
Heute an Morgen denken
von Wilma Fasola I Fotos: Jack Wolfskin
- 18. Februar 2019
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Laut Greenpeace ist die Mode-Industrie der grösste Umweltsünder weltweit. Doch wächst auch hier ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Gute Beispiele, schwarze Schafe und wann Kleidung nachhaltig ist. Nach diesem Artikel wissen Sie mehr.
Die Modeblogger haben Schuld. Punkt. Doch wenn es so simpel wäre, müsste man deren Berufsstand einfach verbieten. Fakt ist, die sogenannten Influencer haben das Problem nicht kleiner gemacht. Bis heute spielt das Thema Nachhaltigkeit in Sachen Mode leider noch eine sehr untergeordnete Rolle. Jedenfalls auf Kundenseite. So gaben jüngst in einer Studie die Befragten an, dass nachhaltige Aspekte wie eine sozial- und umweltverträgliche Produktion nur fünf von zehn überhaupt interessieren. Wichtiger sind immer noch Aussehen, Preis, Qualität und Haltbarkeit. Und eben Modeblogger. Besonders Frauen lassen sich davon beeinflussen, was sich so optisch vor allem auf Instagram oder privaten Blogs zeigt. Und das ist – mit derzeit im Vergleich noch sehr wenigen Ausnahmen – in den wenigsten Fällen nachhaltige Mode. Zum Glück gibt es dennoch Unternehmen, die über den Tellerrand und in die Zukunft schauen. Denn solange Kleidung Wegwerfware bleibt, solange nagt sie an der Lebensqualität jedes Einzelnen.
Draussen überlebt Kleidung länger
«Remade, reduced, recycled»-Philosophie, so nennen die Unternehmen es, wenn sie bei der Produktion ihrer Kleidung das Thema Nachhaltigkeit zu einem zentralen Punkt machen. Als Vorreiter gilt dabei vor allem die Outdoor-Industrie. Egal ob North Face, Jack Wolfskin, Mammut oder Icebreaker, alle kennen ihre Kunden und wissen, wer Outdoor-Aktivitäten liebt, der bringt auch ein entsprechendes Umweltbewusstsein mit sich. Daher wird viel geforscht, Zahlreiches ausprobiert und Nachhaltigkeit nicht als Versprechen in den Raum gestellt, welches man nicht einhalten kann. So bietet beispielsweise Jack Wolfskin mit der sogenannten «Texapore Ecosphere»-Technologie eine echte Innovation in Sachen Nachhaltigkeit. Die neu im Sortiment aufgenommenen Jacken bestehen aus 100 Prozent recycelter Membran, einem zu 100 Prozent recycelten Oberstoff und einem zu 100 Prozent recycelten Innenfutter. Und vor allem verzichtet man komplett auf PFC.
Materialien im Wandel
PFC oder, um es beim vollen Namen zu nennen, per- und polyfluorierte Chemikalien klingt nicht nur ätzend, sie sind wirklich alles andere als menschen- und umweltfreundlich. So wirken sie auf der einen Seite immun- und fruchtbarkeitsschädigend wie auch krebserregend auf den menschlichen Körper. Auf der anderen Seite lassen sie sich in Kläranlagen nicht abbauen und gelangen so quasi ungefiltert in unser Grundwasser. Und das bereits mit einer einfachen Wäsche. Dennoch gibt es bis heute leider kaum Alternativen mit den gleichen Eigenschaften. Denn was PFC kann, das braucht besonders ein Kleidungsstück, das für den Outdoor-Bereich taugen soll. PFC ist nämlich fett-, schmutz- und wasserabweisend – genau das, was es braucht, wenn man bei Wind und Wetter unterwegs ist. Bei Jack Wolfskin hat man nun einen optimalen Ersatz gefunden, bei anderen Firmen forscht man noch. Spricht darüber jedoch offen. So wird beispielsweise von Icebreaker kein Nachhaltigkeits-, sondern ein Transparenz-Bericht publiziert. Das neuseeländische Unternehmen informiert offen und ehrlich, was wo drin ist, wo produziert wird und wohin die Reise gehen soll. Dennoch ist man eben noch nicht zu hundert Prozent nachhaltig in Sachen Produktion, weil man beispielsweise noch nicht komplett auf PFC verzichten kann.
