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8 Oct

Sotheby’s-Sahnehäubchen

Im Rennen um den ersten Platz als Kulturhauptstadt sind Paris und London von jeher Rivalinnen. Trotz Brexit liegt London immer noch vorn – doch diesen Herbst könnte die Seine-Metropole beachtlich aufholen: Sotheby’s zieht in einen 3’300 Quadratmeter grossen Flagship-Store in der Nähe des Elysée-Palasts um. Ist das der Beginn einer neuen Ära für den Pariser Kunstmarkt?

Autorin: Simone Hoffmann

Privatmuseen, Megagalerien und eine internationale Kunstmesse: Paris hat in den letzten Jahren einen regelrechten Quantensprung gemacht, um sich auf den ersten Platz der Kunstmetropolen in Europa zu katapultieren. Das Niveau der Kunst, die in Paris zu sehen ist, ist Spitzenklasse. Seien es Ausstellungen in privaten und öffentlichen Museen oder Galerien: Es ist eine Best-of-Liste mit grossen Namen wie Anselm Kiefer, David Hockney, Monet, Gauguin und Renoir – Paris hat sie alle, und weitaus mehr. Im Vergleich dazu kann selbst das Programm in London manchmal etwas blass wirken. 

Was der französischen Hauptstadt aber bisher fehlte, um den Abstand zu London zu verringern, ist ein stärkerer Markt: Grossbritannien bleibt auch 2023 der drittwichtigste Kunstmarkt der Welt. Der brandneue Sotheby’s-Flagship-Store unweit des Elysée-Palasts könnte ein regelrechter Gamechanger für den Pariser Kunstmarkt werden, und ihm zu nie erreichten Höhen verhelfen. Denn das neue, grössere Auktionshaus könnte eine internationale Klientel anziehen, die bisher lieber in London einkaufte. 

Der Italiener Mario Tavella leitet seit 2016 Sotheby’s Europe und ist Generaldirektor von Sotheby’s Paris. Der neue Flagship-Store ist sein Herzensprojekt, das er mit Enthusiasmus und einer Portion Stolz nach aussen trägt. 

PRESTIGE: Herr Tavella, im Oktober zieht Sotheby’s von der 76 in die 83 des Faubourg Saint-Honoré, nur ein paar Hausnummern weiter. Was hat es mit diesem Umzug auf sich? 

MARIO TAVELLA: Es mag ein Katzensprung sein, aber für uns ist es eine gewaltige Veränderung: Wir vergrössern unsere Verkaufsfläche beinahe um ein Drittel. Dieser Umzug ist einerseits die sichtbare Auswirkung unseres Erfolgs: Sotheby’s Frankreich ist in den letzten Jahren so stark gewachsen, dass wir einfach mehr Platz brauchen. Uns war es wichtig, endlich unser ganzes Team unter einem Dach unterzubringen. Und in unserem neuen Flagship-Store haben wir endlich genug Platz für alle. Andererseits war uns wichtig, Eigentümer unseres Gebäudes in Paris zu sein, so wie wir es in New York und London sind. Dieser Umzug ist Teil einer Gesamtstrategie von Sotheby’s: Auf globaler Ebene ist unser Unternehmen stark gewachsen. Der Umzug in Paris ist aber auch ein sehr wichtiges Signal für unsere Ambition in Bezug auf Paris: Die Stadt hat sich auf dem europäischen Parkett als Kunstmetropole mittlerweile einen der führenden Plätze ergattert, selbst wenn London weiterhin die Nummer eins bleibt. Aber wir wollten diese wachsende Attraktivität von Paris durch ein neues Gebäude widerspiegeln: Wir glauben ganz fest an die aufstrebende Dynamik des französischen Markts. 

