«And the winner is …» – 85 Jahre «Oscar»-Verleihung
- 27. März 2013
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Die Academy Awards sind der bedeutendste Preis der Filmbranche. Seit 1953 wird die Verleihung im Fernsehen übertragen und mittlerweile alljährlich von rund 800 Millionen Menschen weltweit verfolgt. 2013 wurden die «Oscars» schon zum 85. Mal vergeben.
Jedes Jahr vergibt die Academy of Motion Picture Arts and Sciences die weltberühmten goldenen Trophäen für die besten Leistungen des Vorjahres. Ins Leben gerufen wurde die begehrteste Auszeichnung im Filmbereich 1929 von Louis B. Mayer, dem damaligen Präsidenten der MGM-Studios.
Besser bekannt ist der Academy Award of Merit unter seinem Spitznamen «Oscar». Diesen erhielt er angeblich durch die Sekretärin Margaret Herrick, die beim Anblick der Statue, die einen auf einer Filmrolle stehenden Ritter mit Schwert darstellt, ausgerufen haben soll: «Der sieht ja aus wie mein Onkel Oscar!» Obwohl die Bezeichnung «Oscar» bereits seit den frühen 30er Jahren gebräuchlich ist, betont die Academy immer wieder, dass diese nicht offiziell sei. Nichtsdestotrotz aber liess man sich den Spitznamen 1979 markenrechtlich schützen. Die Trophäe selbst ist 34 Zentimeter gross und wiegt etwas weniger als 4 Kilogramm. Sie besteht aus einer Nickel-Kupfer-Silber-Verbindung, bekannt als Britanniametall, und wird von einer dünnen Goldschicht überzogen. Der Materialwert einer Statue liegt bei etwa 300 Dollar.
Die grossen Sieger
Der erste grosse Abräumer war 1940 «Vom Winde verweht», der acht Preise erhielt, darunter auch einen für die Nebendarstellerin Hattie McDaniel, die in der Rolle der Mammy zu sehen war. Mit ihr wurde zugleich der erste afroamerikanische Künstler von der Academy ausgezeichnet.
1960 wurde «Ben Hur», der elf Trophäen erhielt, zum erfolgreichsten Film in der «Oscar»-Geschichte. Sein Rekord besteht bis heute. Einzig «Titanic» und dem dritten Teil der «Herr der Ringe»-Trilogie gelang es, mit ebenfalls elf Auszeichnungen gleichzuziehen. Letzterer schaffte es übrigens, in allen Kategorien, in denen er nominiert war, auch zu gewinnen. Die am häufigsten mit dem «Oscar» ausgezeichnete Person ist nach wie vor Walt Disney. Er erhielt im Laufe seines Lebens insgesamt 26 Trophäen. Einen ganz besonderen Lauf hatte er zwischen 1932 und 1939, als er achtmal nacheinander den Preis für den besten animierten Kurzfilm erhielt. Zudem gewann er 1954 mit vier Awards die meisten «Oscars» in einem Jahr. Damals wurde er in verschiedenen Kategorien sowohl für drei Kurzfilme als auch für die Dokumentation «Die Wüste lebt» ausgezeichnet.
Dass Alter keine Rolle bei den «Oscars» spielt, bewies Shirley Temple, die mit sechs Jahren schon einen Preis erhielt, ebenso wie Christopher Plummer, der im letzten Jahr mit 82 für seine Nebenrolle in «Beginners» ausgezeichnet wurde.
Anfangs war die Show noch nicht so bierernst wie heute. So erhielten Kinderdarsteller zwischen 1935 und 1961 einen eigenen Miniatur-«Oscar» oder der Bauchredner Edgar Bergen auch schon mal einen extra aus Holz gefertigten, bei dem man den Mund auf- und zuklappen konnte.
Durch den Abend führt…
Fast ebenso wichtig wie die ausgezeichneten Stars ist der durch den Abend führende Gastgeber. Der König der «Oscar»-Moderation war ohne Zweifel Bob Hope, der zwischen 1940 und 1978 insgesamt 18-mal das Publikum begrüsste. In jüngerer Zeit gelang es Billy Crystal, der bisher neunmal die Moderation übernahm, der Show immer wieder seinen ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Mittlerweile ist die Zeremonie ein perfekt inszeniertes Hochglanz-Spektakel mit festen Regeln und Ritualen. So gut wie nichts wird bei der Verleihung heute mehr dem Zufall überlassen. Die Sprechzeit bei den Dankesreden ist begrenzt; wer es nicht schafft, sich kurz zu fassen, wird gnadenlos vom Orchester übertönt.
