Der König der Weine
- 10. Juli 2012
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Wenn ein neues Schiff vom Stapel läuft, ein Brautpaar Hochzeit feiert oder ein besonderer gesellschaftlicher Anlass gefeiert wird, ist er fast immer mit von der Partie: der Champagner. Seinen Namen verdankt der perlende Wein einem nordfranzösischen Landstrich, der Champagne. Alle Welt hat bereits versucht, ein «champagnergleiches» Produkt zu erzeugen. Teilweise erstaunlich gute Schaumweine sind somit zum Beispiel in Deutschland, Italien, Frankreich und den USA entstanden. Die Klasse des Champagner hat jedoch keiner von ihnen erreicht. Champagner, der König aller Weine, wird wohl nie vom Thron gestossen werden. Der einzigartige Geschmack eines exquisiten Champagner und die fein perlende Mousse ziehen magisch an. Legenden und Anekdoten ranken sich um seine Erfindung.
Das Kaufen von Champagner und das Öffnen der Flasche bergen eine ganz besondere Stimmung in sich. Die grossen Champagnerhäuser mit ihren weltberühmten Premium- und Luxus-Champagnermarken investieren jedes Jahr grosse Summen, um die Popularität des Champagner noch weiter zu steigern. Dom Pérignon, Krug, Veuve Clicquot, Piper Heidsieck, Taittinger, Perrier-Jouët, Roederer, Ruinart, Moët & Chandon – wer gerät nicht ins Träumen bei diesen Namen? Hinter dem edlen, prickelnden Getränk steckt eine spannende Geschichte mit visionären Männern und starken Frauen, die den Champagner im Verlauf der letzten Jahrhunderte geprägt haben.
Wer hats erfunden?
Mindestens seit dem frühen Mittelalter wird Wein in der Champagne angebaut. Ein Wein, der schmeckt wie sonst wo auch in Frankreich. Eine wichtige Änderung brachte jedoch das 17. Jahrhundert, als man begann, aus roten Trauben weissen Wein zu keltern. Der Grund hierfür mag gewesen sein, dass die Rotweine aus der Champagne es schwer hatten, sich gegenüber der Konkurrenz aus dem Burgenland zu behaupten. Dieser Wein wurde «vin gris» genannt, um klar zu machen, dass es sich nicht um Weisswein von weissen Trauben, sondern um einen Weisswein von roten Trauben handelt.
Weithin gilt ein Mönch als der Erfinder des Champagner, Pierre Pérignon, genannt Dom Pérignon, der in der Abtei in Hautvillers wirkte. Dom Pérignon als Erfinder des Champagner ist eine Geschichte, die vor allem vom grössten Champagnerhaus verbreitet wird, deren Prestigecuvée eben Dom Pérignon genannt wird. Pierre Pérignon hat sich viele Verdienste um den Wein in der Champagne erworben, der Erfinder des Champagner ist er aber wohl nicht. Die Erfindung war wohl viel profaner, simpler. Ende des 17. Jahrhunderts wurde der Wein aus der Champagne ausschliesslich in Fässern verkauft und England war der wichtigste Abnehmer. In England wurde der Wein dann in Flaschen gefüllt und dabei oft mit Zucker versetzt, weil zu dieser Zeit Wein «süss» getrunken wurde. Durch die Zugabe von Zucker setzte eine erneute Gärung ein, die Kohlensäure, die sich dabei entwickelte, blieb in der Flasche. Demzufolge wäre Champagner also eine englische Erfindung und keine französische, würde man diesem plausiblen Erklärungsansatz folgen.
Gründung des ersten Champagnerhauses
Für den Durchbruch und Erfolg des Champagner waren zwei andere Faktoren von entscheidender Bedeutung. Zum einen war das die Entwicklung von stärkeren Glasflaschen, die dem Druck der zweiten Gärung in der Flasche widerstehen konnten. Zum anderen eine Gesetzesänderung, die den Handel mit Wein regelte. Damals durfte Wein ausschliesslich in Fässern verkauft und exportiert werden, da sich dieser Handel einfacher kontrollieren liess und es schwieriger war, Zölle zu umgehen. Fässer waren nicht so einfach zu schmuggeln wie einzelne Flaschen. 1728 erlaubte ein königliches Dekret erstmals den Handel mit Flaschen. Bereits im Jahr darauf, 1729, wurde das erste Champagnerhaus gegründet: Ruinart. Nicolas Ruinart war Tuchhändler wie so viele andere auch, die in den nächsten hundert Jahren auf den Champagnerhandel setzten. Zehn Champagnerhäuser wurden bis Ende des 18. Jahrhunderts gegründet. Der erste grosse Boom setzte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein, 100 weitere Marken wurden bis Mitte des Jahrhunderts gegründet. Die Firmen prosperierten, bauten grosse Keller und prunkvolle Firmensitze. In Reims, aber auch in Epernay und Châlons.
