
Die Kunst mit der Kunst
- 11. Juli 2015
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Richtig kaufen, verkaufen, vererben oder bewahren: Beim Investment in Kunst sollten Anleger nur Geld investieren, welches sie über die kommenden Dekaden nicht benötigen. Andreas Gursky oder Neo Rauch: Vor 20 Jahren waren diese Namen unbekannt, heute erzielen die Werke dieser Künstler auf Auktionen Höchstpreise. Zeitgenössische Werke als auch Werke der Klassischen Moderne locken Besucher in die Museen, wie 2014 die Gerhard-Richter-Ausstellung in der Fondation Beyeler in Riehen. Für Furore sorgte erst im Februar 2015 das Werk «Nafea» von Paul Gauguin, welches der Basler Staechelin Family Trust für kolportierte 300 Millionen Dollar nach Katar veräusserte. Damit ist «Nafea» das bislang teuerste Bild aller Zeiten.
Die Kluft zwischen Theorie und Praxis
Wer frühzeitig Werke noch unbekannter Künstler kauft, kann sich möglicherweise in zehn oder zwanzig Jahren über ordentliche Wertzuwächse freuen. So weit die Theorie. Praktisch ist das Investment in Kunst keineswegs trivial. Wer langfristig in die richtigen Werke investiert, kann zwar sehr viel Geld verdienen. Allerdings gibt es vorab nie eine Gewissheit, dass genau die Kunst, die man kauft, an Wert gewinnt. Vorsicht ist auch geboten bei Gemälden berühmter und teurer Künstler, die in regelmässigen Abständen in Auktionskatalogen auftauchen. Solche «Wanderpokale» sind bei Kennern bekannt und daher «verbrannt». Daher sollten Kunstwerke mindestens zehn Jahre beim Eigentümer verbleiben, denn der Kunstmarkt ist trotz mancher Sensationsmeldungen konservativer, als man denkt. Ganz entscheidend ist: Wer Kunst kauft, bindet sein Vermögen langfristig. Es sollte sich daher nicht um Geld handeln, welches kurzfristig wieder verfügbar sein muss.
Kompetenz in Sachen Kunst
Die Motivation, Kunst zu kaufen, sei bei ihren Kunden sehr unterschiedlich, erklärt Patricia Amberg, 48, Leiterin des Art Competence Center der UBS in Zürich: «Wir haben Kunden, die eine Kunstsammlung geerbt haben und von uns beraten werden wollen, wie sie diese Sammlung fortführen sollen.» Es gäbe aber auch UBS-Kunden, die aus philanthropischem Antrieb eine Kunstsammlung aufbauen wollen, beispielsweise weil sie einen bestimmten Künstler unterstützen wollen oder weil die ausgewählten auf soziale Missstände hinweisen. Die Nachfrage nach Kunstformen und Epochen sei «sehr heterogen»: «Die Bandbreite reicht von Gemälden, Metallkunst, Keramik, antiken Möbeln, Skulpturen, Installationen bis zu Kunstfotografie», erklärt die Kunsthistorikerin. Und natürlich gäbe es auch Kunden, die aus monetärer Motivation Kunst kaufen und sich hohe Gewinne erhoffen. «Die Preisbildung eines Kunstwerks gestaltet sich sehr komplex, die Leute sind geblendet von den Überschriften in den Medien, die Rekordverkäufe verkünden», ordnet Amberg ein. Doch nur 0,44 Prozent der Kunstwerke, die 2014 weltweit veräussert wurden, erzielten einen Preis von einer Million Dollar und höher. 15,2 Milliarden Dollar Umsatz haben Auktionshäuser in 2014 mit Kunstwerken erzielt, das entspricht einem Zuwachs zum Vorjahr von 26 Prozent. Amberg steht einer Abteilung mit insgesamt drei Kunsthistorikern vor, die auch über eine entsprechende Zusatzausbildung im Finanzbereich verfügen. Das Art Competence Center unterstützt Kunden beim Kauf und Verkauf von Kunstwerken, dem Aufbau und der Verwaltung ihrer privaten Kunstsammlung sowie eingangs erwähnt bei deren Nachfolgeplanung. Dieser Service richtet sich allerdings nur an Vermögende, die bei der UBS mindestens 50 Millionen Schweizer Franken angelegt haben. Im Bankenjargon nennt sich diese Kundengruppe «ultra high networth individuals». Wer das Kunstmarkt-Know-how der UBS in Anspruch nehmen will, muss diesen Service bezahlen. Genaue Tarife oder Stundensätze nennt die Bank allerdings nicht, denn diese hängen von der Gesamtkundenbeziehung ab.
Dabei geht es um ganz praktische Fragen wie: Was ist ein Kunstwerk, das über Jahre im stillen Kämmerlein hing, überhaupt wert? Wie viel Erbschaftssteuer könnte dafür anfallen? Viele Kunsteigentümer wollen bereits zu Lebzeiten im Testament festlegen, wer von den Kindern welches Kunstwerk bekommen soll und was gegebenenfalls mit Gemälden passiert, welche die Erben nicht übernehmen wollen. Aufgabe des Kunstsachverständigen ist es dann, nach einer akzeptablen Lösung für alle Beteiligten zu suchen, beispielsweise Museen zu finden, die an einer Sammlung interessiert sind. Auch die richtige Pflege und Versicherung eines Kunstwerks stehen auf der Agenda. Wer etwa ein Gemälde aus dem Mittelalter im hauseigenen Hallenbad aufhängt – und dieses Beispiel ist keine Fiktion –, kann zwar beim Brustschwimmen sein Bild bewundern, setzt das Werk aber einer hohen Luftfeuchtigkeit aus und wird daran nicht lange Freude haben.