Veränderung ist ein gutes Stichwort – Sie haben mit dem neuen Flagship-Store ein historisches Pariser Gebäude durch eine zeitgenössische Architektur wiederbelebt. Erzählen Sie uns davon. 
Das neue Gebäude ist ziemlich imposant, es ist wirklich ein sehr spannendes Projekt, das Tradition und Moderne auf sehr elegante Weise verbindet: In den 1920er-Jahren zog die legendäre Pariser Galerie Bernheim-Jeune in die 83, rue du Faubourg Saint-Honoré. Im Ausstellungssaal wurden bis 2019 die grössten Werke der Impressionisten und der modernen Künstler gezeigt und verkauft. Dieses Erbe wollten wir honorieren und haben daher verschiedene Architekturelemente bewahrt und integriert. Dazu gehören diverse Art-déco-Elemente in der Architektur oder auch das typische Pariser Glasdach, das viel Licht in den Ausstellungssaal brachte. Wir haben die Innenräume vollkommen neugestaltet, aber das Glasdach haben wir behalten, indem wir die Deckenhöhe angehoben haben – jetzt befindet es sich auf dem Level des dritten Stocks. Den Himmel so hoch über sich zu sehen, das schafft sehr beeindruckende Perspektiven und Lichtverhältnisse. Licht und Transparenz waren wichtige Leitfragen bei der Planung. Auktionshäusern wird oft vorgeworfen, sie seien verschlossen und schwer zugänglich. Damit wollten wir bewusst brechen und das spiegelt sich in unserer Architektur wider. 

Schon von der Strasse aus kann man den Verkauf- und Ausstellungssaal einsehen, überall sind Vitrinen. Diese Transparenz ist eine regelrechte Einladung für jedermann, einzutreten. Der Ausstellungssaal ist hell und offen und kann von den oberen Etagen aus eingesehen werden. Die Innenräume sind auf fünf Etagen verteilt: Auf den oberen Etagen befindet sich der Salon – ein Luxus-Showroom, in dem aussergewöhnliche Objekte zu festen Preisen erworben werden können. Wir setzen hier ganz bewusst auf einen Direct-Retail-one-to-one-Verkauf im Luxussegment, das wollen wir hier in Paris weiter ausbauen. Denn Paris ist nicht nur eine Stadt der Kunst und Kultur, sondern auch der Mode und des Luxus.

Ich freue mich ganz besonders, dass wir jetzt mehr Ausstellungsfläche haben. Uns stehen nun 1275 Quadratmeter zur Verfügung. Das gibt uns Raum, um wirklich aussergewöhnliche Dinge in Angriff zu nehmen. Wie gesagt: Für mich spiegelt unser neues Gebäude unseren Wunsch wider, dem Wachstum von Paris als Kulturstadt gerecht zu werden und gleichzeitig ambitioniert in die Zukunft zu schauen, um sich noch stärker weiterzuentwickeln. 

Sotheby’s ist bereits seit gut 50 Jahren in Paris. Welchen Einfluss, glauben Sie, wird dieser Wechsel auf die Entwicklung des französischen Markts vor allem in Hinblick auf London haben? 

London ist und bleibt London. Durch den Finanzmarkt und die Möglichkeiten, die London auf wirtschaftlicher Ebene bietet, ist die Stadt weiterhin ein Magnet für viele unserer Kunden. Nach New York ist London für uns der zweitstärkste Markt, und daran hat auch der Brexit nichts geändert. Aber Paris hat sich wirklich besonders stark entwickelt in den letzten Jahren. Ich glaube, unsere Kunden sind sich der unglaublich vielfältigen Kulturlandschaft der Stadt mittlerweile sehr wohl bewusst. Sie ist auch einer der Gründe, warum ich nach Paris gezogen bin und ich weiterhin sehr gerne hier lebe. Diese Stadt bietet einfach eine künstlerische, kulturelle Vielfalt, die selten zu finden ist. Ich meine hiermit nicht nur moderne oder zeitgenössischen Kunst, sondern auch Mode, Luxus, Design oder tribale Kunst. Viele unserer Kunden haben in Paris einen fruchtbaren Boden für ihre Sammlerleidenschaft gefunden. Und ich bin überzeugt, dass die Entwicklung von Paris noch lange nicht zu Ende ist. 