Die Outdoor-Industrie als Vorreiter
Fakt ist, die Sport- und Outdoor-Mode bemüht sich zusehends, immer besser in Sachen Nachhaltigkeit zu werden. Im Gegensatz zur kommerziellen Textilindustrie aber ist man auf einem guten Weg oder zumindest so weit, dass man ein Schulterklopfen verdient hat. Denn in Sachen Alltagskleidung produzieren vor allem die grossen Modeketten immer noch dort, wo sowohl Umweltauflagen wie auch Arbeitsrecht zwei Fremdwörter sind. Waren dies einst vor allem Indien, Bangladesch und Sri Lanka, sind es heute zunehmend Äthiopien, Haiti, Kambodscha und Myanmar, aus denen das 10-Franken-T-Shirt oder die 20-Franken-Hose stammen. Wissend, dass der Preis immer noch das ultimative Entscheidungskriterium ist, wird eben so kostengünstig produziert, wie es geht. Pauschal H&M, Zara, Mango, Adidas und Co. daraus einen Strick zu drehen, ist aber zu kurzsichtig gedacht. Sie erfüllen am Ende lediglich Kundenwünsche. Und solange der Kunde nicht bereit ist, für Nachhaltigkeit mehr auf den Tresen zu legen, wird sich wohl nichts gross ändern und wird es bei den genannten Marken eben mal die eine oder andere nachhaltige Kollektion ins Regal schaffen.
Alte Kleidung landet im Container
Paradoxerweise sind Menschen aber in Sachen Kleiderverwertung bereit, ihre Wegwerfmentalität zumindest auf Altkleidercontainer zu beschränken. So entsorgen heute schon mehr als acht von zehn Menschen ausgediente Kleidungsstücke in den bereitgestellten Sammelbehältern. Obwohl man ehrlicherweise gar nicht weiss, wohin die einstige Lieblingsjeans reisen wird. Bereits seit der Frühen Neuzeit besteht dieses Verfahren der Kleidersammlung und hat bis heute Konjunktur. Der Weg der alten Jeans verläuft jedoch je nach Organisation anders. Vieles geht ins Ausland und wird entweder weiterverkauft oder anderweitig ent- oder besser versorgt. «Upcycling» ist nämlich ein wichtiges Wort in Sachen Nachhaltigkeit. So lässt sich aus alten Kleidern tolles Neues zaubern: jedoch nur, wenn die Qualität stimmt. Denn dann muss oftmals gar nichts mehr passieren, als nur einen neuen Besitzer finden. Rund 60 Prozent des Sammelgutes in der Schweiz werden unverändert weitergegeben. 35 Prozent werden dem Wiederverwertungsprozess zugeführt.
Jeder kann nachhaltig sein
Nachhaltigkeit ist einfach ein schwer zu definierendes Feld. In Sachen Mode ein unmögliches. Die Details sind zu vielfältig, zu spezifisch. Und auch wenn man in der Outdoor-Branche den Trend erkannt hat, weil die Zielgruppe sensibilisiert ist, ist das nur ein erster Schritt. Lebensqualität ist kein Geschenk, es ist harte Arbeit. Und das bedeutet auch Kompromisse. In Sachen Kleidung daher einfach ein Wunsch, kein Muss. Stellen Sie sich die Fragen: Brauche ich das wirklich? Warum ist es so günstig? Und: Habe ich die Musse und auch das Verlangen, mir über die Herkunft Gedanken zu machen? Es geht um die Entscheidung jedes Einzelnen – und die ist kein Muss, sie ist ein Kann. Aber besser, das KANN man alles machen.
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