
Die Lollobrigida unter den Instrumenten
- 2. Dezember 2015
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Anmutig schmiegt sie sich an das Gesicht, eine kapriziöse Schönheit, bereit zum musikalischen Kuss. Ihren Saiten werden Töne entlockt, die mal sanft wie das Rascheln einer Pappel, ausgelassen wie eine Tarantella, fetziger Rock oder dann wieder wehmütig, sehnsüchtig die Zuhörer in den Bann ziehen. Seit einem halben Jahrtausend existiert der Geigenbau, der ein Kunsthandwerk der Spitzenklasse ist. Die Emilia Romagna ist eine fruchtbare Region, und vergliche man sie mit einer Kette, wäre sie aus schimmernden Perlen geknüpft. Die Geburtsstätte namhafter Persönlichkeiten wie Luciano Pavarotti, Giorgio Armani, Federico Fellini, Enzo Ferrari, Ferruccio Lamborghini oder Giuseppe Verdi ist eine der reichsten Gegenden Italiens und Heimat des weissen, braunen und roten Goldes, das, genauso wie der Klang einer Geige, die Sinne betört. Parmigiano Reggiano, der als einziges Lebensmittel seine Konsistenz im Weltall nicht verändert. Die roten Terracotta-Hausfassaden zauberhafter Städte wie Bologna oder Modena, mit ihren Arkaden und Weltkulturerbe-Schätzen, hinter deren Toren sich verwunschene Gärten und herzliche italienische Gastfreundlichkeit verbergen. Aceto Balsamico Tradizionale di Modena oder di Reggio Emilia, dessen dunkelbraune Kostbarkeit fast schon geizig als winzige Tröpfchen auf alle möglichen Speisen von süss bis scharf geträufelt wird. Die Geige, ein Instrument voller Geheimnisse und Geschichte.
Dort, wo die Nachtigall singt
Nur das Holz von Bäumen, auf denen eine Nachtigall sang, soll Antonius Stradivarius einer Legende nach für die Herstellung seiner einzigartigen Instrumente verwendet haben. In Cremona, einem lombardischen Städtchen unmittelbar an der Grenze zur Provinz Emilia Romagna, erschaffen Nicolo Amati, sein Schüler Antonio Stradivari und Joseph Guarneri del Gesù, im 16. Jahrhundert Meisterwerke, deren Mysterien noch heute das Streben nach Vollendung inspirieren. Ist es die charakteristische, hohe Wölbung der Decke, das Markenzeichen der Amati-Geigen, die Wahl des Holzes, seine Dicke oder der legendäre Lack, den Stradivari benutzte und den bisher niemand rekonstruieren konnte, die für die Klangqualität verantwortlich sind?
Ein Himmel voller Geigen
Rotgolden schimmern die Fassaden der Altstadt Bolognas, der UNESCO-Musikstadt. In Bruno Stefaninis Werkstatt an der Via Delle Belle Arti riecht es nach Holz und Leidenschaft. Bruno Stefanini ist einer von fünf Geigenbauern in Bologna. 200 Stunden hingebungsvoller Arbeit benötigt er für den Bau einer Violine. Was denn eigentlich für den Ton aller Töne verantwortlich ist? «Natürlich die Qualität des Holzes», antwortet Stefanini, «jedoch wird eine besondere Zuwendung der Lackierung, der finalen Konstruktion sowie der tadellosen Einstellung beigemessen.»
Die ursprünglichsten Geburtsstätten des italienischen Geigenbaus, Brescia, Cremona und das österreichische Absam, übten einen grossen Einfluss auf den italienischen Geigenbau aus. Obwohl Cremona als der Tempel schlechthin dieses Kunsthandwerks gilt, gelten Geigenbaustädte wie Mailand, Bologna, Florenz, Genua, Piacenza, Neapel und Turin als direkte Dependancen von Cremona.
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