Die Kunstmesse Art Basel hat vor zwei Jahren ihre Zelte in Paris aufgeschlagen und wird diesen Herbst zum ersten Mal im neu renovierten Grand Palais stattfinden. Die Pariser Kunstszene fiebert diesem Event förmlich entgegen, denn der Umzug in den Grand Palais gibt der Messe endlich den richtigen Rahmen: Sie wird grösser und bedeutender als bisher sein. Was erwarten Sie vom Zusammenspiel mit der Art Basel Paris? 

Natürlich ist es kein Zufall, dass wir unseren Flagship-Store im Herbst eröffnen, genauer gesagt am 15. Oktober, also kurz vor der Art Basel. Der Oktober ist einer der wichtigsten Monate im Kalender der Kunstwelt, die ganze Welt kommt in diesem Monat nach Paris. Wir organisieren bereits seit einigen Jahren unsere wichtigsten Auktionen für moderne und zeitgenössische Kunst im Oktober und November, sodass der Zeitpunkt für uns in jedem Fall ideal erscheint. Die Sterne stehen damit für uns also sehr günstig. 

Dieses Jahr planen wir besonders spektakuläre Verkäufe, um damit unser neues Gebäude gebührend zu feiern. Wir freuen uns, dass wir zum ersten Mal die beeindruckende Schmucksammlung von Shirley Bassey präsentieren dürfen, die sie uns anvertraut hat. Darunter befinden sich Schmuckstücke von Cartier, Van Cleef & Arpels und Piaget, die sie in ihrer langen Karriere gesammelt hat. Ein weiteres Highlight kommt ebenfalls aus einer bedeutsamen Privatsammlung. Der italienische Privatsammler Gianni Giordano will sich von einem Teil seiner Sammlung dekorativer Kunst aus Italien trennen. Im November organisieren wir eine spektakuläre Auktion. Es ist eine unfassbar schöne Kollektion, ich glaube nicht, dass es jemals etwas Vergleichbares gegeben hat – höchstens die Borghese-Sammlung, die 1892 verkauft wurde. Wenn ich über diese Auktion spreche, gerate ich einfach ins Schwärmen, weil eine derart hochkarätige Sammlung von Museumsqualität unglaublich selten ist! Es werden insgesamt 160 Kunstobjekte, Mobiliar, Skulpturen, Mosaike und neoklassizistische Gemälde angeboten. Diese einzigartige Sammlung in unserem neuen Gebäude auszustellen und zu verkaufen, das wird ein absolutes Highlight!

Könnte man sagen, mit dem Wechsel in den neuen Flagship-Store beginnt ein neues Kapitel in der Firmengeschichte? Welche Zukunftsvision haben Sie für Sotheby’s in Paris? 

Ja, das könnte man tatsächlich so formulieren. Selbstverständlich wollen wir unsere Zusammenarbeit mit den wichtigen Museen hier in Paris und auch in Monaco sowie mit grossen Privatsammlern weiter verfestigen und ausbauen, um weiterhin spektakuläre Werke aus grossen Museen und Sammlungen anzubieten. Aber es geht mir auch darum, Sotheby’s Paris zu einer echten kulturellen Instanz zu machen. Wir sind nicht nur ein Auktionshaus, sondern wir sind eine Kulturstätte. Ich wünsche mir, dass Sotheby’s zu einem aktiven Teil der Pariser Kulturlandschaft wird. Damit sind wir in Paris das einzige Auktionshaus, das ein solch innovatives, modernes Konzept verfolgt. Daher gibt es in der neuen Pariser Niederlassung genauso wie in New York und London ein Restaurant und einen Weinkeller. Wir sehen unser neues Gebäude als einen offenen Ort der Kultur, der Begegnung. Bei uns können Sie an einer Konferenz oder Masterclass zu einer Kunstsammlung teilnehmen, einen besonderen Wein probieren, eine seltene Luxus-Designerhandtasche erwerben oder eine spektakuläre Ausstellung entdecken. Es ist ein Gesamterlebnis, dessen Ziel es ist, die Welt der Kunst, des Luxus und der Kultur an einem Ort zu vereinen.