
Catch us if you can – Bonnie & Clyde
- 10. Juli 2012
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Während die Weltwirtschaftskrise das Land in bittere Not verwandelt hat, rast ein verliebtes Diebespärchen zwei Jahre lang mit Vollgas und Starallüren durch den Südwesten der Vereinigten Staaten, um sich das zu nehmen, von dem es überzeugt ist, es stehe ihnen zu – Geld und fragwürdigen Ruhm. Der Hass der Bevölkerung auf die Regierung verhilft Bonnie Elizabeth Parker und Clyde Chestnut Barrow zu unerwarteter Sympathie. Denn in den Augen der Nation, die fieberhaft das Treiben der Kleinstadtganoven verfolgt, geniessen sie eher das Bild eines Robin- Hood-Duos als das eines schiesswütigen Mörderpärchens.
Bonnie
Als Bonnie Elizabeth Parker am 1. Oktober 1910 als zweites von drei Kindern im verschlafenen Rowena in Texas geboren wird, lebt die Familie gutbürgerlich vom Maurerjob des Vaters. Nach dem überraschenden Tod des Vaters siedelt Emma Parker mit ihren Kindern, Bonnie ist gerademal vier Jahre alt, in die Kleinstadt Cement City in die Nähe von Dallas. Bonnie ist ein entzückendes und hübsches Kind von zierlicher Statur, eine sehr gute Schülerin und mit einer poetischen Ader gesegnet. Während ihrem tödlichen Liebesduett mit Clyde schreibt sie zwei Gedichte, mit denen sie berühmt wird. Überdrüssig vom eintönigen Leben im öden Kaff, in dem lästige Fliegen den grössten Wirbel verursachen, verlässt Bonnie mit 16 Jahren die Schule und heiratet ihre Sandkastenliebe Roy Thornton. Als er 1929 zu fünf Jahren Haft verurteilt wird, bleibt Bonnie weiterhin bei ihm. Obwohl über ihrem rechten Knie die Tätowierung «Roy and Bonnie» eingeritzt ist, wird ihr Herz bald für einen anderen entflammen. Bonnies Tage sind lang, monoton, ohne Sinn und voller Leere.
Clyde
Am 24. März 1909 wird Clyde Barrow in Telico, Texas, geboren, er ist das sechste von insgesamt acht Kindern. Henry und Cummie Barrow sind Farmer und verdienen oft zu wenig Geld, um alle hungrigen Kinder durchzufüttern. Als Clyde zwölf Jahre alt ist, zieht die Grossfamilie nach West Dallas, wo der Vater eine Tankstelle übernimmt. West Dallas ist eine üble, mit Gewalt durchtränkte Gegend, in der Brutalität und Kriminalität regieren, in die sich Clyde mühelos integriert. Mit seinem älteren Bruder Marvin Ivan «Buck» Barrow knackt er Autos und stiehlt Truthähne, verstrickt sich immer öfter in Gesetzeskonflikte und wird 1926 das erste Mal verhaftet. Als er einige Zeit später freigelassen wird, setzt er seine kriminelle Laufbahn fort.
Amors Pfeil
Als Bonnie und Clyde sich auf einer Party begegnen, sprühen die Funken wie ein Feuerwerk und schlägt die Liebe wie ein Blitz ein. Es ist ein leidenschaftlicher Moment, in dem beide wie zwei Magnete magisch voneinander angezogen werden. Clyde scheint all das bieten zu können, wovon Bonnie schon seit jeher träumt und was in ihrem Dasein fehlt – Aufregung, ein Leben in Saus und Braus und grosse Ambitionen. Clyde ist ein Narzist, schwimmt auf einer Welle der Illusion sowie des Grössenwahns und hat seinen zweiten Vornamen Chestnut in Champion geändert. Doch schon ein paar Wochen nach ihrer ersten Begegnung wird das junge Paar getrennt, denn der Champion wandert wegen kleiner Vergehen für zwei Jahre in den Knast. Für Bonnie bricht eine Welt zusammen. Am Boden zerstört, zermartert sie sich den Kopf, wie sie ihren Geliebten befreien und wieder in ihre Arme schliessen könnte. Am 11. März schiesst sich Clyde den Weg aus dem Gefängnis frei und kann mit Hilfe der Pistole, die Bonnie ins Gefängnis geschmuggelt hatte, flüchten. Nur eine Woche später klicken die Handschellen erneut und Clyde soll eine 14-jährige Haftstrafe im berüchtigten und brutalen «Eastham Farm»-Gefängnis in der Nähe von Weldon, Texas, absitzen.
