
Die Geschichte einer Bankiersfamilie
- 10. November 2015
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Die Rothschilds sind reich, steinreich. Das Vermögen übersteigt selbst das der Rockefellers. Schätzungen beginnen bei 350 Milliarden Dollar, gehen bis zu einer Billion. Doch woher stammt dieses Geld? Das Geheimnis des Rothschild-Reichtums lautet «Eintracht, Redlichkeit und Fleiss». Mayer Amschel Rothschild war der Begründer der Rothschild-Dynastie. Seine Vorfahren hatten seit spätestens Mitte des 16.?Jahrhunderts im Ghetto der Stadt Frankfurt, der Judengasse, gelebt. Da die Familie über Generationen in dem «Haus zum Rot(h)en Schild» wohnte, etablierte sich bereits im 17. Jahrhundert der Familienname «Rothschild». Mayer Amschels Vater, Amschel Moses Rothschild, betrieb in der Judengasse ein Geschäft für den Handel mit Kleinwaren und Geldwechsel. Als Amschel Meyer Bauer das Geschäft erbte, entschied er sich, seinen Namen endgültig in «Rothschild» zu ändern.
Er lernte schnell, dass es profitabler war, Geld an Regierung und Könige zu verleihen als an Privatpersonen. Die Kredite waren nicht nur grösser, sondern auch durch die Steuern des Staates gedeckt. Im Jahr 1789 gelang Mayer Amschel Rothschild erstmals ein bedeutender Einstieg in das Bankgeschäft, als er mit Wilhelm, der seit 1785 als Landgraf Wilhelm IX. von Hessen-Kassel in Kassel residierte, ein Wechseldiskontgeschäft abschliessen konnte.
Rothschild hatte fünf Söhne
Er lehrte sie alles in der Welt der Finanzen und sandte sie hinaus in die Hauptstädte Europas, um Zweigstellen des familiären Bankgeschäftes zu eröffnen. Sein erster Sohn Amschel Meyer blieb in Frankfurt, um sich um die Bank in der Heimatstadt zu kümmern. Sein zweiter Sohn Salomon wurde nach Wien geschickt. Sein dritter Sohn Nathan war offensichtlich der Schlauste. Er wurde 1798 mit 21 Jahren nach London geschickt, 100 Jahre nach der Gründung der Bank of England. Sein vierter Sohn Karl ging nach Neapel und sein fünfter Sohn Jakob nach Paris. Die zunehmende Grösse, Komplexität und Internationalität seiner Geschäfte veranlassten Mayer Amschel Rothschild 1810, sein Unternehmen auf eine breitere Basis zu stellen. In einem neuen Gesellschaftervertrag nahm er seine Söhne als vollwertige Geschäftspartner in das Unternehmen auf. Der Vater stand zwar weiterhin an der Spitze des Unternehmens, die Last der alltäglichen Arbeit lag aber nun auf den Schultern der Söhne. Als nach aussen sichtbares Zeichen der Neuerungen trug die Firma fortan die Bezeichnung «Mayer Amschel Rothschild und Söhne». In seinem Testament verfügte Mayer Amschel Rothschild, das Familienunternehmen als Ganzes zu erhalten. Für dessen Führung legte er ein strenges Reglement fest: Alle Schlüsselpositionen sind mit Familienmitgliedern zu besetzen. An Geschäften dürfen nur männliche Familienmitglieder teilnehmen. Der älteste Sohn des ältesten Sohnes soll Familienoberhaupt sein, soweit die Mehrheit der Familie nicht anders entscheidet. Es sollte keine juristische Bestandsaufnahme und keine Veröffentlichung des Vermögens geben.
Die Rothschilds wurden schnell unglaublich reich. Mitte des 19. Jahrhunderts dominierten sie bereits das Bankgeschäft Europas und waren sicher die reichste Familie der Welt. Um 1850 hiess es bereits über James Rothschild, den Erben des französischen Teils des Familiengeschäfts, er besässe 600 Millionen französische Francs. 150 Millionen mehr als alle anderen französischen Bankiers zusammen. Im Osten von Paris besass er ein Anwesen, das Château Ferrières, von welchem Wilhelm I. – als er es zum ersten Mal sah – sagte, dass Könige sich so etwas nicht leisten könnten, es also einem Rothschild gehören müsse.
Nathan Mayer Rothschild
Eine zentrale Rolle im Aufstieg zur wichtigsten europäischen Finanzinstitution spielte Nathan Mayer Rothschild, der 1799 nach England ausgewandert war. Er bot dem Empire seine Dienste bei der Besoldung der britischen Truppen an. Die britische Regierung verfügte zwar durch den Verkauf von Anleihen über hinreichend finanzielle Mittel. Doch in den Ländern, in denen ihre Truppen kämpften, wurden britische Zahlungsmittel nicht akzeptiert, so dass sich die Regierung gezwungen sah, ihren Truppenführer Wellington mit Goldmünzen zu versorgen. Der Auftrag zur Beschaffung der Münzen ging im Januar 1814 an Nathan Rothschild. Das Haus Rothschild verfügte zu diesem Zeitpunkt bereits über europaweite Verbindungen. Trotzdem war die Transaktion für die Rothschilds eine finanzielle und logistische Herausforderung. Das Risiko wurde mit Provisionen zwischen zwei und sechs Prozent der beschafften Mittel vergolten.
Als am 1. März 1815 Napoleon aus seinem Exil auf der Insel Elba fliehen und an der Spitze der ihm entgegengesandten Armee nach Paris zurückkehren konnte (20. März 1815), begann das Haus Rothschild erneut damit, in ganz Europa Gold für die britischen Truppen aufzukaufen. Nathan Mayer Rothschild ging dabei von der Annahme aus, dass der kommende Krieg – wie alle bisherigen Napoleonischen Kriege – lange dauern würde. Anfänglich gelangen Napoleon auch einige Erfolge, doch mit der Niederlage bei Waterloo am 18. Juni 1815 endete die Herrschaft der Hundert Tage und damit Napoleons Macht in Europa. Das von Rothschild in Fehleinschätzung gehortete Gold drohte im Wert zu verlieren und dem Haus einen finanziellen Verlust zu bescheren. Um dies zu verhindern, kaufte Nathan Rothschild mit dem Gold britische Staatsanleihen. Er nahm an, dass nach dem Ende des Krieges und dem sinkenden Finanzbedarf auch weniger britische Anleihen emittiert würden, was eine Kurssteigerung bei den bereits placierten Anleihen zur Folge hätte. Da die meisten Anleger damals eine Niederlage der Briten fürchteten, konnte Nathan Mayer Rothschild billig britische Staatsanleihen kaufen. Rothschilds Vermutung war richtig, und als er zwei Jahre später die Wertpapiere verkaufte, waren sie um mehr als 40 Prozent gestiegen. Das Haus Rothschild realisierte mit diesem Geschäft einen Gewinn, der einem heutigen Gegenwert von 600 Millionen britischen Pfund entsprochen hätte.