sich das vorstellen?»
Anfang der 80er Jahre thront Escobar an der Spitze seines Erfolgs. Er hat die Familie, von der er immer geträumt hat, und ist der Chef des Medellín-Kartells, das 80 Prozent des weltweiten Kokainhandels kontrolliert. Pablo Escobar ist einer der reichsten Männer Kolumbiens und laut «Forbes Magazine» im Jahr 1989 mit einem geschätzten Privatvermögen von 2,4 Milliarden Dollar der siebtreichste Mann der Welt.
Heiliger und Teufel
Einen Teil seines Reichtums verwendet Pablo Escobar dazu, den Ärmsten der Armen zu helfen, baut Anlagen für 50 Fussballplätze, Spitäler und vollendet sein ehrgeizigstes Projekt, als er 400 Häuser für Familien baut, die auf der städtischen Müllhalde leben. «Womit kann ein Mann, der offenbar die Formel fürs Geldmachen erfunden hat, sich noch beschäftigen? Wodurch konnte er noch mehr Macht erlangen? Ich glaube, das war der Moment, als er sich entschloss, in die Politik zu gehen und mit der Hilfe der Masse nach noch mehr Macht zu greifen.» Doch Pablo Escobars politische Ambitionen scheitern trotz Millionen und Beziehungen. Als die Gründer der von ihm bevorzugten Partei Nuevo Liberalismo, Rodrigo Lara Bonilla und Luis Carlos Galán, erfahren, um wen es sich beim spendablen Mitglied Pablo Escobar handelt, schliessen sie ihn aus der Partei aus. Auch sein danach folgender Versuch, in den Kongress gewählt zu werden, misslingt. Als Rodrigo Lara Bonilla zum Staatsanwalt gewählt wird, ordnet er in seinem Kampf gegen den Drogenhandel im März 1984 im grössten Kokainlabor in Tranquilandia die grösste Razzia ein, die es je gegeben hat. In wenigen Stunden verlieren Escobar und seine Komplizen ein Dutzend Flugzeuge und Hubschrauber und dazu 1,8 Tonnen Kokain im Wert von 200 Millionen US-Dollar. Am 30. März 1984, nur einen Monat später, wird Rodrigo Lara Bonilla im Dienst von Auftragskillern Escobars erschossen. «Es war, als hätte mein Vater den Verstand verloren. Er war bereit, seine Drogengeschäfte mit Blut zu besudeln.»
Hetzjagd
Für Pablo Escobar beginnt nach dem Mord an Bonilla ein Katz-und-Maus-Spiel mit den kolumbianischen Behörden, er findet Unterschlupf in Panama City bei General Noriega, dem er jedoch misstraut und befürchtet, dieser liefere ihn an die USA aus, die ihm auch auf den Fersen sind. Escobar und das Medellín-Kartell erhalten erbitterte Konkurrenz durch das Calí-Kartell, das ihnen das Kokaingeschäft streitig macht, und ein blutiger Krieg entbrennt.
Kolumbien wird in der Vernichtung Escobars von den USA unterstützt, die Agenten der Drogenfahndung, des CIA und sogar Einheiten der Delta Air Force nach Medellín entsenden. Die Familie Escobars und alle, die auch nur annähernd mit Escobar zu tun haben, werden zu militärischen Zielen erklärt. Kolumbien will Resultate sehen, koste es, was es wolle.
Über den Dächern von Medellín
«Mein Vater hielt sich in einem Haus versteckt, während wir in einem Hotel untergebracht waren. Er durfte nicht mit uns telefonieren, doch tat er es trotzdem. Entgegen seinen eigenen Sicherheitsregeln rief er uns täglich an, um zu wissen, ob es uns gut geht. Während unserem letzten Gespräch nahm er Bewegungen um das Haus wahr und sagte, er melde sich später noch mal. Er rief nicht mehr an. Als sie meinen Vater erschossen haben, stand ich vor der wichtigsten Entscheidung meines Lebens. Anders zu sein oder in die Fussstapfen meines Vaters zu treten.» Die Familie verlässt Kolumbien, ihre Freunde und Verwandten.
«Warum ich kein Drogenhändler geworden bin?», Sebastián lächelt: «Weil ich mit meinem Vater in einer Höhle hausen musste. Wir hatten Millionen von Dollars bei uns und starben fast vor Hunger, weil unsere Vorräte zu Ende gingen, wir uns aber nichts kaufen konnten, weil ein Polizeiposten auf der anderen Seite der Strasse war. In diesem Moment verstand ich, dass Drogengeld zu nichts zu gebrauchen ist. Wenn du dir nicht mal ein bisschen Reis kaufen kannst, sondern es nur in den Kamin stecken und damit heizen