Ein Abend bei Kevin Fehling
- 23. September 2016
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- Editorial Media Group AG
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Nur elf deutsche Köche werden vom Guide Michelin aktuell mit drei Sternen bewertet, darunter Kevin Fehling (39). Mit der spektakulären Neueröffnung seines Restaurants «The Table» hat der kulinarische Überflieger erneut bewiesen, dass er zu Recht als einer der kreativsten Küchenchefs der Republik gilt. So ganz sicher sind wir uns zunächst nicht, was in Kevin Fehlings «The Table» nun eigentlich im Mittelpunkt steht. Ist es die chromblitzende Kücheoder doch eher der geschwungene Tresen aus dunklem Kirschbaumholz, an dem hier Abend für Abend maximal 20 Gäste auf bequemen Lederdrehsesseln Platz finden?
Neudeutsch wird dies gerne als Community Table bezeichnet, ist in Wahrheit aber eher eine Reminiszenz an die vor allem im 19. und frühen 20. Jahrhundert populäre Table d’hôte: ein gemeinsamer Tisch für alle Gäste, an dem ein einheitliches Menü serviert wird.
Neuinterpretierte Klassiker
Was Superstars wie Caesar Ramirez oder Joël Robuchon mit ihrem «Thekenkonzept» schon seit einigen Jahren erfolgreich praktizieren, hat nun auch in Hamburg eingeschlagen wie eine Bombe – für einen Platz an Fehlings exklusiver Tafel muss man aktuell mit mehreren Monaten Vorlauf reservieren.
Das hat sicher auch damit zu tun, dass es mittlerweile fast ein viertel Jahrhundert her ist, seit zum letzten Mal ein Restaurant in einer deutschen Metropole mit höchsten kulinarischen Weihen geadelt wurde, denn hierzulande schwingt die Küchenelite den Löffel nach wie vor mehrheitlich in der Provinz. Doch keine Angst: Trotz des One-Table-Konzepts bietet die flexible Bestuhlung jederzeit die Möglichkeit, kleine private Inseln zu bilden, sodass man sich bei Fehling genauso gut zu einem romantischen Dinner für zwei wie mit einer Gruppe von Freunden zum Essen verabreden kann. Fehlings Motto: ein Tisch, maximaler Komfort.
Was die Küche angeht, ist Fehling sich auch nach dem Umzug vom «Belle Epoque» in Travemünde ins Herz der Hansestadt treu geblieben: Ins Zentrum seiner immens aufwändigen Menüs stellt der Perfektionist, der die Kaderschmiede von Harald Wohlfahrt durchlaufen hat, im Grunde bewährte Klassiker, die der Küchenchef dann aber auf Basis modernster Küchentechnik völlig neu interpretiert und teilweise auch mit recht ungewöhnlichen Produkten umsetzt.
Mit Vollgas dabei
Viele seiner Tellerkunstwerke haben dabei fast einen skulpturalen Touch und es fällt beinahe schwer, ihnen mit Messer und Gabel zu Leibe zu rücken. Dabei haben wir aber an keiner Stelle das Gefühl, hier sei einer kreativ, um der blossen Kreativität willen. Stattdessen gibt der Maserati-Markenbotschafter, der auch privat einen 530 PS starken Boliden der italienischen Edelschmiede mit dem Dreizack-Logo fährt, offensichtlich gerne Vollgas und birst Fehling geradezu vor neuen Ideen. Die machen für ihn aber nur da einen Sinn, wo am Ende auch das Ergebnis stimmt – egal ob in Form einer vollendeten Harmonie der Aromen oder in Form von bewusst gesetzten Kontrapunkten. So schmecken z.B. manche Elemente in den Desserts deutlich salzig.
Ergänzt werden Fehlings Teller kongenial von den Weinempfehlungen seines sympathischen Sommeliers und Restaurantleiters David Eitel.
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