
Immer wieder dasselbe Spiel
- 7. April 2015
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Krisen im Kapitalismus können sehr unterschiedlich sein. Die Bandbreite reicht von konjunkturellen Dellen bis hin zu grossen strukturellen Krisen. Diese werden fast immer von Blasen und anschliessenden Crashs begleitet. Dabei gibt es in der Geschichte überraschende Parallelen und die immer wieder gleichen fatalen Handlungsmechanismen. Die ungekrönte Queen der Tulpen protzte mit leuchtenden Farben: Ein tiefes Blau am Blütenboden, der Übergang glänzte in jungfräulichem Weiss und oben flackerte eine blutrote Flamme aus dem Blütenkelch. «Semper Augustus» tauften die Züchter ihr Wunderwerk. Unbeschreibliche 10’000 Gulden verlangten Händler im Januar des Jahres 1637 für eine «Semper Augustus» («Allzeit erhaben»). Mit diesem Geld hätte sich der Vertreter des holländischen Geldadels ein Stadthaus mit viel Stuck an einer der vornehmsten Grachten Amsterdams kaufen können. Er kaufte aber Tulpenzwiebeln. Wir befinden uns auf dem Gipfel des Tulpenwahns. Er gilt als die erste grosse und exemplarische Spekulationsblase in der Geschichte der Moderne. Voraussetzung war, wie später auch, ein holländischer Wunderlauf – ein unglaublicher ökonomischer Aufschwung. Holland war wenige Jahre zuvor noch spanische Kolonie, jetzt wetteiferte man mit England um den Platz auf dem Siegertreppchen im Welthandel. Die kastilische Kriegerkaste in Spanien hatte mit ihren Raubzügen in Lateinamerika viel Land und Gold erobert. Der Feudaladel in Spanien verprasste diese Reichtümer. In England und den Niederlanden entstand demgegenüber eine städtische, bürgerliche Schicht, die, besser auf den neuen globalen Welthandel eingestellt, produktiv agierte und damit auch reich wurde. Plötzlich interessierten aber nur noch Tulpenzwiebeln. Die Tulpe wurde zum Synonym für leicht verdientes Geld. Es gab Tulpen-Derivate, Anteilsscheine auf Tulpenzwiebeln und handelbare Bezugsrechte. Die unterschiedlichen, verschachtelten und oft intransparenten Produkte kennen wir auch heute noch. Warum sollte man noch einen Job im Warenkontor oder als Torfstecher ausüben, wenn man auch als Quereinsteiger hier schnelles Geld verdienen konnte? Die euphorischen psychologischen Verhaltensweisen, die damit einhergehen und keine Grenzen kennen, kommen uns noch heute bekannt vor.
Die Katastrophe nahm im Februar 1637 ihren Lauf: Bei einer Auktion in Haarlem konnte der Auktionator die geforderten Preise nicht erzielen und musste Abschläge hinnehmen. Diejenigen Investoren, die erst spät eingestiegen waren, fuhren nun plötzlich Verluste ein. Eine alte Börsenweisheit – «Greife nie in ein fallendes Messer» – bewahrheitete sich auf schreckliche Weise. Innerhalb von Tagen wurden Vermögenswerte vernichtet. Die Preise durchschlugen die Handelsböden.
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