Einer für alle
- 10. Juli 2012
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Äusserlich sehen alle Porsche-Panamera-Modelle praktisch gleich aus. Der grosse Unterschied ist unter der Motorhaube angesiedelt. PRESTIGE hat die neusten drei Motorisierungen auf Herz und Nieren getestet. Wiedersehen mit einem alten Freund. So könnte man es beschreiben, wenn wieder einmal ein Test mit einem Porsche Panamera ins Haus steht. Wir mochten den kleinen V6 und liebten den Turbo. Nun steht ein nigelnagelneuer Panamera Turbo S da und wartet auf den ersten Proberitt. Wie wenn die 500 Turbo-Pferdestärken nicht genug wären, haben die Techniker für den Turbo S noch einmal 50 zusätzliche aus dem 4,8-Liter-Motor herausgekitzelt. Damit erreicht der Zweitonner eine Spitzengeschwindigkeit von 306 Kilometern pro Stunde. Für den Sprint von null auf zweihundert benötigt er mit 12,9 Sekunden gerade mal eine Sekunde mehr als der Supersportler Carrera GT. Diese Werte können wir leider nicht überprüfen, denn unsere Fahrt führt über Schweizer Autobahnen nach Italien. Geht man bei Tempo 120 behutsam mit dem Gaspedal um, liegt der Verbrauch bei 8 Liter Superplus. Das ist erstaunlich für einen solch potenten Motor. Ebenso erstaunlich sind die Dimensionen des Panameras. Diese werden uns auf den engen Strässchen am Lago Maggiore bewusst. Entgegenkommende Lastwagen, Busse und Wohnwagen zwingen zum konstanten Einfädeln unter Zuhilfenahme der Seitenspiegel. Nur keine Kratzer machen in die lackierten Felgen! Der Panamera ist zwar flacher, dafür gleich breit und sogar länger als ein Cayenne. Damit hat er die gleichen Handicaps. Parkplätze sind fast immer zu schmal und Parkhäuser zu verwinkelt. Dafür passt auch mal ein Rennrad in den Kofferraum, ohne dass die Räder abmontiert werden müssen.
Ab in die Heimat
Am zweiten Tag gehts mit dem Turbo S nach Deutschland. Freude herrscht! Kaum sind wir auf der deutschen Autobahn, gibts kein Halten mehr. Endlich müssen wir das Gaspedal nicht mehr streicheln, sondern dürfen es bis zum Anschlag treten. Das Auto geht ab und lässt einfach alle und alles stehen. Es scheint, als werde ein Film zu schnell abgespielt. Der Fahrer kann sich nur noch darauf konzentrieren, wo er hinzielen will. Potenzielle Gegner sind nur langsam fahrende Autos, die zum Überholen eines noch langsameren Autos ansetzen. Bei Tempi jenseits von 250 wird der Bremsweg richtig lang. Kaum hat der Spass angefangen, stehen wir schon in Zuffenhausen. Da ist zwar die Heimat von Porsche, nicht aber das Werk, wo die Panameras produziert werden. Diese entstehen wie auch der Cayenne in Leipzig. Der nächste Testwagen steht schon bereit. Es darf diesmal der Panamera S Hybrid sein. Schlüssel rein, umdrehen, nichts geht. Kurz bevor wir einen nichtfunktionierenden Testwagen reklamieren, sehen wir auf dem Display, dass das Auto ja läuft.
Ein behutsamer Tritt aufs Gaspedal und schon fährt das Auto los. Ganz lautlos, ganz komisch, aber irgendwie magisch und schön. An der ersten Ampel reichen die 47 PS des Elektro-Motors schon nicht mehr und die 333 Benziner-Pferde müssen zu Hilfe kommen. Auf der Autobahn schaffen wir nun 8 Liter Verbrauch bei Tempo 230. Toll, ein Schritt in die richtige Richtung. Schnell fahren ist schön, elektrisch fahren noch schöner. So entwickelt man im Hybrid einen völlig neuen Sportsgeist. Die Herausforderung liegt auf einmal darin, möglichst viel zu segeln. So nennt Porsche das Fahren ohne Benzinmotor. Ist die Batterie geladen, kann das Gaspedal bis Tempo 165 gelupft und gesegelt werden. Übrigens: Wussten Sie, dass nicht die Japaner, sondern Porsche das Hybrid-Auto erfunden hat? Ferdinand Porsche konstruierte bereits 1900 für die Wiener k.u.k. Hofwagenfabrik Ludwig Lohner & Co. den Lohner Porsche «Semper Vivus». Dieser besass zwei Verbrennungsmotoren sowie elektrische Radnabenmotoren und konnte in einer Batterie Energie zwischenspeichern.
Diesel-Time
Im malerischen Zweiflingen ist Schluss mit Hybridfahren. Dort findet die Fahrvorstellung des Panamera Diesel statt. Im Roadbook steht eine rund zweistündige Route. Also nichts wie rein in den Selbstzünder. Beim Drehen des Zündschlüssels kommen wieder Zweifel auf. Haben die uns ein falsches Auto gegeben? Da nagelt ja gar nichts. Der tönt eher wie ein 911er. Porsche-Sound von einem Diesel? Ja, das gibts. Dafür haben die findigen Ingenieure eine extra Auspuffanlage geschaffen, um dem von Audi stammenden Motor Porsche-Gene einzuhauchen. Doch reichen die 250 PS aus dem Sechszylinder-Dreiliter-Aggregat, um den Panamera Diesel Porsche-like bewegen zu können?
Zu unserer Überraschung geht das Auto ab, wie wenn zwei Motoren unter der Haube wären. Kein Wunder, denn 550 Newtonmeter maximales Drehmoment sind sogar 50 mehr als im 400 PS starken Panamera S. Noch beeindruckender als die Fahrleistungen ist das Spar-Potential. Trotz sehr forscher Gangart schaffen wir es nicht, mehr als 6 Liter auf 100 Kilometer zu verbrauchen. Mit einer Tankfüllung sind bis zu 1200 Kilometer möglich. So wäre ein Nonstop-Trip von Berlin nach Bologna möglich. Das wäre auch für die Insassen kein grosses Problem. An diesem wunderschönen Dreifach-Panamera-Tag sass der Autor nicht weniger als neun Stunden hinter dem Steuer und durfte einmal mehr zum Fazit gelangen, dass dieser Porsche den ultimativen Reise-Granturismo darstellt.