Donnervogel
- 10. Juli 2012
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Lamborghinis sind extrem. Extrem schön, extrem schnell und extrem rar. Ein komplett neues Modell gibts nur etwa alle fünf Jahre. PRESTIGE durfte bei der Fahrvorstellung des neuen Aventador dabei sein und dem jüngsten Kampfstier so richtig auf den Zahn fühlen. Die Präsentation eines neuen Lamborghini ist nicht einfach eine weitere Autovorstellung. Wenn die italienische Supersportwagen-Marke einlädt, ist es zuerst einmal schon ein grosses Privileg, zu den Gästen zu gehören . PRESTIGE gehört zu den Glücklichen und darf drei Tage im Zeichen des Wilden Stiers verbringen. Schon bei der Ankunft im «Westin Excelsior» in Rom steht in der Einfahrt ein eingezäunter Aventador. Die vorbeigehenden Hotelgäste und Passanten bleiben ehrfürchtig vor dem Fahrzeug stehen. Wahrscheinlich werden hier fast gleich viele Handyfotos geknipst wie vor dem Trevi-Brunnen. Nach einem Luxusdinner folgt am nächsten Tag schon die erste Überraschung. Ein metallic-schwarz lackierter Reisebus mit riesigem Lamborghini-Wappen wartet auf uns. Wir steigen ein und merken erst beim Wegfahren, dass wir eine Polizeieskorte bestehend aus einem Lamborghini Gallardo der Polizia und zwei Motorrädern haben. Diese räumt auf dem Weg zur Rennstrecke von Vallelunga mit Blaulicht und Sirenen die Strassen frei. Unglaublich, so etwas gibts nur in Italien und nur, weil der Lambo-Presidente sehr gute Freunde in Roma hat. Auf der Piste angekommen, warten hochglanzpolierte Aventadors und eine Heerschar Lamborghini-Mitarbeiter auf uns. Zuerst gehts zur Pressekonferenz, welche mit einer Überraschung versüsst wird. Endlich sehen wir einmal, wer verantwortlich für das Design im Centro Stile ist.
Filippo Perini zeichnet in atemberaubender Geschwindigkeit einen Aventador und erklärt Form und Funktion der wichtigsten Stilelemente. Inspiration für das futuristische Design sind nicht etwa die so oft erwähnten Kampfflugzeuge, sondern Insekten und Science-Fiction- Filme. Nur der Starterknopf, welcher durch eine feuerrote Klappe entsichert werden muss, ist ganz klar Marke Fighterjet. Wie die bestinszenierte Aufführung im Colosseum öffnet sich nach der Konferenz ein grosses Tor. Ohrenbetäubender Lärm macht sich breit. Die Aventador-Meute erwacht zum Leben und macht sich auf die Warm-up-Runde, bevor sie den erfahrungshungrigen Journalisten übergeben wird. Wer es einmal geschafft hat, ohne Kopfanschlagen an den Scherentüren vorbei ins Cockpit zu gelangen, fühlt sich auf Anhieb wohl. Auffallend ist nicht nur die völlig neu gestaltete Mittelkonsole. Ebenso ein Eyecatcher sind die ganzen Instrumente. Addio alte Analoguhren, buongiorno TFT-LCD-Display.
Sämtliche Angaben werden digital auf einem Flüssigkristall-Bildschirm angezeigt. Im Mittelpunkt steht, wie es sich für einen Sportwagen gehört, ein riesiger Drehzahlmesser. Es bleibt kaum Zeit, alle Schalter und Knöpfe zu studieren. Schon kommt das Kommando: «Andiamo!» Ja, Zeit, um zu fahren. Der erste Druck auf den Starterknopf ist magisch. Nur wenige Zentimeter hinter dem Rücken erwacht der Zwölfzylinder mit einem Urschrei zum Leben. Kurze Zeit danach beruhigt sich dieser aber und gibt erstaunlich zivile Töne von sich. Schön zu wissen, dass man mit dem Aventador auch durch ein Dorf fahren kann, ohne dass gleich alle Einwohner aus dem Schlaf gerissen werden. Aber wir fahren jetzt nicht durch Dörfer, sondern zur Boxengasse raus auf die Rennstrecke. Spielerisch leicht lassen sich die sieben Gänge einlegen. Drei Modi stehen zur Verfügung. Strada, Sport und Corsa. In Letzterem werden die Übersetzungen in brutalen 50 Millisekunden gewechselt, dass einem das Getriebe schon fast Leid tut. Bei Lamborghini beteuert man, dass die Kunden kein nichtspürbares Doppelkupplungs-Erlebnis wollen, sondern das echte Hauruck- Feeling.
Uns gefällt der etwas zahmere Sport-Modus, welcher immer noch schnell genug und weitaus bandscheibenschonender von stattengeht. Die erste Runde absolvieren wir in relativ gemächlichem Tempo, um die Streckenführung zu studieren. Dann gehts los. Testfahrer Mario Fasanetto gibt das Tempo vor. Und das ist nicht ohne. Der Aventador und sein Torrero fühlen sich immer wohler. Es braucht keinen Bodybuilder, um das schöne Biest zu zähmen. Im Gegenteil. Filigrane Lenkarbeit ist gefragt, um die technisch anspruchsvollen Kurven möglichst schnell zu durchfahren. Power ist in jeder Drehzahl-Lage genügend da. Riesige Carbon-Keramik- Bremsen verzögern so brachial, dass der Bremspunkt Runde für Runde weiter nach vorne gerückt wird. Das komplett aus Kohlefaser gefertigte Chassis ist nicht nur eine technische Revolution. Wer es neben einem Gitterrohrrahmen des Vorgängers Murciélago sieht, darf gerne den Vergleich zwischen einem römischen Pferdewagen und einem Formel 1 wagen. Und dementsprechend fühlt sich der Supersportler auch an wie ein Rennfahrzeug. Extrem verwindungssteif und dank Pushrod-Aufhängung, welche ebenfalls von der Königsklasse des Rennsports stammt, mit einem messerscharf präzisen Handling. Plötzlich ein Blitz und ein lauter Knall.
Hat sich etwa das erste Aventador-Aggregat verabschiedet? Nein, Mutter Natur will es, dass inmitten des römischen Frühsommers ein Gewitter ausbricht. Es beginnt zu regnen. Hilfe, 700 PS auf nasser Piste! Kann das gut gehen? Die riesigen, auf 20-Zoll-Felgen montierten 335er Pirellis sorgen für eine Gischt, dass die Scheibenwischer auch im schnellsten Galopp kaum nachkommen. Donnerwetter! Der Aventador fährt auch im Gewittersturm wie auf Schienen. Unglaublich ist vor allem, wie zivilisiert er aus engen Kurven herausbeschleunigt. Da wirkt die Haldex-Kupplung des Vierrad-Antriebs Wunder. Sie verteilt die Antriebskraft um ein Vielfaches schneller als beim alten System. Das Regentraining macht so viel Spass, dass wir gar nicht mehr aufhören möchten. Doch leider ist dieser Tag viel zu schnell zu Ende. Als kleine Erinnerung gibt es eine Lambo-Mütze und ein Modell im Massstab 1:43 zum Weiterträumen. Immerhin, der Traum wurde einen Tag lang wahr!