
Ein künstlerisches Erbe
- 19. Juni 2020
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Im Jahr 1920 beschliesst der Glaskünstler René Lalique, Vorreiter des französischen Jugendstils, sich in Wingen-sur-Moder niederzulassen, einem kleinen Dorf im Elsass. Für seine Familie will er dort einen stattlichen Wohnsitz erstellen lassen, und bereits ein Jahr darauf wird auch seine Glasproduktionsstätte verwirklicht. Hundert Jahre später ist die Villa René Lalique ein Ort, an dem die gepflegte französische Lebensart zelebriert wird. Will man Geschichte und Seele dieses luxuriösen Refugiums begreifen, muss man sich darauf besinnen, wer Unternehmensgründer René Lalique war und dass der Mythos Lalique dank seiner visionären Ideen heute als wahrhaft zeitlose Lifestyle-Marke seine Fortsetzung findet.
Sie ist in Rot und Schwarz gehalten, die Suite «Hirondelles», gewidmet einer seiner grössten Inspirationsquellen: der Schwalbe. Das Entrée schmückt sich mit der getöpferten Kristallvase «Bacchantes», einer der grossen Verkaufsschlager und Inbild seines Erfinders an die Liebe zur Frau. An den Wänden erinnern Porträtfotografien daran, dass dieser Raum einmal von einem der grössten Glasmeister der Welt bewohnt war: René Lalique. 1920 wurde er zum Meister der Glaskunst im Art-déco-Stil. 1921 entstand seine Glasfabrik im elsässischen Wingen-sur-Moder, wo er ein Jahr zuvor bereits die Villa erbauen liess, die er künftig bewohnte, wenn er im Elsass weilte. Heute, rund 100 Jahre später, sind der Geist und das Lebensgefühl französische Kristallverarbeitung aber noch genauso zu spüren wie zu sehen. Denn den beiden bekannten Innenarchitekten Tina Green und Pietro Mingarelli ist es gelungen, die authentische Ausstrahlung eines Familiensitzes mit dem Glanz eines intimen Boutique-Hotels zu vereinen, mithilfe der eigens kreierten «LaliqueMaison»-Kollektion. Die Schlaf- und Arbeitszimmer des Hauses wurden zu sechs prächtigen, individuellen Suiten umgestaltet, von denen jede in Erinnerung an ein Jahrzehnt im Leben des berühmten Glaskünstlers den Namen eines emblematischen Werks von René Lalique trägt. Der transluzente Zusatzbau aus Glas, der sich perfekt an die Villa anfügt, ist ein Werk des Schweizer Stararchitekten Mario Botta und das Reich der beiden Spitzenköche Jean-Georges Klein und Paul Stradner. Angeboten wird eine kreative Küche mit Geschmackskompositionen von höchster Raffinesse, die mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet ist. Mario Botta hat übrigens auch einen ganz ausserordentlichen Kellerbereich geschaffen, der eine der schönsten Weinsammlungen Europas birgt. Somit kann die Villa René Lalique auch als Hymne an die französische Lebensart gesehen werden.
Als Meister seiner Kunst gefeiert
René Lalique wurde 1860 in Ay, einem kleinen Dorf im französischen Département Marne, geboren. Design und Kunst prägten sein Leben von klein auf. Nach dem Studium an der «École des Arts Décoratifs» in Paris gelang dem jungen Mann der Berufseinstieg als Schmuckhersteller mühelos. Boucheron, Vever und auch Cartier zählten zu seinen ersten Kunden. René Lalique ist seiner Zeit voraus: Er arbeitet mit ungewöhnlichen Stoffen und setzt sich über die Regeln der Juwelierkunst hinweg. So verbindet er Gold und Edelsteine mit einfachen Schmucksteinen, mit Email, Glas, Leder, Horn oder Perlmutt. Sein Grundsatz lautet: «Es ist besser, nach dem Schönen zu streben, als Luxus zur Schau zu stellen.» René Lalique schöpft seine Inspiration aus der Natur; die Silhouette der Frau verwendet er als Zierelement. 1890 gilt er als einer der bedeutendsten Schmuckdesigner des französischen Jugendstils und gehört zur Avantgarde: Seine Werke sind originell und erfinderisch, absolut ausgereift in ihrer technischen Umsetzung und finden grossen Gefallen bei einer intellektuellen Elite, die sich wenig um Konventionen kümmert. Mit der Weltausstellung von 1900 erreicht René Lalique den Höhepunkt seiner Laufbahn als Schmuckhersteller. Er beschliesst, sich fortan mit dem Werkstoff Glas zu beschäftigen, und in seinem Haus in Clairefontaine bei Rambouillet entstehen nun Flakons, Pendülen, Boxen, Vasen und Skulpturen.
Nach seinem Tod im Jahr 1945 übernimmt Sohn Marc Lalique die Führung des Unternehmens und modernisiert die Manufaktur in Wingen-sur-Moder. Der Werkstoff ist fortan nicht mehr Glas, sondern Kristall. Das Wechselspiel von Transparenz und Satinoberflächen erlangt Weltruhm, sodass der Name Lalique oftmals als Bezeichnung dafür verwendet wird. Die Kristallmanufaktur Lalique gewinnt schnell einen angesehenen Platz unter den Kristallproduzenten Frankreichs sowie der ganzen Welt. Das Universum von Lalique umfasst heute fünf verschiedene Bereiche: Dekorationsobjekte, Innenarchitektur, Schmuck, Parfüms und Kunst.
Handwerkliche Exzellenz
Die exklusiven Werke von Lalique haben ihren Preis. Doch wer je den Fuss in die Manufaktur des Kristallherstellers gesetzt hat, weiss um deren Qualität und Wert. Die Fabrik, die 1921 gebaut und 1922 in Betrieb genommen wurde, ist bis heute die einzige LALIQUE-Produktionsstätte der Welt und beschäftigt rund 350 Mitarbeiter. Das Dorf Wingen-sur-Moder liegt in einer Region, die als Produktionsstätte von Glas und Kristall geradezu prädestiniert war. Dies dank der sehr guten Erreichbarkeit aufgrund von bestehenden Eisenbahnlinien und der vielen Wälder, die genügend Brennholz für die Schmelzöfen lieferten. Das Kristallglas besteht aus Quarzsand, Bleioxid, Pottasche und weiteren Zusatzstoffen und wird bei Lalique in Tonhäfen, die in grosse Öfen eingesetzt werden, bei rund 1400 Grad geschmolzen. Diese Häfen, deren Qualität perfekt sein muss, um einen sehr reinen Kristall zu erhalten, nutzen sich schnell ab und werden nach vier Monaten Gebrauch ausgetauscht. Während des Herstellungsprozesses ist es aber die menschliche Hand, die das Stück formt und ihm Leben einhaucht. So verwundert es nicht, dass rund zwei Drittel der Zeit in den arbeitsintensiven Bereich der Kaltverarbeitung fallen, wo die Lalique-Stücke den letzten Schliff erhalten. Es ist eine sorgfältige Arbeit, die Ruhe, Konzentration und viel Erfahrung voraussetzt. Am Schluss der Produktion wird jedem Objekt noch die hauseigene Signatur eingraviert. Denn ohne diese wird ein Stück nicht als Lalique anerkannt. Es sind genau diese Details, die aus einem gewöhnlichen Kristall- ein einzigartiges Prestigeobjekt machen, ja gar einen Lebensstil verkörpern, der weder von Grenzen noch von Konventionalitäten oder Regeln beherrscht wird. Den Lebensstil und die Vision von René Lalique.
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