
Blockhaus 2.0
von Anka Refghi | Titelbild: James Dow / Patkau Architects
- 6. Dezember 2017
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Monolithisch und wie aus einer anderen Welt thront das Hadaway House über dem kanadischen Whistler Valley. Ein Domizil aus der Feder des Architekten John Patkau, der auf spektakuläre Weise mit den rechten Winkeln bricht.
«Ein normales Haus, aber ohne Kurven oder Kreisformen» lautete der kurzgefasste Auftrag des Hongkonger Bauherrn an die Patkau Architects, die zu den renommiertesten Architekten Kanadas gehören und für ihre expressive Formensprache bekannt sind. Die Wünsche des chinesischen Ingenieurs beim Wort genommen, ist ein architektonisches Meisterwerk entstanden, das nicht minder spektakulär ist als sein Standort selbst. So wurde das Haus auf einen zwar pittoresken, doch schwierig zu bebauenden Steilhang in der kanadischen Provinz British Columbia gebaut, der dafür mit einem atemberaubenden Blick auf das Whistler Valley belohnt.
Mit Ecken und Kanten
Die Gemeinsamkeiten zwischen traditionellen Chalets oder Blockhäusern der Region und dem Hadaway House hören beim Baustoff Holz bereits auf. Keilförmig und mit futuristischer Ästhetik erscheint das Berghaus wie aus einer anderen Galaxie. Formal dem Dekonstruktivismus folgend, bei dem Symmetrie, Reihung und Regelmässigkeit ihre Bedeutung verlieren, könnte das Spiel zwischen den Ecken und Kanten des Hauses und seiner unmittelbaren Umgebung kaum spannender sein. Und so konträr sich die Linien des Haues zur weichen Natur zu verhalten scheinen, so verblüffend ist die Resonanz, begreift man seine kantige Struktur als eine Metapher für die zuweilen raue Berglandschaft Kanadas.
Mehr als Design
Um ökologischen Aspekten Rechnung zu tragen, wurden für das so extravagante wie skulptural anmutende Bergdomizil Beton, Stahl, Glas und eine Zedernholzummantelung in Perfektion aufeinander abgestimmt. So trägt der Sockel aus Beton die geometrische Holzkonstruktion und dämpft Temperaturschwankungen innerhalb des Hauses im Sommer wie im Winter. Ein ganz besonderer Hingucker ist das Dach des Hadaway House. Zwar übernimmt es in seiner Funktion diejenige eines Daches, könnte jedoch durch seine kunstvolle Erscheinung auch als eigenständiges Objekt ausserhalb des architektonischen Kontextes stehen, was wiederum dem Gedanken des Dekonstruktivismus folgt. Doch es ist noch viel mehr, denn durch seine intelligente «Faltung» und den sich neigenden Seiten haben John Patkau und sein Team nicht nur ein sehr charakteristisches Merkmal des Hauses geschaffen, sondern gleichermassen eine perfekte Formgebung gefunden, um den immensen Schneemengen in der Region standhalten zu können.
Innere Schönheit
So spektakulär, wie sich die äussere Hülle präsentiert, so aussergewöhnlich präsentiert sich auch das Innere. Unregelmässigkeiten, geometrische Formen, Spitzfenster und Strukturen. Und obwohl kaum eine Wand dem Lot standhalten würde, wirkt das Haus, das von den Einheimischen das Origami-Haus genannt wird, auf eine gewinnende Weise dynamisch und offen. So besteht die Hauptebene im Wesentlichen aus einem grossen Raum mit Wohn-, Ess- und Küchenbereich und einer Aussenterrasse. Auf der untersten Ebene befinden sich Gästezimmer, ein Serviceraum und ein zweiter Wohnbereich, der direkt von der Garage zugänglich ist. Die Durchbrüche im Haus sind geschickt gesetzt und lassen die einzelnen Wohnbereiche, die durch Treppen und verbindende Brückengänge miteinander verbunden sind, ineinanderfliessen. Durch die Ecken, Kanten und architektonischen Ausschnitte und Kanten entsteht so ein aufregendes Spiel mit dem Licht und den sich stetig verändernden Perspektiven, die das Haus niemals langweilig wirken lassen. Die geometrischen Fenster bilden einen Kontrast zu den weichen Formen der Landschaft, die sie ins Zimmer holen und sie so zu Gestaltungselementen in den Räumen werden lassen, die Kunst überflüssig machen. Mit der Konzeption des Hadaway House haben die Architekten einen durch und durch progressiven Designansatz gewählt, der auf wunderbare Weise zwischen der globalen und der lokalen Sprache der Architektur vermittelt.
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