Eau de Vie
- 28. Oktober 2016
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Hennessy ist seit Jahren die unangefochtene Nummer 1 im Cognac-Markt. Wir durften nun exklusiv einen Blick ins Allerheiligste des global agierenden Traditionshauses werfen, dessen Geschichte mehr als 250 Jahre zurückreicht. Seit mehr als 100 Jahren spielt sich an fünf Tagen der Woche im ersten Stock eines schmucken Gebäudes in der Rue de la Richonne, das nur einen Steinwurf von den Ufern der Charente entfernt liegt, dasselbe Ritual ab. Um exakt elf Uhr treffen sich dort sieben distinguierte Herren im dunklen Anzug in einem zeitlos möblierten Raum mit Eichenholzparkett. In der Mitte des Zimmers befindet sich ein Tisch, an dem jeder der Anwesenden seinen fest zugewiesenen Platz hat. Entlang den Wänden reihen sich Hunderte kleiner Flaschen in weissen Holzregalen aneinander.
Auf der Arbeitsplatte vor ihnen sind endlose Reihen von Degustationsgläsern aufgebaut, akkurat ausgerichtet wie Perlen an einer Schnur. Ihr Inhalt ist mal kristallklar, mal schimmert er in den unterschiedlichsten Brauntönen von hellem Gold bis hin zu tiefem Bernstein. Nach einem prüfenden Blick wird der Glasinhalt zunächst ausgiebig beschnüffelt, bevor schliesslich ein oder zwei winzige Schlucke in den Mund wandern, die aber schon nach wenigen Sekunden wieder elegant in einen Trichter gespuckt werden. Länger brauchen die Profis nicht, um ihr Urteil zu fällen. Routine eben. Gesprochen wird während des Verkostungsmarathons, der trotz 40 bis 60 Proben nicht länger als eine gute Stunde dauert, kaum. Stattdessen werden eifrig Notizen gemacht. Noch Stunden später aber ist die Raumluft erfüllt von einem fast betäubenden Duft nach dem edelsten aller Eaux de Vie: Cognac.
Kopf und Herz dieses illustren Zirkels, der allmorgendlich im Grand Bureau de Dégustation zusammentrifft, ist aktuell Yann Fillioux (69) – in siebenter Generation Kellermeister und Masterblender der Maison Hennessy. Er und seine sechs Kollegen sind verantwortlich, dass aus den zehntausenden Bränden, die in den mehr als 50 Fasslagern von Hennessy ruhen – die ältesten davon mehr als 200 Jahre alt – durch das gekonnte Verschneiden einzelner Eaux de Vie ein harmonisches Gesamtkunstwerk entsteht.
Die Kunst liegt dabei vor allem darin, mit jeder neuen Charge ein exakt vorab definiertes Geschmacksprofil zu treffen, denn egal ob V.S., V.S.O.P., Fin de Cognac, X.O., Paradis oder der Top Brand Richard: Ein Hennessy-Cognac soll immer gleich schmecken, egal, aus welchen Basisbränden er komponiert wurde. Je höher die Qualitätsstufe, desto akribischer allerdings die Auswahl. So schaffen es im Schnitt z.B. nur zehn von 10’000 verkosteten Bränden in einen Paradis Impérial.
Im Frühjahr 2016 hat Hennessy bekannt gegeben, dass Yann Fillioux den Marschallstab bald an seinen Neffen Renaud Fillioux de Gironde und damit die 8.?Generation übergeben wird.
Tatsächlich spielen Tradition und vor allem jede Menge Geduld im Cognac-Business eine Schlüsselrolle. So reicht die Geschäftsbeziehung der Familie Fillioux zu den Hennessys bis ins Jahr 1800 zurück, als James Hennessy Yanns Urahn Jean Fillioux zum Kellermeister ernannt hat, den die Familie seither in ungebrochener Reihe stellt.
Aktuell verfügt Hennessy über Lagerbestände von insgesamt rund 350’000 Fässern. Die ältesten Reserven werden allerdings nicht mehr in Holz, sondern Glasballons gelagert. Das heisst, sie reifen nicht mehr weiter, halten aber über viele Jahrzehnte ihre einmal erreichte Qualität.
Empfangen werden wir bei unserem Besuch der Maison von Thibaut Hontanx – ebenfalls Mitglied der exklusiven Verkostertruppe. Hontanx (38) gehört seit sechs Jahren zu den glorreichen Sieben und ist für die Qualität der Grundweine, aus denen die Eaux de Vie gebrannt werden, verantwortlich. Tatsächlich produziert Hennessy nämlich nur den kleinsten Teil der Grundweine bzw. Basisbrände selbst. Stattdessen unterhält man mit mehr als 1500?Winzern und Dutzenden von Destillateuren teilweise schon jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen. Diese enge Partnerschaft ist einer der Schlüssel zum globalen Erfolg des Hauses.
Doch Unterstützung kam auch aus einer ganz anderen Ecke, denn nicht nur die Chinesen entdeckten plötzlich ihre Lust am Cognac-Trinken, sondern gleichzeitig begannen in den 1990er Jahren amerikanische Rapper, einige ihrer Songs dem bernsteinfarbenen Gaumenschmeichler zu widmen. Innerhalb weniger Jahre wurde Cognac so zu einem der beliebtesten alkoholischen Getränke junger, männlicher Afroamerikaner, ist mittlerweile aber längst im American Mainstream angekommen.
Thibaut plaudert am Rande unserer kleinen Verkostungsrunde natürlich auch ein wenig aus dem Nähkästchen: «Erst nach zehn Jahren im Komitee darf man selbst Brände kommentieren», verrät er, «vorher heisst es zuhören, lernen – und schweigen. Ich habe also noch vier Jahre vor mir. Welchen persönlichen Cognac-Geschmack man hat, spielt dabei keine Rolle, es geht nur darum, was am Ende gut für Hennessy ist, weil es dem Stil des Hauses entspricht.»
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