Champagner war zu dieser Zeit ausschliesslich süss, richtig süss, und wurde zum Dessert getrunken. Erst in den sechziger und siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts kamen die ersten Brut-Champagner auf den Markt, der erste wohl durch die Witwe Pommery. Etwa zur gleichen Zeit erschienen die ersten Jahrgangschampagner. Der damals getrunkene Champagner hatte noch wenig mit dem heute wundervoll transparenten Wein zu tun, sondern war trüb. Dies kam von den Hefezellen, die nach der Flaschengärung in der Flasche verblieben. Veuve Clicquot, die Witwe Clicquot, führte das Rüttelpult ein, um die Hefezellen im Flaschenhals zu sammeln und sie dann aus der Flasche zu entfernen. Die Witwe Clicquot verkaufte auch den ersten Rosé-Champagner.
Vom Kaisergetränk zum globalen Produkt
Doch während der Champagner unter Napoleon einen Höhenflug ohnegleichen erlebte, er feiert seine Siege und seine Kaiserkrönung mit Champagner und viele seiner Bündnispartner und Gegner wollen sich auch an diesem Getränk ergötzen –das Jahr 1812 sollte einer der besten Champagnerjahrgänge aller Zeiten werden – ,stoppte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Reblaus das fulminante Wachstum des Champagner.Die Reblaus ist ein aus Amerika eingeschleppter Schädling, der die Wurzeln des Weinstocks befällt und die Rebe innerhalb weniger Jahre absterben lässt.
Durch Aufpfropfen auf amerikanische Wurzeln wurde bald ein Mittel gefunden, um die Reben vor der Reblaus zu schützen. Auch das 20. Jahrhundert sollte nicht gut für den Champagner beginnen. Die Champagne war Schauplatz zahlreicher Kampfhandlungen im Ersten Weltkrieg, und mit der Revolution in Russland (1917) und der Prohibition in den USA gingen wichtige Exportmärkte verloren. Doch all diese Schicksalsschläge konnten den Siegeslauf des Champagner nicht aufhalten. Heute werden ungefähr 300 bis 350 Millionen Flaschen Champagner pro Jahr produziert. Das Getränk, das ursprünglich fast ausschliesslich von Königen und Kaisern genossen wurde, hat eine grosse globale Anhängerschaft gefunden.
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Ein Erbe von 200 Jahren
Das Haus Perrier-Jouët ist das Ergebnis der Verbindung zwischen Pierre Nicolas Perrier und Rose Adélaïde Jouët, genannt Adèle. Er kam aus einer Familie von Winzern aus der Champagne, sie aus einer Kaufmannsfamilie aus der Normandie. 1811 gründeten beide das gleichnamige Champagnerhaus und erwarben drei Jahre später den historischen Firmensitz des Hauses an der Nummer 28 der späteren Avenue de Champagne, den Champs Elysées des Champagner. In seiner 200-jährigen Geschichte hatte Perrier-Jouët nur gerade sieben Kellermeister, jeder von seinem Vorgänger in die Geheimnisse und das Wissen eines einzigartigen Stils eingeführt. Hervé Deschamps, Kellermeister seit 1993 und Bewahrer dieses Erbes, wurde während zehn Jahren von seinem Mentor und Vorgänger André Baveret in die Geheimnisse dieses eleganten Weines eingeführt . Jede der Cuvées von Hervé Deschamps ist einzigartig, ganz nach der Art eines Handwerkers des Weins. Die Besonderheit seines Verfahrens besteht darin, dass er keine Vorassemblagen vornimmt, sondern nur die groben Linien vorgibt und die Assemblage in einem Arbeitsgang zu Ende bringt. Perrier-Jouët war einer der ersten Champagnerproduzenten, welche die Korken ihrer Cuvées mit einem Stempel mit Jahrgang und Zeichen versah, als Beweis für die Abfüllung in den Kellern der Avenue de Champagne.