
Heimatkost in weiter Ferne
- 24. März 2020
- 0 comments
- Editorial Media Group AG
- Posted in CulinariumHighlight
Die mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Zwillingsbrüder Mathias und Thomas Sühring bilden ein exotisches und zugleich heimatliches Gespann. Im Restaurant «Sühring» im Herzen von Bangkok werden die besten Gerichte der modernen deutschen Küche präsentiert, die von Kindheitserinnerungen, Familienrezepten und jahrelanger Reiseerfahrung inspiriert sind und die Essenz traditioneller Gerichte mit zeitgenössischen mitteleuropäischen Einflüssen verbinden. Alles auf dem Niveau der Haute Cuisine.
PRESTIGE: Mathias und Thomas Sühring, Sie sind seit 2008 in Bangkok und führen seit 2013 Ihr eigenes Restaurant. Wie kam es dazu?
MATHIAS SÜHRING:Wir sind in Berlin aufgewachsen und haben uns damals entschlossen, Köche zu werden, was zu der Zeit noch kein angesagter Job war, denn es gab noch nicht viele Kochshows im Fernsehen. Wir haben uns dann nach der Ausbildung durchgearbeitet in die Michelin-Schiene und haben bei sehr guten Köchen in Deutschland und im Ausland gearbeitet. Ich habe in Holland gearbeitet, und Thomas war in Italien bei Heinz Beck.
THOMAS SÜHRING: Heinz Beck hatte damals ein Promotions-Kochen im «Lebua Hotel» in Bangkok, und wir haben dort einen Abend zusammen gekocht. Als wir dann wieder in Rom waren, rief mich das Management des Hotels an und fragte, ob ich der neue Küchenchef werden möchte. Da ich mir unsicher war, habe ich geantwortet, dass ich das nur mit meinem Bruder zusammen machen würde, und war sicher, dass das Management ablehnen würde. Aber kurz danach bekamen wir die Zusage und sind so in Bangkok gelandet. Am Anfang dachten wir natürlich, das wäre nur für ein oder zwei Jahre, aber nachdem wir uns an das Leben hier und die Mentalität gewöhnt hatten, wurde es immer länger.
Wie kam es dann dazu, dass Sie Ihr eigenes Restaurant eröffnet haben?
MATHIAS SÜHRING: Im Hotel ist man auch als Küchenchef ein Angestellter. Man hat zwar in der Küche das Sagen, aber keinen Einfluss darauf, wie die Speisen präsentiert werden, in welchem Ambiente und welcher Atmosphäre serviert wird. Nach sechs oder sieben Jahren hatten wir das Gefühl, dass wir hier das Maximale erreicht hatten, was wir erreichen konnten, und so kam die Idee, ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Mittlerweile kannten wir auch Lieferanten, Weinhändler und viele Gourmets der Stadt, sodass der Schritt nicht so schwer war.
Und die Idee, deutsche Küche zu servieren?
THOMAS SÜHRING: Die war nicht direkt da, die wurde uns eher von Freunden und Stammgästen ans Herz gelegt. Wir wollten ursprünglich eher eine breiter gestreute Küche anbieten mit europäischen Einflüssen – französisch, italienisch und deutsch –, halt etwas, das jeden anspricht, zumal die deutsche Küche ja auch nicht gerade als Gourmetküche international bekannt ist. Aber wir sind halt zwei Berliner in Bangkok, und so wuchs die Idee dann doch, uns auf deutsche Küche zu fokussieren. Und irgendwie hat uns das auch angespornt, dass selbst in Deutschland in der gehobenen Gastronomie wenig deutsch gekocht wird und wir auch in der Ausbildung mehr mit französischer Küche beschäftigt waren als mit der eigenen.
MATHIAS SÜHRING: Wir haben erst mal nachgeforscht und experimentiert und haben uns intensiv mit der Geschichte vieler Gerichte auseinandergesetzt. In Asien hat man oft das Bild von der Schweinshaxe mit Sauerkraut auf dem Oktoberfest im Kopf, wenn man an deutsche Küche denkt, und da wollten wir etwas gegensetzen.
THOMAS SÜHRING: Zudem war es für uns auch super spannend festzustellen, dass wir zu vielen Gerichten, die wir aus unserer Kindheit kennen, eine emotionale Bindung haben, die gerade im Ausland einen noch mehr motiviert, diese Speisen auch auf einem Spitzenlevel zu kochen und zu präsentieren.
Welches Publikum ist zu Gast im «Sühring»?
THOMAS SÜHRING: Als wir eröffnet haben, hatten wir keinerlei Werbung oder Promotion gemacht. Wir hatten das Glück, dass uns viele Leute kannten, in den sozialen Medien Werbung machten oder Bekannten und Freunden Bescheid gegeben hatten. Und so waren wir von Anfang an gut besucht. Zu Beginn bestand unser Publikum fast zu 100 Prozent aus einheimischen Thais. Deutsche Küche hat ja nicht so einen Bekanntheitsgrad, und das war vielleicht am Anfang noch etwas ungewohnt oder besser gesagt unbekannt für viele. Der Gedanke, am Abend «deutsch» essen zu gehen, löst da nicht so direkte Emotionen aus, als wenn man italienisch essen geht.
MATHIAS SÜHRING: Aber ich glaube, das war auch für uns ein zusätzlicher Ansporn. Ein gutes deutsches Brot mit Kräuterbutter oder ein Hamburger Labskaus so zu kreieren, dass es asiatischen Gourmets in Erinnerung bleibt und deutsche Küche mit einer neuen Emotion auszeichnet. Generell sind Asiaten sehr neugierig auf Deutschland.
THOMAS SÜHRING:Wir hatten aber auch schon deutsche Gäste, die nach dem Essen zu uns kamen und sagten, dass sie selbst in Deutschland noch nicht so gut deutsch gegessen hätten.
Gibt es Gerichte auf Ihrer Karte, die besonders beliebt sind?
MATHIAS SÜHRING: Es gibt immer Gerichte, die besser laufen als andere. Wir hatten zum Beispiel einmal ein Berliner Eisbein auf der Karte, das ja im Unterschied zur bayrischen Haxe nicht knusprig gegrillt ist. Das hat bei einigen Gästen für etwas Verwirrung gesorgt, da man eher die süddeutsche Version des «Pork Knuckle» gewohnt ist und dann überrascht war, wenn es keine Kruste gab. Das haben wir dann wieder geändert. Ansonsten gibt es ein paar Klassiker, wie den Labskaus, die wir durchgehend auf der Karte haben, und viele Gerichte, die saisonal wechseln. Wir bemühen uns auch immer wieder, neue Gerichte zu kreieren. Dazu servieren wir auch deutsche Weine von der Mosel und vom Rhein, die hier immer beliebter werden.
Auch Ihre Location ist aussergewöhnlich …
MATHIAS SÜHRING: Das Haus ist ja ursprünglich ein grosses Wohnhaus, und so gibt es keinen grossen Speisesaal, sondern verschiedene Orte, an denen gegessen wird. Wir haben hier einen Dining Room, dann den Wintergarten, den kleinen Living Room und die Bar an der Küche, an der man uns auch beim Kochen zusehen kann. Alles zusammen haben wir circa 60 Plätze.
Comments are closed.