No way out
Das Leben hinter den dicken Mauern des Hochsicherheitsgefängnisses ist unerträglich und Clyde verzweifelt. Der Gedanke, wie er dieser Hölle entrinnen kann, hämmert pausenlos in seinem Kopf. Im Karussell der sich überschlagenden Gedanken filtert sich nur eine logische Möglichkeit heraus, er müsste entweder krank oder verletzt in ein anderes Gefängnis transportiert werden. In seiner Verzweiflung bittet er einen Gefängnisgenossen, ihm ein paar seiner Zehen mit einer Axt abzuhacken. Doch trotz fehlender Zehen und blutender Wunden weigert sich die Gefängnisleitung, ihn zu verlegen. Erst mit einer Begnadigung, die während der Grossen Depression landesweit nicht unüblich ist, humpelt Clyde zwei Jahre später an Krücken in die Freiheit und schwört, lieber sterben zu wollen, als jemals wieder an diesen Ort der Finsternis zurückzukehren.
Die Ganovenbraut
Doch kaum wieder auf freiem Fuss, fällt Clyde wieder in alte Verhaltensmuster. Bei seinem ersten Raub nach seiner Freilassung ist Bonnie an seiner Seite. Im März 1932 wollen Clyde und die Barrow Gang einen Laden ausrauben, und obwohl Bonnie «nur» im Auto sitzt, wird sie verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, aus der sie aber bereits im Juni aus Mangel an Beweisen entlassen wird. Die Köpfe der Barrow Gang sind Bonnie und Clyde und gemeinsam mit Clydes Bruder Buck und dessen Frau Blanche berauben sie Lebensmittelgeschäfte, kleinere Banken und Tankstellen. Während Bonnie im Gefängnis sitzt, wollen Clyde und seine Gang einen Gemischtwarenladen ausplündern. Der Coup scheint einfach und leicht ausführbar zu sein, doch entwickelt sich alles anders als geplant. Die Situation eskaliert. Der Geschäftsinhaber sowie Clydes Bruder Buck werden tödlich verletzt.
Tödliche Vereinigung
Die Entscheidung, ob sie sich, wie von ihrer Mutter angefleht, von Clyde trennen und ein Leben ohne Gewalt führen soll oder an seiner Seite weiter in den Abgrund rutscht, fällt Bonnie leicht. Niemals im Leben würde sie sich von ihm trennen, denn ohne ihn würde sie sterben, also will sie es lieber mit ihm gemeinsam tun. Kreuz und quer rast die Bande auf ihren ausgedehnten Beutezügen durch den verstaubten Mittleren Westen, raubt Kassen einfacher Läden leer und finanziert sich so ihr Leben auf immer anderen gestohlenen vier Rädern. Bonnie selber schiesst nie, doch soll sie sehr gut im Nachladen der Gewehre sein. Insgesamt töten Bonnie und Clyde neun Polizisten und stehen auf der Fahndungsliste des FBI ganz oben. Ihr Timing ist perfekt, denn im gleichen Jahr, das in der US-Geschichte als «Year of the Gangster» eingeht, wird auch John Dilllinger, ein weitaus gefährlicherer und geschickterer Bankräuber als die schiesswütigen Turteltauben, von der Polizeibehörde zur Strecke gebracht. Schon lange ist das FBI dem Gangsterduo auf den Fersen und plant einen Hinterhalt. Auf dem Highway 154 zwischen Sailes und Gibsland soll eine kleine Polizeitruppe zum endgültigen Schlag gegen Bonnie und Clyde ausholen.
Mit einem von einem Gangmitglied konfiszierten Lastwagen wollen sie die Strasse versperren und hegen die Hoffnung, dass Clyde, erkennt er den Lastwagen, seinen Wagen verlangsamt. Um 09:15 des 23. Mai 1934, drückt Clyde tatsächlich auf die Bremsklötze, als er den Lastwagen sieht. Weder Bonnie noch Clyde haben auch nur den leisesten Hauch einer Chance oder Reaktionsmöglichkeit, als sie im Kugelhagel von, wie man sagt, 130 Schüssen durchsiebt werden.