Tumulte, wie sie noch in den 70er Jahren bei den Awards üblich waren, sind heute so gut wie ausgeschlossen. 1974 rannte ein splitternackter Flitzer quer über die Bühne, und die Schauspielerin Vanessa Redgrave brauchte 1978 sogar Polizeischutz, nachdem sie auf die katastrophale Lage der Palästinenser aufmerksam gemacht hatte. Weit über 2000 «Oscars» wurden bereits vergeben, und bis heute haben ihn nur drei Personen abgelehnt: 1936 der Drehbuchautor Dudley Nichols, der sich damals solidarisch mit seiner streikenden Gewerkschaft Writers Guild zeigte, und Anfang der 70er mit George C. Scott und Marlon Brando zwei Schauspieler. Scott hielt die ganze Verleihung für eine «zweistündige Fleischbeschau», Brando verweigerte den Preis für «Der Pate» aus Solidarität mit den noch immer diskriminierten amerikanischen Ureinwohnern.
Einen Hauch von Anarchie brachten zuletzt 1999 Roberto Benigni, der über die Sitze stieg, um auf die Bühne zu kommen, und vor zehn Jahren Michael Moore, der dem damaligen US-Präsidenten Bush ein herzhaftes «Shame on you!» zukommen liess, in die Veranstaltung.
Der Beste, der Schlechteste
Wie nah Anerkennung und Spott in Hollywood beieinander liegen können, erfuhren 1998 der Drehbuchautor Brian Helgeland und 2010 die Schauspielerin Sandra Bullock. Beiden gelang das Kunststück, an jeweils einem Wochenende sowohl für die beste als auch für die schlechteste Leistung des Jahres ausgezeichnet zu werden. Während Helgelands Drehbuch zu «L.A. Confidential» als das beste bei den «Oscars» gewann, bekam er für das Skript zu dem Kevin-Costner-Vehikel «Postman» die Goldene Himbeere. Gleiches widerfuhr Sandra Bullock, die für ihr Porträt einer Stalkerin in «Verrückt nach Steve» abgestraft wurde, nur um einen Tag später den Academy Award für ihre Darstellung einer fürsorglichen Stiefmutter in «Blind Side – Die grosse Chance» zu erhalten.
Beide, sowohl Helgeland als auch Bullock, bewiesen die Grösse, sich nicht nur ihren «Oscar» abzuholen, sondern auch ihren Razzie Award entgegenzunehmen.
Die Goldene Himbeere
Der Original Golden Raspberry Award (kurz Razzie Award genannt) ist der Filmpreis, um den sich in Hollywood niemand reisst. Er wurde ganz bewusst als Gegen-«Oscar» entworfen und wird seit 1981 für die schlechtesten Leistungen in der Filmbranche vergeben. Die gefürchtete Statue besteht aus einer Kunststoffhimbeere und einer alten Super-8-Filmrolle. Beides wird mit Goldfarbe überzogen und besitzt einen Materialwert von kaum mehr als fünf Dollar. Der einsame Spitzenreiter in Sachen Razzies ist Adam Sandlers Komödie «Jack und Jill», die 2012 nicht weniger als zehn goldene Himbeeren bekam. Von Zeit zu Zeit werden auch Preise in einmalig ins Leben gerufenen Kategorien vergeben, so erhielt der Actionfilm «Con Air» 1998 etwa einen Preis für die «rücksichtsloseste Missachtung von Menschenleben und öffentlichem Eigentum». Zusätzlich zu den jährlichen Preisen wurden am Ende jeder Dekade auch noch Auszeichnungen für die schlechtesten Leistungen der 1980er, 1990er und 2000er Jahre vergeben. Nur wenige Stars holen sich ihren Preis persönlich ab. Unter ihnen waren der Regisseur Paul Verhoeven, Sandra Bullock und Halle Berry. Als Letztere 2005 ihre Auszeichnung für «Catwoman» bekam, bewies sie Humor und parodierte in ihrer Ansprache ihre eigene «Oscar»-Dankesrede von 2002.