
Automobil Art
von Dr. Susanne Roeder; Titelfoto: Steffen Imhof
- 7. August 2017
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«Man möchte direkt den Schraubenschlüssel in die Hand nehmen und anfangen zu schrauben», charakterisierte in der Anfangszeit ein Kunde ein Gemälde von Steffen Imhof voller Bewunderung. Dazu animiert auch das neueste seiner Werke im Format 100 cm auf 120 cm, der Bugatti Typ 51. Der Künstler selbst bezeichnet das Unikat als eines seiner besten Bilder.
Jede Schraube am Vorkriegsklassiker sitzt, er hat sie detailgetreu mit viel Gespür für Dynamik und Technik gemalt. Zur fotografisch detaillierten Sicht der Boliden, seinen bevorzugten Objekten quer durch die Jahrzehnte der Renngeschichte von einst bis heute, kommen weitere Ingredienzien, die Objektiv und Linsen so nicht fassen können. Ausschlaggebend für die Inszenierung sind Dynamik, starke Farben und eine unverwechselbare Detailverliebtheit. Sie gehören zu einem echten Imhof wie der individualisierte Helm zum Rennfahrer der Gegenwart.
Blick für das Besondere
«An einem Unikat von der Grösse des Bugatti sitze ich im Schnitt zwei Wochen», berichtet der studierte Industriedesigner. Doch ob Porsche-, Ferrari- oder Mercedes-Bolide, immer gehen Skizzen dem finalen grossflächigen Malen voraus. Nichts bleibt dem Zufall überlassen. Die Planbarkeit hat gleichwohl ihre Grenzen, und das liegt an Imhofs Technik des Malens. «Das Spachteln der Hintergründe birgt immer Überraschungen. Aber das macht gerade den Reiz aus», verrät der Meister. «Zuerst behandle ich meine Leinwand mit einer speziellen Farbe, danach spachtle ich den Hintergrund. Über diesem Hintergrund entsteht das Auto-Motiv, sodass idealerweise beide ineinander verschmelzen.» Erst wenn das Bild in seinen Proportionen steht, macht er sich mit kleinsten Pinseln an die Details. Diese Technik ist einzigartig und lässt Kenner ins Schwärmen kommen …
Rennsportfeeling und Speed
Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern, die Automobilbilder wie am Fliessband produzieren, ist bei Imhof alles Handarbeit. Die erkennt auch der nicht geschulte Betrachter sofort. Seine Gemälde interagieren mit ihren Betrachtern, bringen bildhaft Rennsportfeeling, Speed und täuschend echten Benzingeruch ins Büro oder Privathaus ihrer Besitzer. Ein Teil der Unikate aus verschiedenen Rennserien ist von Michael Schumacher, Nico Rosberg Jacky Ickx, Brian Redman und anderen Fahrern signiert. Gerade Schweizer Motorsportthemen spielen in Imhofs künstlerischem Œuvre eine grosse Rolle. Eine «Jo Siffert Edition» als hochwertige Serie, die auch als Fine Art Prints auf Leinwand erhältlich ist, gehört ebenso zum Repertoire wie Unikate von Fredy Lienhard im Porsche Spyder oder der beiden Le-Mans-Sieger Marcel Fässler im Audi R18 und Neel Jani im Porsche 919 Hybrid.
Beginn einer Leidenschaft
Sein dynamischer Malstil könnte sicherlich auch andere Themen auf die Leinwand bannen. Kein Thema für Imhof. Er ist spezialisiert auf Autos, mit ausgeprägtem Faible für Rennsport und Technik, und immer auf der Suche nach aussergewöhnlichen Perspektiven. Wie so oft im Leben liegt dieser Passion ein Kindheitserlebnis zugrunde. «Die ‹Wilde Reiter GmbH›, das BMW-Juniorteam mit dem Schweizer Marc Surer, dessen Freund Manfred Winkelhock und Eddie Cheever, bot ein Spektakel, das ich mit 16 Jahren am Hockenheim live erlebte und das mich restlos begeisterte», erinnert sich Imhof. Spätestens von da an war der Franke vom Rennsportbazillus nachhaltig infiziert. «Ab sofort verschlang ich Motorsporthefte», lacht er. Beim Lesen allein blieb es nicht. «Ich begann, Autos zu entwerfen, häufig während des Unterrichts», sagt er schmunzelnd. So entstanden unzählige Entwürfe. Früh stand daher für ihn fest, dass er sich auch beruflich mit dem Thema Autodesign beschäftigen wollte.
Pinsel statt Volant
Statt ins Volant eines Boliden griff er zunächst zu Block und Stiften und absolvierte in Darmstadt ein Designstudium, um dem Ziel Automobildesign näher zu kommen. In dieser Zeit entstanden erste Bilder, die im Jahr 1985 zu seiner ersten Ausstellung im Porsche Zentrum Aschaffenburg führten. Seine ästhetische Art der Umsetzung überzeugte wenig später ein Ferrari-Autohaus in Darmstadt. Es folgten erste Auftragsarbeiten für Ferrari-Kunden. Was der junge Student Imhof seinerzeit als Hobbymalerei begonnen hatte, führte von Erfolg zu Erfolg. Nach Studienende entschied er sich deshalb, bei der Automalerei zu bleiben.
Von Argentinien bis Tokio
Mittlerweile hängen seine Gemälde in der ganzen Welt, einige Arbeiten davon in der Schweiz. In Romanshorn am Bodensee in der «Autobau»-Erlebniswelt steht die monumentale, ausdrucksvolle und in ihrer Schlichtheit einmalige Skulptur «F». Kenner der Szene erkennen sofort die Silhouette des Ferrari F40 – die Sportwagenikone der 1990er. Imhofs Credo: ganz oder gar nicht. So nähert er sich auch künstlerischem Neuland. Sechs Jahre Entwicklungsarbeit, unzählige Skizzen waren vorausgegangen, bis er im Jahr 2014 schliesslich für sechs Wochen in die Werkstatt ging, um das Urmodell zu realisieren. Aus diesem Urmodell entstand in einem aufwendigen Prozess und viel Handarbeit der Bronzeguss der ungefähr 200 kg schweren Skulptur «F».
Auch nach 30 Jahren automobilen Schaffens kann man gespannt sein auf die Zukunft – die automobile Welt hält unzählige Motive bereit. Wie immer gibt sich der Schöpfer geheimnisvoll, verrät allenfalls, dass er in Kürze eine Porsche-Skulptur zum Le-Mans-Sieg 2016 vollends realisiere. Egal, was Imhof in Zukunft an Neuland betreten mag, der Anspruch seiner Kunst per se bleibt unverändert: Premiumklasse und ästhetisches Anderssein.
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